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Eva Bulling-Schröter
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Frage von Judith Eckstein-De Castro, D. •

Frage an Eva Bulling-Schröter von Judith Eckstein-De Castro, D. bezüglich Frauen

Sehr geehrte Frau Bulling-Schröter,

mit Sorge betrachte ich die in Deutschland nach Schutz suchenden Menschen aus Nordafrika und dem Nahen Osten. Besonders geht es mir um die Frauen und Kinder.

Bei mir verfestigte sich immer mehr der subjektive Eindruck, dass es sich bei den meisten Flüchtlingen um junge Männer handelt. Grundlage dafür waren meine persönlichen Alltagserfahrungen, sowie Bilder von Flüchtlingsunterkünften in Zeitung und Fernsehen.

Da ich mich nicht einfach auf mein Bauchgefühl verlassen wollte suchte ich belegbare Zahlen. Auf der Homepage der EU sind diese leicht zu finden (siehe Anhang). Und tatsächlich: In der Gruppe der 18- bis 34-Jährigen sind 2/3 bis 3/4 aller Asylbewerber männlich. In der Gruppe unbegleiteter Minderjähriger sind es sogar 80 Prozent.

Die Frage, die ich mir stelle: Was passiert mit den Frauen? Was passiert mit den Mädchen? Werden diese einfach zurück gelassen? Sind diese etwa weniger schutzbedürftig als Männer!?

Ihre Meinung zu diesem Punkt, speziell, ob Ihre Partei dagegen etwas unternehmen will, interessiert mich sehr.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Judith Eckstein-De Castro

Quelle: http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Asylum_statistics/de Zitat: "Die Verteilung nach Geschlecht zeigt, dass es sich bei den Asylbewerbern häufiger um Männer als um Frauen handelte. ... Bei den Asylbewerbern in den Altersgruppen der 14 bis 17-Jährigen bzw. der 18 bis 34-Jährigen war die Geschlechterverteilung ungleichmäßiger – hier waren zwei Drittel bis drei Viertel der Bewerber männlich. Betrachtet man die unbegleiteten Minderjährigen, so waren die geschlechtsspezifischen Unterschiede noch klarer; hier waren etwa vier von fünf unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern männlich."

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Dr. Eckstein-De Castro,

ja, auch in der BRD sind Asylsuchende überwiegend männlich (2014: 66,6%), nur in der (kleinen) Altersgruppe ab 60 Jahren überwiegen Frauen (Bericht: „Bundesamt in Zahlen 2014“: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/broschuere-bundesamt-in-zahlen-2014-asyl.html?nn=1694460 ), bei den unter 16-jährigen sind es immerhin 46,7% Mädchen (überwiegend: im Rahmen von Familien geflohene Kinder, auch hier Geborene), etwa 32% aller Asylsuchenden sind unter 18 Jahre. Bei den 16-18-jährigen, hier sind viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dabei, sind 24,9% weiblich.

Natürlich sind Frauen genauso – und in vielen Fällen noch häufiger – schutzbedürftig wie Männer (Stichwort: geschlechtsspezifische Verfolgung, Genitalverstümmelung usw.); Angaben zu geschlechtsspezifischer Verfolgung finden sich in der oben verlinkten Broschüre auf der Seite 41! Für den Flüchtlingsschutz aufgrund geschlechterspezifischer Verfolgung hat sich DIE LINKE seit langem stark gemacht – inzwischen ist er, zumindest im Recht (die Praxis mag hiervon noch abweichen), im Prinzip gewährleistet

Warum dennoch weniger Frauen als Asylsuchende in Europa/Deutschland ankommen? Hier muss über die Gründe zum Teil spekuliert werden.

Ein möglicher spezifisch „männlicher“ Fluchtgrund ist die drohende Einberufung/Heranziehung zum Militärdienst, die derzeit bei vielen Hauptherkunftsländern zumindest mit entscheidend ist für die Flucht (Syrien, Eritrea, Afghanistan usw.). Ein weiterer Grund ist sicherlich die extreme Gefährdung, die für Flüchtlinge mit der illegalisierten Flucht nach Europa einhergeht. Die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer ist für alle gleichermaßen bedrohlich. Eine weitere Gefährdung besteht darin, dass sich Flüchtlinge zwangsläufig in die Hände (z.T. auch krimineller) „Schlepper“ begeben müssen, aufgrund der Abschottung der EU und weil es keine legalen Einreisewege gibt. Berichte über den sexuellen Missbrauch von weiblichen Flüchtlingen während der Flucht sind zahlreich, ich fürchte, eine Mehrheit ist betroffen. Es ist bekannt, dass dennoch auch sehr viele Frauen den Weg über das Mittelmeer nehmen, sie dürften aber in der Minderheit sein.

Es gibt Situationen, in denen Familien lediglich die ökonomischen Ressourcen haben und zusammenlegen, um einem Mitglied die teure und gefährliche Flucht nach Europa zu ermöglichen – hier fällt die Wahl dann oft auf junge männliche Familienmitglieder, denen die Flucht in die EU ermöglicht werden soll.

Was wir dagegen unternehmen? Fordern? tun? Wir setzen uns für sichere und legale Einreisewege für Flüchtlinge in die EU ein. Dies würde insbesondere auch weiblichen Flüchtlingen eine gefahrlose Flucht ermöglichen. Ob hierdurch auch mehr Frauen als Asylsuchende kämen, ist aber Spekulation. (Siehe auch BT-Drs. 18/288)
Mit freundlichen Grüßen Eva Bulling-Schröter MdB