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Frage von Christoph K. •

Frage an Erika Mann von Christoph K. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Mann,

seit gut fast zwei Jahren ist nun das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Dies hat zu einer starken Rechtsunsicherheit geführt. So sind gerade junge Menschen bei der Jobsuche durch das AGG benachteiligt. Sie wurden nicht mehr zu Vorstellungsgespächen eingeladen, weil die Unternehmen Angst vor Diskriminierungsbehauptungen haben. In Discotheken können Gäste nicht mehr präventiv geschützt werden, da eine Abweisung an der "Tür" ebenfalls für viele Discothekenbesitzer zu Rechtsunsicherheit führt. Die Kosten für privaten Krankenversicherungen haben sich für Männer erhöht, da die Kosten für Schwangerschaften und Abtreibungen auf Männer mit umverteilt worden.
Sog. AGG Hopper bewerben sich zum Schein um Diskriminierungsentgelte zu erschleichen.
Mieter bekommen inzwischen ebenfalls keine ehrlichen Absagegründe für Wohnraum mehr.
Diskriminierungshierarchien anhand der Diskriminierungsmerkmale erwecken den Eindruck bestimmer Wertigkeiten von Personengruppen. Dies ist sicher das Gegenteil von dem, was mit dem Gesetz erreicht werden sollte.

Jetzt gibt es Pläne der EU, dass die Antidiskriminierungsgesetze ausgeweitet werden.

Werden Sie die Ausweitung der Antidiskriminierungsrichtlinien verhindern bzw. dagegen stimmen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kulm,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der Thematik.

Die vom Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten verabschiedete "Antidiskriminierungsrichtlinie" aus dem Jahr 2000 ( http://ec.europa.eu/employment_social/news/2001/jul/directive78ec_de.pdf ) hat zum Ziel, die Diskriminierung auf Grund der eigenen Weltanschauung, einer Behinderung, auf Grund des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf zu verhindern. Um dies zu erreichen wurden bestimmte gesetzliche Vorgaben gemacht.
Wie bei jeder Gesetzgebung sind einerseits die tatsächlichen (z.T. auch ungewollten) Auswirkungen des Gesetzes nicht zu 100% von vornherein abzuschätzen. Daher ist es vernünftig, die Auswirkungen bestimmter Gesetze zu überprüfen und nötigenfalls die Gesetze zu ändern.

Andererseits lässt sich auch Missbrauch bestimmter gesetzlicher Regelungen nicht vollständig verhindern. Die von Ihnen angesprochenen "AGG Hopper" sind sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen. Jedoch lässt sich trotz positiver Absichten bei keinem Gesetz völlig verhindern, dass dieses auch missbraucht wird. Ein Missbrauch ist grundsätzlich falsch, darf aber nicht dazu führen, dass ein im Prinzip richtiges Gesetz abgeschafft wird. Sinnvoll ist es in natürlich in jedem Fall, mögliche Lücken die den Missbrauch erlauben, im Nachhinein zu schließen. Zudem wird selbstverständlich nachweislicher Missbrauch durch die Instrumente, die unserem Rechtsstaat zur Verfügung stehen, geahndet.

Am 2. Juli 2008 hat die Europäische Kommission ihre Vorschläge über weitere Maßnahmen zur Antidiskriminierung für den Bereich außerhalb des Berufslebens vorgestellt ( http://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=477&langId=de ). Die Vorschläge der Europäischen Kommission werden nun dem Europäischen Parlament übermittelt und dort beraten. In den Beratungen werden die Vorschläge in der Regel einer gründlichen Prüfung unterzogen und wo dies nötig ist, geändert.

Da nach dem jetzigen Stand nicht klar ist, wie die Richtlinie aussehen wird, wenn sie im Parlament abgestimmt wird, kann ich noch keine Angabe darüber machen, ob ich dieser Richtlinie zustimmen werde. Jedoch bin ich im Prinzip mit weiteren Regeln einverstanden, die eine Diskriminierung bestimmter Personengruppen verhindern soll.
Ich selber hätte es allerdings begrüßt, wenn es Vorschläge für eine Richtlinie gegeben hätte, die sich ausschließlich auf die Nichtdiskriminierung behinderter Personen beschränkt hätte, da diese besonders stark von Diskriminierung betroffen sind. Durch den ständigen Austausch mit Betroffenen weiß ich, welchen großen Schwierigkeiten und diskriminierenden Umständen sich diese Personengruppe heute noch im Alltag gegenüber gestellt sehen (Wussten Sie z.B. dass in einem ICE lediglich 2 Rollstuhlplätze vorhanden sind und deshalb Gruppen mit mehreren Rollstuhlfahrern nur unter größten Anstrengungen gemeinsam mit dem Zug reisen können?). Behinderte haben auch unter völlig anderen Arten der Diskriminierung zu leiden als etwa Homosexuelle. Daher bin Ich der Meinung, dass man auf unterschiedliche Weise benachteiligte Gruppen nicht gleich behandeln sollte. Besser wäre eine spezifische Gesetzgebung für die jeweiligen Gruppen der Benachteiligten, um so den Bedürfnissen der einzelnen Gruppen gerecht werden zu können. Gerade durch eine unspezifische Gesetzgebung können zudem Nebeneffekte auftreten, die nicht übersehbar sind.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort meine Position deutlich machen konnte. Sollten Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!

Mit freundlichen Grüßen
Erika Mann