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Erik Schweickert
FDP
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Frage von Tomas W. •

Frage an Erik Schweickert von Tomas W. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Schweickert,

wie aus verschiedenen Medien zu entnehmen war, hat der Bundestag letzte Woche ein neues Meldegesetz verabschiedet. Darin ist angeblich in § 44 die Möglichkeit enthalten, dass Firmen der Privatwirtschaft Auskunft über gespeichterte Daten enthalten können. Eine Zustimmung des Bürgers ist hierzu nicht notwendig.
Weiterhin können Privatfirmen schon vorhandene Bestandsdaten abgleichen. Das Meldeamt gibt den Firmen Auskunft über die neue Adresse, gegebenenfalls frühere Namen, Geburtsdatum und Geburtsort, Einzugs- und Auszugsdatum.
Ein Widerspruch zur Datenübermittlung greift hier nicht.

Mich würde interessieren:

- Warum wurde entgegen dem Ursprungsentwurf (der eine konkrete Zustimmung zur Datenübermittlung vorsah) die Opt-Out-Variante gewählt, wo der Bürger konkret die Übermittlung untersagen muss?

- Wie kann ich die Weitergabe meiner Daten auch zum "Bestandsdaten-Abgleich" widersprechen, oder ist dies im verabschiedeten Gesetz nicht vorgesehen?

- Wie beurteilen Sie diesen Gesamtumstand als verbrauchspolitische Sprecherin aus Sicht des Datenschutzes?

- Wie haben Sie sich bei der Abstimmung verhalten (sofern Sie das mitteilen möchten) und warum?

- Die Meldeämter dürfen für die Auskunft Gebühren erheben. Wie hoch sind diese oder unterscheiden sich diese von Bundesland zu Bundesland?

Vielen Dank für Ihre Beantwortung.

Mit freundlichen Grüßen

Tomas Wissel

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Wissel,

in meiner Funktion als verbraucherschutzpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion beantworte ich gerne Ihre mir gestellten Fragen zu diesem Thema.

Zunächst möchte ich nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich mit dem neuen Gesetz die gegenwärtige Situation deutlich verbessert hat. Das wird leider in der ganzen Berichterstattung verschwiegen. Noch ist das Melderecht Ländersache. In den Ländermeldegesetzen finden sich gegenwärtig weder Widerspruchsmöglichkeiten gegen Werbung noch ein Einwilligungsvorbehalt für die Bürgerinnen und Bürger. In den Landesmeldegesetzen ist gesetzlich lediglich ein Widerspruchsrecht für Parteienwerbung vorgesehen. Auch sind generelle Auskunftssperren nur zulässig, wenn eine Gefahr für Leib, Leben oder ähnliche Rechtsgüter droht.

Grundsätzlich ist es daher wichtig, dass die neuen Regelungen nicht isoliert betrachtet, sondern im Kontext der gegenwärtigen Gesetzeslage gesehen werden. Das neue Gesetz bietet damit grundsätzlich ein deutliches Plus an Transparenz im Vergleich zum geltenden Recht. Somit ist es in Zukunft also möglich, einer Datenabfrage zu widersprechen.

Lassen Sie mich nun zu Ihren einzelnen Fragen Stellung nehmen.

1. Zu Ihrer Frage, warum die Opt-Out-Variante gewählt wurde, kann ich Ihnen sagen: Die Einwilligungslösung (Opt-In) wurde aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf gestrichen, da die Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) mit der generellen Einwilligung beim Meldeamt kollidieren würde.
Bisher ist es so, dass die Datenerhebung und -speicherung nach dem Bundesdatenschutzgesetz grundsätzlich zulässig ist. Diese Zulässigkeit wird wie eine Einwilligung in Form eines „Opt-in“ gesehen. Das Einholen einer weiteren Einwilligung vor der Weitergabe etwaiger Daten wäre daher redundant und würde zu einem erhöhten bürokratischen Aufwand für die Behörde führen.
Aus diesem Grund hat man sich dazu entschlossen eine Widerspruchslösung einzuführen, d.h. wenn der Bürger nicht möchte, dass seine Daten erfragt werden können, muss er dies der Behörde gegenüber in Form eines Widerspruchs kundtun.
Die Widerspruchslösung hat darüber hinaus den Vorteil, dass Unternehmen, die die Daten wegen eines Widerspruchs des Bürgers löschen mussten, diese Daten auch nicht mehr erneut anfragen dürfen. Sollten die Daten seitens des Unternehmens dennoch abgeglichen und aktualisiert werden, droht dem Unternehmen ein Bußgeld von bis zu 50.000 €.

2. Der Weitergabe Ihrer Daten können Sie bei der Ihnen zuständigen Behörde widersprechen. Die zuständige Behörde ist auch angehalten, Sie auf Ihr Widerspruchsrecht hinzuweisen. Wer in Ihrem Bezirk konkret zuständig ist, können Sie der jeweiligen Melderegisterstelle Ihrer Stadt erfragen.

3. Als Verbraucherschützer befürworte ich aus Sicht des Datenschutzes die Verabschiedung des Gesetzes, auch wenn sich viele in der FDP-Bundestagsfraktion statt einem „Opt-out“ auch ein weitergehendes „Opt-in“ hätten vorstellen können. Die Mehrheitsverhältnisse waren dann aber wie bekannt. Trotzdem war es für den Verbraucher richtig und wichtig, das ganze Gesetz mit den deutlichen Verbesserungen nicht an einem „Opt-in“ scheitern zu lassen. Mit einem Verweis auf meine einleitenden Worte möchte ich nochmals deutlich machen, dass kein Gesetz für den Verbraucher ein großer Nachteil gewesen wäre.
Übrigens: Die Datenschutzprobleme, die bei der Nutzung von rechtmäßig oder erst recht von unrechtmäßig erworbenen und genutzten Daten der Werbewirtschaft bestehen, lassen sich im Melderecht nicht lösen. Das neue Melderecht ist kein Freibrief für Datenhandel oder Werbung.
Raum für Befürchtungen, die Kommunen könnten durch den Verkauf an Melderegisterkarten künftig ein Geschäft zu Lasten des Datenschutzes machen, besteht nicht. Die Rechtslage wird im Gegenteil verbessert, indem ein Widerspruchsrecht eingeführt wird, welches die Weitergabe von Melderegisterdaten einschränkt.

4. Abgestimmt haben der federführenden Innenausschuss und der mitberatende Rechts- und Wirtschaftsausschuss. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem ich angehöre, wurde in die Entscheidungsfindung nicht involviert.

5. Es ist richtig, dass die Meldeämter Gebühren für die Auskunft erheben können. Diese können in den einzelnen Bundesländern variieren und damit unterschiedlich hoch ausfallen. Rechtsgrundlage ist der entsprechende Paragraph im Landesmeldegesetz i.V.m. der Tarifstelle 5 (Einwohnerwesen) der jeweiligen Landesverordnung über Verwaltungsgebühren (VwGebO). Die Gebühren für eine Melderegisterauskunft liegen in Pforzheim für eine einfache Auskunft gegenwärtig bei 10 Euro, für eine Auskunft mit größerem Verwaltungsaufwand bei 25 Euro. Die Kosten der übrigen Bundesländer können sie in dem jeweiligen Landesgesetz nachlesen oder bei der Stadtverwaltung, im zuständigen Amt für das Einwohnerwesen, erfragen.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Erik Schweickert, MdB

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