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Emmi Zeulner
CSU
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Frage von Dr. Lienhard W. •

Frage an Emmi Zeulner von Dr. Lienhard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag, liebe Frau Emmi Zeulner!

Alle Parteien machen sich stark für den Mittelstand. Besonders die CSU. Das ist gut so. Aber wie kommt es dann, daß der Mittelstand trotzdem seit Jahrzenten schrumpft wie Eis in der Sonne?

Meine Frage an Sie als Krankenschwester bezieht sich auf AMBULANTE ARZTPRAXEN. Offenbar ist eine mächtige Lobby der Medizinkonzerne dabei, unser Gesundheitssystem in aller Stille radikal umzubauen.

Ich zitiere aus einem Stellenangebot, in dem ein Konzern für den „GESCHÄFTSBEREICH AMBULANTE MEDIZIN“ einen Vertriebsmanager sucht. Seine Aufgabe: die „AKQUISE UND INTEGRATION NEUER PRAXEN“ in die Konzernstruktur. Mit anderen Worten: der neue Mann soll unabhängige Arztpraxen aufkaufen und in den Konzern integrieren.

Das Aufkaufen von freien Arztpraxen durch Medizinkonzerne hat schwerwiegende Folgen. Aus selbständigen Ärzten werden Angestellte, die den Anweisungen des Konzerns (z. B. Helios mit allein in Deutschland 80 Kliniken und einem Konzernumsatz von 6 Milliarden Euro) gehorchen müssen.

Mit der Unabhängigkeit der Ärzte geht wieder ein Stück Mittelstand verloren. Die Ärzte, die ihre Unabhängigkeit verloren haben, werden laut Stellenanzeige herangezogen zur regelmäßigen „BESPRECHUNG DER MONATSABSCHLÜSSE UND DER WIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG“. In QUARTALS-/MONATSGESPRÄCHEN müssen die Ärzte jede Entscheidung rechtfertigen, ob sie im Sinne der Konzerns ist.

Die Folgen für Deutschland sind: Die freien Arztpraxen werden wirtschaftlich ausgebremst, viele werden Pleite gehen. Mit den unabhängigen Ärzten verschwindet nicht nur die medizinische Vielfalt und Wahlfreiheit.

Die konzerneigenen Ärzte sind auch angewiesen, ihre Patienten in konzerneigene Kliniken zu überweisen. So höhlen die Medizinkonzerne schleichend auch die freie Arztwahl aus.

Daher meine Frage als Patient an Sie: Wie steht die CSU zu dieser Tendenz? Was tut sie praktisch, um die freie Ärzteschaft zu stützen? Oder sind die Konzerne wichtiger?

Beste Grüße
Lienhard Wawrzyn

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Wawrzyn,

vielen Dank für Ihre Anfrage an Frau Zeulner. Für Frau Zeulner sind die ärztliche Versorgung und kleine, vertraute Arztpraxen eine Herzensangelegenheit, die sich durch ein besonderes, persönliches Verhältnis zum Arzt/zur Ärztin auszeichnen und die es zu schützen und zu unterstützen gilt. Die hier herrschenden, dezentralen Strukturen und Hintergründe sind für die Patientinnen und Patienten klar und einfach erkennbar, was zusätzlich ein Gefühl von Sicherheit und von „gut aufgehoben“ vermittelt. Der einzelne Arzt steht noch mit seinem Namen für alles ein und das ist eine unschätzbarer Wert, den Frau Zeulner immer wieder betont. Diesen gilt es weiter unbedingt zu erhalten.
Frau Zeulner hat als Gesundheitspolitikerin auch im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) und Versorgungsstärkungsgesetz an der von Ihnen beschriebenen Problematik angesetzt und sich für eine gute Lösung im Sinne der niedergelassenen Ärzte und vor allem der Patienten eingesetzt. Dabei bleiben aus Frau Zeulners Sicht weiterhin zwei Aspekte im Fokus. Zum einen ist dies die Frage, wie zukünftig das Modell der herkömmlichen Praxis (ein oder wenige Ärzte/Arztinnen mit einigen HelferInnen) wieder attraktiver gestaltet werden kann. Denn viele junge Ärztinnen und Ärzte scheuen nicht nur die große Verantwortung einer eigenen Praxis, sondern sehen in einer Anstellung eine Möglichkeit zu einer besseren Work-Life-Balance und schätzen die größere Flexibilität dort. Der Hausarzt/ die Hausärztin, mit gewohnten 60-Stunden-Arbeitswochen und Erreichbarkeit rund um die Uhr ist ein Auslaufmodell. Hier werden wir uns generell umstellen müssen. Ein Ansatz zur Schaffung an Anreizen ist das Aufkaufen frei werdender Sitze durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung. Diese freien Sitze werden jungen Ärztinnen und Ärzten quasi „probeweise“ zur Verfügung gestellt, die sie dann nach einer gewissen Testphase voll übernehmen und kaufen können. Damit können junge Medizinerinnen und Mediziner einen Eindruck der Arbeit und der Verantwortung einer eigenen Praxis gewinnen. In einigen Bundesländern wurde diese Handhabung bereits erprobt, wobei die Resonanz grundsätzlich hier sehr positiv ausfiel.
Als besonders vielversprechend beurteilt Frau Zeulner hier auch die Chancen, die mit der Digitalisierung verbunden sind. Nicht nur könnte die Telemedizin die Versorgung von Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen in Zukunft erleichtern, sondern auch generell die ärztliche Konsultationen entlasten, indem die Zeit, die eigentlich im Auto für weite Anfahrtswege gebraucht würde, gespart wird. Gerade im ländlichen Raum bei einer auf eine große Fläche verteilten Bevölkerung scheint dies hier ein toller, aussichtsreicher Ansatz zwischen Verantwortung und besserer Work-Life-Balance.
Zum anderen ist eine kritische Betrachtung der Entwicklung bei MVZs geboten. Selbstverständlich hat auch ein MVZ als zentrale Gesundheitseinrichtung nicht nur für die angestellten Ärztinnen und Ärzte Vorteile. Sie sind ebenso sehr effektiv, wenn z.B. Ärzte diverser Fachrichtungen in einem Haus sitzen (Stichwort kurze Wege). Auch sie übernehmen eine wichtige Rolle, wenn es um die gesundheitliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland geht. Aber es ist auch beobachtbar, dass der Aufkauf von Praxen, den Sie beschreiben, oftmals über MVZs beginnt, die dann schließlich in die Hände von großen Konzernen fallen. Lösungswege scheinen aus der Sicht von Frau Zeulner hier die Begrenzung der Größe von MVZs, die Offenlegung von Geldgeberstrukturen sowie eine strenge Prüfung der Gewinnausschüttungen, um die Trägergesellschaften und -ebenen auch für die Patientinnen und Patienten deutlich erkennbar zu machen.
Insgesamt sind hier die richtige Balance und – siehe Digitalisierung – auch neue Wege zu finden. Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit Frau Zeulners Position verdeutlichen. Sie wird weiterhin auch in Zukunft daran festhalten und sich für Verbesserungen bzw. gegebenenfalls Nachbesserungen hier einsetzen. Grundsätzlich – und steht auch für Frau Zeulner in keiner Weise zur Debatte - müssen Ärztinnen und Ärzte frei von jeglicher Weisung hinsichtlich ihres medizinischen Wirkens bleiben – das ist oberster Grundsatz Gesundheitspolitik in Deutschland. Der gesamte deutsche Mittelstand mit seiner Vielfalt ist das Markenzeichen der deutschen Wirtschaft, den es natürlich auch im Gesundheitsbereich zu stärken und zu fördern gilt. Denn wie Anfangs geschrieben: Ein Arzt, der mit seinem Namen steht, ist ein Wert, den wir erhalten müssen. Im Gesundheitswesen müssen wirtschaftliche Aspekte und Interessen immer hinter dem Patientenwohl zurückstehen. Dafür wird Frau Zeulner weiter kämpfen. 

Mit freundlichen Grüßen
i.A.
Ihr Team Emmi Zeulner

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