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Elke Hoff
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Frage von Stefan G. •

Frage an Elke Hoff von Stefan G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Hoff,

zur Regelung der Patientenverfügung (PV) gibt es inzwischen drei Anträge, welche sich in ihrer Position deutliche unterscheiden:

1. Antrag "Stünker"
Dieser Antrag räumt dem Patientenwillen absolutes Vorrecht ein, selbst wenn es durch Unwissenheit oder ungeschickte Abfassung der PV zu einer vom Patienten ungewollten und letztlich tödlichen Entscheidung kommen kann.

2. Antrag "Bosbach"
Dieser Antrag versucht , die Balance zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und der Fürsorgepflicht des Staates zu finden. Durch das Einziehen gewisser Hürden wird der Patient vor einer Fehlentscheidung bewahrt.

3. Antrag "Zöller"
Dieser Antrag versucht den Patientenwillen, selbst wenn keine PV vorliegt, dialogisch zu ermitteln. Dies hat auch eine deutliche Stärkung der ärztlichen Stellung zur Folge.

Wie ist Ihre Position zu diesem Thema und welchen Antrag werden Sie im Bundestag unterstützen ?

Inwieweit unterstützen Sie den Ansatz einer medizinischen Vorsorgevollmacht als Ergänzung oder Ersatz der PV ?

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Grieser-Schmitz

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Grieser-Schmitz,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Patientenverfügung.

Die Entscheidung über den rechtlichen Rahmen von Patientenverfügungen ist eine sehr persönliche Entscheidung, die sich deshalb auch den Kriterien von richtig und falsch entzieht. Daher bin ich froh, dass es mehrere parteiübergreifende Anträge gibt, denen man sich anschließen kann und das Thema nicht Gegenstand des Fraktionenwettbewerbs im Deutschen Bundestags ist.

Ich unterstützte den fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf, der unter Federführung von Michael Kauch seitens der FDP, Joachim Stünker seitens der SPD, Jerzy Montags von Bündnis 90 /Die Grünen und Dr. Lucrezia Jochimsen von Die Linke im Juni diesen Jahres in den Deutschen Bundestag eingebracht worden ist. Im Kern geht es uns bei diesem Gesetzentwurf um folgendes:

Die Patientenverfügung muss eine klare, gesetzliche Verankerung bekommen, die für mehr Rechtssicherheit sorgt, die Rechte der Betroffenen stärkt und für einen effektiven Grundrechtsschutz sorgt.

Das Recht zur Selbstbestimmung über den eigenen Körper gehört zum Kernbereich der durch die Verfassung geschützten Würde und Freiheit des Menschen. Deshalb muss jeder entscheidungsfähige Patient vor einer ärztlichen Maßnahme seine Einwilligung erteilen. Ein ärztlicher Eingriff ohne Einwilligung des Patienten stellt eine Körperverletzung dar. Das Selbstbestimmungsrecht endet nicht mit Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit. Deshalb differenziert dieser Gesetzentwurf nicht nach Art und Stadium der Erkrankung. Wer das Selbstbestimmungsrecht ernst nimmt, muss dem Patienten für jede Krankheitsphase die Entscheidung über Einleitung und Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme überlassen.

Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass konkrete und situationsbezogene Behandlungsfestlegungen in einer Patientenverfügung als bindend anerkannt werden und - dass der Patientenwille in allen Stadien einer Erkrankung beachtet wird. Weiterhin soll das Vormundschaftsgericht nur bei Zweifeln über den Patientenwillen oder Missbrauchsverdacht eingeschaltet werden müssen.

Ich habe mich auch für diesen Antrag entschieden, weil er sicherstellt, dass es der Patient ist, der die - verfassungsmäßig garantierte - letztendliche Entscheidung trifft, ob er eine Behandlung wünscht oder nicht - nicht ein Arzt, nicht ein gesetzlich bestimmter Betreuer und auch kein Vormundschaftsgericht - zumindest dann, wenn die Situation unstrittig ist.

Davon ausgenommen ist naturgemäß die Notfallmedizin, da nach einem schweren Autounfall der Notarzt nicht erst eine Patientenverfügung suchen kann, wenn es darum geht, ein Unfallopfer mit Atemstillstand wiederzubeleben.

Seinen Willen kann man in Form einer Patientenverfügung niederlegen, die möglichst konkret den Krankheitsfall und die gewünschten bzw. nicht gewünschten Therapien benennen soll, man kann (und ich empfehle das ausdrücklich) zusätzlich einen Bevollmächtigten benennen, der den Patienten kennt und dem Willen des Patienten Geltung verschafft.

Einer vorherige Aufklärung durch einen Arzt ist sinnvoll, der Antrag rät dazu, spricht sich aber nicht für eine Zwangsberatung aus. Ich setze hier auf Vernunft und Selbstverantwortung der Menschen. Wenn ein volljähriger, mündiger Mensch aus religiösen Gründen eine Bluttransfusion ablehnt, mag das Außenstehenden befremdlich vorkommen, aber es ist sein gutes Recht, darauf zu verzichten, auch wenn ihm diese Entscheidung subjektiv schadet und nach ärztlicher Aufklärung unsinnig erscheint.

Eine sture 1:1-Umsetzung der Patientenverfügung gibt es dabei nicht. Es ist immer der aktuelle mutmaßliche Wille zu überprüfen. Zeigt z.B. ein schwer dementer und damit nicht einwilligungsfähiger Patient deutliche Zeichen von Lebensfreude, verweigert die Medikamenteneinnahme oder die Aufnahme von Nahrung nicht, dann gibt es nach dem von mir unterstützten Antrag keinen Grund für den Arzt, z.B. auf die vorab verfügte Behandlung einer Lungenentzündung als Folgekomplikation zu verzichten. Im Gegenteil, er ist sogar gehalten, dann die entsprechende Verfügung durch die nonverbalen Äußerungen als widerrufen zu betrachten. Für den Konfliktfall z.B. wenn Bevollmächtigter und Arzt anderer Auffassung über den mutmaßlichen Willen sind - bleibt der Gang zum Vormundschaftsgericht, das dann über die Auslegung der Patientenverfügung in diesem konkreten Fall entscheidet.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre

Elke Hoff