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Elisabeth Motschmann
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Frage von Rolf-Günter B. •

Frage an Elisabeth Motschmann von Rolf-Günter B. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Motschmann,

gerne würde ich wissen, ob Sie der Grundgesetzänderung zur Privatisierung der Autobahnen zustimmen. Falls ja, möchte ich Sie darüber informieren, dass Sie dann leider bei der nächsten Wahl nicht mehr mit meiner Stimme rechnen können.

Liebe Grüße

Rolf-Günter Bultmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Bultmann,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr damit verbundenes Interesse an meiner Arbeit als Mitglied des Deutschen Bundestages. Ihr Anliegen nehme ich sehr ernst. Gerne gehe ich im Folgenden auf meine Sicht der Dinge ein.

Zunächst ist es mir wichtig, hier noch einmal die Begrifflichkeiten und die damit implizierten Vorhaben zu differenzieren. Das angestrengte und von Ihnen gemeinte Reformvorhaben beinhaltet keinesfalls eine Privatisierung der Autobahnen. Es handelt sich um eine Öffentliche-Private Partnerschaft. Dies möchte ich Ihnen im Einzelnen gerne erläutern.

Das von Ihnen kritisierte Vorhaben ist definitiv ein Teil eines der größten Reformvorhaben dieser Legislaturperiode. Nach intensiven Beratungen stellt der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern auf eine neue Grundlage. Mit einem umfangreichen Gesetzgebungspaket, zu dem auch Grundgesetzänderungen zählen, sorgen wir für finanzielle Planungssicherheit in Bund und den Ländern von 2020 bis mindestens 2030. Im Vordergrund dieser Reform steht für uns die gesamtstaatliche Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit. Damit tragen wir bei zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in ganz Deutschland.

Unterschiede in der Finanzkraft der Länder werden künftig nicht mehr durch einen horizontalen Finanzausgleich untereinander abgefedert, sondern über die Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer. Ergänzend erklärt sich der Bund zu einer jährlichen zusätzlichen finanziellen Beteiligung bereit, die im Jahr 2020 rund 9,5 Milliarden Euro betragen wird. Im Gegenzug konnten wir strukturelle Verbesserungen im Bund-Länder-Verhältnis erreichen. So wird der Stabilitätsrat gestärkt, indem er die Einhaltung der Schuldenbremse zukünftig auch auf Länderebene überwacht – gerade für uns in Bremen ein wichtiges Thema. Im parlamentarischen Verfahren haben wir dem Bund einen größeren Einfluss auf die Ausgestaltung der Länderprogramme zur Verwendung der Bundesmittel gesichert. Zudem stärken wir die Weisungsmöglichkeiten des Bundes beim Steuervollzug und machen somit den Vollzug im Finanzwesen effizienter. Des Weiteren schaffen wir mit einer neuen Bundeskompetenz die Grundlage für ein Bürgerportal, mit dem die Dienstleistungen von Bund und Ländern digital leicht erreichbar sein werden.

Wir reformieren in diesem Paket zudem den Unterhaltsvorschuss, eine besondere Hilfe für Alleinerziehende und ihre Kinder. Wir erweitern diese Unterhaltsleistung auf die betroffenen Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Es kommen also die 12- bis 17-Jährigen als neue Anspruchsberechtigte hinzu.

Schließlich schaffen wir die Grundlage dafür, dass der Bund finanzschwachen Kommunen Finanzmittel für die Schulen zur Verfügung stellen kann. An der Kernzuständigkeit der Länder für das Bildungswesen ändert sich damit jedoch nichts. Wir wollen aber in einem für die Zukunft unseres Landes wichtigen Bereich gezielte Hilfen ermöglichen, die wiederum unseren Kindern zugutekommen. Als Land ohne Rohstoffe sind kluge Köpfe schließlich unsere Zukunft.

Die von Ihnen erwähnten Autobahnen sind für uns als starke Wirtschaftsnation wichtige Lebensadern. Um Planung, Bau, Betrieb und Erhalt der Autobahnen künftig effizienter und schneller zu gestalten, übertragen wir diese Aufgaben von 16 Ländern auf den Bund. Dort schaffen wir eine Infrastrukturgesellschaft, die ab 2021 die genannten Aufgaben übernimmt. Wir sichern den über 10.000 Beschäftigten einen guten Übergang zum Bund zu und werden auf ihre Bedürfnisse bei diesen Veränderungen achten. Die hier angestrebte Öffentlich-Private-Partnerschaft ist allerdings keine Privatisierung, wie vielerorts behauptet wird. Der Bund bleibt Eigentümer der Autobahnen wie Eigentümer der Gesellschaft. Die Schaffung einer solchen Infrastrukturgesellschaft birgt allerdings viele verwaltungsrechtliche und strukturelle Vorteile. So wird hier eine Organisationseinheit nicht als Behörde, sondern als GmbH organisiert, welches in Zeiten eklatanten Fachkräftemangels für Personalrekrutierung und Personalmanagement viele neue Chancen eröffnet. Gleichzeitig werden durch diese Form der Organisation Bauphasen verkürzt und Prozesse effizienter gestaltet.

Vor dem Hintergrund der oben genannten Punkte bin ich überzeugt, dass das von den Koalitionsfraktionen angestrengte Reformvorhaben mehr Chancen als Risiken birgt und stimme diesem deshalb zu.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Argumente für dieses Vorhaben näherbringen oder sie gegebenenfalls sogar von einigen Aspekten überzeugen. Gerne stehe ich Ihnen als Ihre Bremer Bundestagsabgeordnete auch weiterhin für Fragen zur Verfügung. Melden Sie sich bitte gerne.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre
Elisabeth Motschmann MdB