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Ekin Deligöz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Erik P. •

Frage an Ekin Deligöz von Erik P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Deligöz,

auf abgeordnetenwatch.de werden Sie als eine der Grünen Abgeordneten gelistet, die sich bei der Abstimmung über Sperren für Kinderpornographische Internetseiten enthalten haben.

Ich war ursprünglich davon ausgegangen, dass dieses Thema sehr polarisierend wirkt und möchte Ihnen deshalb zweierlei Fragen stellen:

1. Was hat Sie dazu bewegt, sich Ihrer Stimme zu enthalten? Da Sie ja an der Abstimmung teilgenommen haben, gehe ich davon aus, dass Sie sich eine Meinung zu diesem Gesetzesentwurf gebildet haben und diese Entscheidung bewusst getroffen haben.

2. Ein ähnliches Verhalten scheint bei den Grünen weiter verbreitet zu sein als bei den anderen Parteien. Ihre Partei hat einen sehr geringen Anteil an Abgeordneten, die nicht an der Abstimmung teilgenommen haben, aber einen vergleichsweise großen Anteil an Abgeordneten, die sich Enthalten haben. Kennen sie eine Erklärung für dieses Verhalten?

Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen aus Karlsruhe

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Pöhler,

gerne komme ich Ihrer Bitte nach, Ihnen mein Abstimmungsverhalten zum Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen zu erläutern.

Zu ihrer ersten Frage:
Im Gegensatz zu einigen meiner Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fraktionen, die einfach an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, habe ich mich der Abstimmung gestellt. Die Entscheidung habe ich mir dabei nicht leicht gemacht. Als Kinder- und Familienpolitikerin mache ich mich seit Jahren für den Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt und Ausbeutung stark. Neben der Bürgerrechtspartei waren die Grünen immer auch eine Partei der Kinderrechte. Wir müssen uns der unglaublichen Herausforderung eines umfassenden Kinderschutzes stellen. Das führt notwendiger Weise auch zu hoch kontroversen Abwägungsproblemen.
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und selbstverständlich ist das Internet auch kein bürgerrechtsfreier Raum. Auch ich, die ich mich bei der Abstimmung zum Gesetzesentwurf enthalten habe, wende mich entschieden gegen den Abbau des Rechtsstaats oder die Aufweichung von Grundrechten. Gleichzeitig konnte und wollte ich die Mängel, die das Gesetz in verschiedener Hinsicht hat, nicht übersehen. Deshalb habe ich diesem Gesetz NICHT zugestimmt.
Meine Enthaltung ist keine Zustimmung zum Gesetz. Den Anspruch auf eine zweifelsfrei rechtsstaatliche, verhältnismäßige und effektive Bekämpfung dieses Delikts im Internet über die aktuellen Möglichkeiten hinaus - als ein Beitrag zu einem umfassenden Kinderschutz - habe ich nicht aufgegeben. Dem wollte ich durch meine Enthaltung bei der Abstimmung Ausdruck verleihen. Ich will mit der Enthaltung zu verstehen geben, dass ich die Intention des Gesetzes teile, aber dem Gesetzentwurf in seiner vorliegenden Form wegen unterschiedlicher Bedenken nicht zustimmen kann. Einem Gesetz, das rechtlich einwandfrei, zielgenau und effektiv Kinderpornographie im Internet bekämpft, hätte ich gerne zugestimmt.

Zu ihrer zweiten Frage:
Das Verhalten der Grünen bei dieser Abstimmung macht deutlich, was eine Demokratie ausmacht: Meinungsvielfalt. Auch wenn wir uns einig sind, was das "große Ganze" anbelangt, gibt es natürlich immer wieder Themen, bei denen wir nicht einer Meinung sind.

Mit freundlichen Grüßen

Ekin Deligöz

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