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Eckart von Klaeden
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Frage von Stephan N. •

Frage an Eckart von Klaeden von Stephan N. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr von Klaeden,

in der Bildzeitung vom 18.07.2012 auf Seite 7 ist ein Artikel über drei Perverse.Unter anderem ist auch ein Kommunalpolitiker dabei.Dieser hat eine Strafe von 3.000,-Euro auf 22430 gesammelte Werke.Macht 7,47 Euro pro Bild bzw. Video.
Muss sagen ,ein tolles Angebot...
Dafür,dass Kinder leiden müssen damit irgendwelche Schw... Spass haben...
Ein anderer bekommt auf seine Sammlung von 23441 Bilder und Videos 15 Monate Bewährung.
Das sind 450 Tage Freiheit.

Klingt nach Belohnung.

Zum Vergleich:ein Ladendieb zahlt eine "Vertragsstrafe" vor Ort (75 Euro) plus 1 Jahr Hausverbot.

Aufruf zur Lynchjustiz wird bestraft und Kinderpornografie wird in meinen Augen belohnt.
Da stimmt doch was nicht.
Können Sie mir das erklären?

Über eine Antwort währe ich erfreut.
M.f.G.
S. Niemann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Niemann,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages und nicht als Staatsminister im Namen der Bundesregierung beantworte:

Ihre Auffassung, dass die nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB) vorgesehenen Strafandrohungen für einen Ladendiebstahl in einem Missverhältnis zu den für Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern bestehenden Strafandrohungen stehen, teile ich nicht.

Bereits der Grundfall des sexuellen Missbrauchs von Kindern wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft; die Verbreitung, der Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften werden mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Die Vorschriften zu schwerwiegenden Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern wurden durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 erheblich verschärft. Alle schwerwiegenden Fälle wurden zu Verbrechen heraufgestuft und die Mindest- und Höchststrafen angehoben. Je nach dem Gewicht der einzelnen Straftat können sie jetzt im Regelfall mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder mindestens zwei oder fünf Jahren bis zu jeweils fünfzehn Jahren, dem für zeitige Freiheitsstrafen zulässigem Höchstmaß, geahndet werden. Für den Fall, dass der Täter durch einen sexuellen Missbrauch, eine sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung leichtfertig den Tod des Opfers verursacht hat, kann statt der früher zulässigen Höchststrafe von Freiheitsstrafe bis zu fünfzehn Jahren seitdem lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden.

Wer hingegen einen Ladendiebstahl begeht wird nach § 242 Strafgesetzbuch (StGB) mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (Soweit Sie erklären, dass ein Ladendieb mit einer „Vertragsstrafe“ und einem Hausverbot belegt werden könne, haben Sie offenkundig den Fall vor Augen, dass ein Geschädigter nach einem Diebstahl bei Zahlung eines Geldbetrages auf eine Anzeige verzichtet, so dass es erst gar nicht zu einem Gerichtsverfahren kommt.)

Mir ist bekannt, dass Entscheidungen von Strafgerichten oft auf Kritik in der Bevölkerung stoßen. Zumeist wird Unverständnis über ein in den Augen der Öffentlichkeit zu mildes Urteil laut. Erlauben Sie mir hierzu den Hinweis, dass nach unserem Grundgesetz die rechtsprechende Gewalt allein den Richtern anvertraut ist; sie sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Aufgrund dieser verfassungsrechtlich gewährleisteten Unabhängigkeit, eines unverzichtbaren Bestandteils des Rechtsstaates, ist es allein Aufgabe der Richter, die Gesetze verbindlich auszulegen, im konkreten Einzelfall anzuwenden und dabei die angemessene Strafe zu verhängen.

Grundlage für die Strafzumessung ist die Schuld des einzelnen Angeklagten. Es ist Aufgabe des Richters, aufgrund des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Daran mögen Sie ersehen, dass es hier um Einzelfallentscheidungen geht, die einem Vergleich schwer zugänglich sind. Im Übrigen sieht die Strafprozessordnung eine Überprüfung von Strafurteilen vor, die sowohl der Angeklagte und sein Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft durch Einlegung eines Rechtsmittels herbeiführen können. Das Rechtsmittelgericht hat dann auch zu überprüfen, ob die für die Strafzumessung wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt worden sind.

Um jeden Anschein einer unzulässigen Einflussnahme auf die Gerichte zu vermeiden, wird von Bundestagabgeordneten als den Mitgliedern der gesetzbebenden Gewalt grundsätzlich davon abgesehen, zu einzelnen Strafverfahren und Urteilen Stellung zu nehmen. So halte ich es auch in den von Ihnen angesprochenen Fällen und bitte hierfür um Ihr Verständnis.

Zu Presseberichten über Straftaten möchte ich bemerken, dass die Presse in der Regel spektakuläre Einzelfälle aufgreift und die Berichte häufig nicht alle Informationen enthalten (und teilweise - wo es z. B. um Erkenntnisse aus Ermittlungsverfahren geht - auch gar nicht enthalten können), die für eine umfassende Beurteilung des Sachverhalts notwendig sind.

Widersprechen muss ich dem von Ihnen erweckten Eindruck, Freiheitsstrafen, die zur Bewährung des Täters ausgesetzt sind, seien Freisprüche. Ziel des Strafrechts ist es nämlich auch, dem Straftäter über die Bewährung einen kurzen Weg zurück in die Rechtsgemeinschaft zu eröffnen, was gerade im Bereich der Jugend- und Kleinkriminalität im Vordergrund stehen muss.

Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB