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Doris Barnett
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Frage von Ingrid T. •

Frage an Doris Barnett von Ingrid T.

Sehr geehrte Frau Barnett,

Sie haben im Februar 2015 für weitere finanzielle Hilfen für Griechenland gestimmt. Nach den letzten Monaten des Verhandlungsmarathons liegen genauere Erkenntnisse über die desolate Lage sowie Unwilligkeit und/oder Unfähigkeit der griechischen Regierung(en) und Bevölkerung vor, ihr Land zu reformieren. Werden Sie diesmal auch mit ja abstimmen, wissend, dass dies in eine Transferunion führen und von den meisten Bürgern abgelehnt wird? Wenn ja, wie begründen und erklären Sie dies?

MfG, Dr. Träger

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Träger,

Haben Sie vielen Dank für Ihre Email. Zu diesem Thema hat mich eine Vielzahl von Schreiben erreicht.

Wie Sie mir schreiben, erwarten Sie von mir, dass ich "Nein" zu einem weiteren Hilfspaket zu Griechenland sage. Haben Sie - abgesehen vom Nein - eine Alternative für Griechenland? Wir haben das ausführlich und mit allen möglichen Facetten durchdiskutiert und kommen zu dem Ergebnis, dass ein "an die Wand fahren lassen" von Griechenland uns ganz bestimmt viel teurer zu stehen kommt.

Ein „Nein“ wäre ein umgehender Staatsbankrott Griechenlands und ein ungeordnetes Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Diese Alternative birgt aus meiner Sicht die deutlich größeren Gefahren. In Griechenland wären die Folgen verheerend: das Bankensystem würde zusammenbrechen, die medizinische Versorgung wäre nicht mehr gewährleistet, noch mehr Arbeitsplätze würden vernichtet, viele Griechinnen und Griechen würden in Armut absinken und müssten dann humanitäre Hilfe aus EU-Mitteln erhalten.

Wenn Griechenland ausscheidet aus dem Euro-Raum, hat das Signalwirkung auch auf andere Länder. Viel mehr Wirkung wird es aber auf die Investitionen im Euro-Raum haben. Wie glaubwürdig, zuverlässig und sicher sind dann solche Investitionen? Da wird gleich mal ein Risiko-Faktor von 1 bis 2 Prozent eingepreist, wenn Geld (auch an uns) geliehen werden soll. Und das kostet und auch viel. Ganz von dem abgesehen, leben wir Deutsche vom Export, auch in Rheinland-Pfalz gehen mehr als 60 Prozent der Produkte in den Export. Wenn wir aber Vertrauen verlieren, wird das relativ schnell unsere Wirtschaft merken!

Die Position der SPD war immer, dass Solidarität in Europa keine Einbahnstraße sein kann. Wenn Europa solidarisch ist mit Griechenland und Milliardenkredite gibt, um Zeit zu gewinnen für Reformen, dann darf und muss Europa im Gegenzug erwarten, dass die griechische Politik die Entscheidungen trifft und umsetzt, die unabdingbar sind, um die Probleme in Griechenland zu lösen.

Gerade in den letzten Monaten ist hier sehr viel Vertrauen zerstört worden, das jetzt Schritt für Schritt wieder aufgebaut werden muss. Die griechische Regierung muss die Glaubwürdigkeit der Reformzusagen nachweisen. Besonders nach ihrem Wahlkampf für ein „Nein“ im Referendum ist das keine leichte Aufgabe. Versprechungen und Zusagen alleine reichen hier nicht aus

Die Auflagen, die Griechenland jetzt in wenigen Tagen als Vorbedingung für Verhandlungen erfüllen muss, sind schon heftig. Ja, Griechenland hätte das schon längst erledigt haben können. Aber alle bisherigen Regierungen haben sich da kaum bewegt, weil es in aller erster Linie strukturelle Verwaltungsreformen bedarf, in der öffentlichen Verwaltung (Stichwort Katasterwesen, Zivilprozessordnung, uvm.) und besonders auch in der Finanzverwaltung.

Jetzt hat die Euro-Gruppe harsche Auflagen vorgegeben als Voraussetzung, überhaupt Verhandlungen für ein weiteres Rettungspaket zu führen! Und nur darüber stimmen wir am Freitag ab, ob also in weitere Verhandlungen eingetreten werden darf, nachdem die Griechen die Auflagen umzusetzen begonnen haben (also im Parlament und in der Verwaltung). Und eine Aufsicht wird ihnen auch an die Seite gestellt.

Und weil es mir um den "kleinen Mann", den ganz normalen Griechen (junge Mutter, Rentner, Taxifahrer usw.) geht, will ich nicht, dass dieses Land an die Wand fährt und zum Dritte-Welt-Land wird. Deshalb stimme ich für "Ja" für weitere Verhandlungen. Es ist die bessere Lösung für Griechenland, für Europa, für Deutschland. Die Alternativen wären alle wesentlich schlechter.

Gerne stelle ich Ihnen Informationsmaterial über die Auflagen, die Griechenland erfüllen muss, zur Verfügung.

Mit den besten Grüßen
Doris Barnett

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SPD

Sehr geehrte Frau Dr. Träger,

Haben Sie vielen Dank für Ihre Email. Zu diesem Thema hat mich eine Vielzahl von Schreiben erreicht.

Wie Sie mir schreiben, erwarten Sie von mir, dass ich "Nein" zu einem weiteren Hilfspaket zu Griechenland sage. Haben Sie - abgesehen vom Nein - eine Alternative für Griechenland? Wir haben das ausführlich und mit allen möglichen Facetten durchdiskutiert und kommen zu dem Ergebnis, dass ein "an die Wand fahren lassen" von Griechenland uns ganz bestimmt viel teurer zu stehen kommt.

Ein „Nein“ wäre ein umgehender Staatsbankrott Griechenlands und ein ungeordnetes Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Diese Alternative birgt aus meiner Sicht die deutlich größeren Gefahren. In Griechenland wären die Folgen verheerend: das Bankensystem würde zusammenbrechen, die medizinische Versorgung wäre nicht mehr gewährleistet, noch mehr Arbeitsplätze würden vernichtet, viele Griechinnen und Griechen würden in Armut absinken und müssten dann humanitäre Hilfe aus EU-Mitteln erhalten.

Wenn Griechenland ausscheidet aus dem Euro-Raum, hat das Signalwirkung auch auf andere Länder. Viel mehr Wirkung wird es aber auf die Investitionen im Euro-Raum haben. Wie glaubwürdig, zuverlässig und sicher sind dann solche Investitionen? Da wird gleich mal ein Risiko-Faktor von 1 bis 2 Prozent eingepreist, wenn Geld (auch an uns) geliehen werden soll. Und das kostet und auch viel. Ganz von dem abgesehen, leben wir Deutsche vom Export, auch in Rheinland-Pfalz gehen mehr als 60 Prozent der Produkte in den Export. Wenn wir aber Vertrauen verlieren, wird das relativ schnell unsere Wirtschaft merken!

Die Position der SPD war immer, dass Solidarität in Europa keine Einbahnstraße sein kann. Wenn Europa solidarisch ist mit Griechenland und Milliardenkredite gibt, um Zeit zu gewinnen für Reformen, dann darf und muss Europa im Gegenzug erwarten, dass die griechische Politik die Entscheidungen trifft und umsetzt, die unabdingbar sind, um die Probleme in Griechenland zu lösen.

Gerade in den letzten Monaten ist hier sehr viel Vertrauen zerstört worden, das jetzt Schritt für Schritt wieder aufgebaut werden muss. Die griechische Regierung muss die Glaubwürdigkeit der Reformzusagen nachweisen. Besonders nach ihrem Wahlkampf für ein „Nein“ im Referendum ist das keine leichte Aufgabe. Versprechungen und Zusagen alleine reichen hier nicht aus

Die Auflagen, die Griechenland jetzt in wenigen Tagen als Vorbedingung für Verhandlungen erfüllen muss, sind schon heftig. Ja, Griechenland hätte das schon längst erledigt haben können. Aber alle bisherigen Regierungen haben sich da kaum bewegt, weil es in aller erster Linie strukturelle Verwaltungsreformen bedarf, in der öffentlichen Verwaltung (Stichwort Katasterwesen, Zivilprozessordnung, uvm.) und besonders auch in der Finanzverwaltung.

Jetzt hat die Euro-Gruppe harsche Auflagen vorgegeben als Voraussetzung, überhaupt Verhandlungen für ein weiteres Rettungspaket zu führen! Und nur darüber stimmen wir am Freitag ab, ob also in weitere Verhandlungen eingetreten werden darf, nachdem die Griechen die Auflagen umzusetzen begonnen haben (also im Parlament und in der Verwaltung). Und eine Aufsicht wird ihnen auch an die Seite gestellt.

Und weil es mir um den "kleinen Mann", den ganz normalen Griechen (junge Mutter, Rentner, Taxifahrer usw.) geht, will ich nicht, dass dieses Land an die Wand fährt und zum Dritte-Welt-Land wird. Deshalb stimme ich für "Ja" für weitere Verhandlungen. Es ist die bessere Lösung für Griechenland, für Europa, für Deutschland. Die Alternativen wären alle wesentlich schlechter.

Gerne stelle ich Ihnen Informationsmaterial über die Auflagen, die Griechenland erfüllen muss, zur Verfügung.

Mit den besten Grüßen
Doris Barnett