Portrait von Matthias W. Birkwald
Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
100 %
23 / 23 Fragen beantwortet
Frage von Joerg L. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Joerg L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Mobbingland Deutschland ?

Sehr geehrter Herr Birkwald,

soll und müsste im Zusammenhang mit den extrem gestiegenen Zahlen von Mobbingopfern in Deutschland, hier gerade in Folge von völlig destruktiven Machtkämpfen in Unternehmen, nicht endlich von Seiten des Gesetzgebers ein höherer Opferschutz gefordert bzw. umgesetzt werden, der vor allem auch die subtilen und suggestiven Methoden, direkt und indirekt bekämpft, mehr definiert werden, ein verpflichtendes Einsetzen von Mediatoren und vor allem auch das gedultete und damit befeuerte unterstützen von Mobbing mehr bestraft wird als bisher und Lösungen für die Mobbingopfer anbietet (Unterstützung durch AA ect.) ?

Es ist meiner Meinung zum Beispiel einfach nur nach grausam sowie gegen die Menschenwürde, sich psychisch permanent einem Arbeitgeber der mobbing duldet aussetzen zu müssen und bei Kündigung des Mobbingopfers die Folgen durch das Mobbingopfer mit einer Speerzeit bei ALG I dann selber tragen zu lassen.

Das Heer an Mobbing-Beratungsstellen, parteilich und überparteilich, lösen offenbar nicht die immer bestehenden Konflikte in Unternehmen, die Methoden des Mobbing scheinen hingegen subtiler und perfider zu werden, wenn man sich im Detail dazu beliest.

Der volkswirtschaftliche, als auch soziale Schaden wird a.m.S. größer und größer, durch das Heer an "Mobbingsklaven" was sich immer und immer mehr in Deutschland entwickelt.

Muss nicht der Gesetzgeber nicht endlich mehr gegen Mobbing unternehmen ?

Für Ihre Antwort ganz herzlichen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg Lindeholz

Portrait von Matthias W. Birkwald
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Lindeholz,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Viele erwerbstätige Menschen leiden unter Mobbing am Arbeitsplatz, was zu schwerwiegenden persönlichen, existenziellen und gesundheitlichen Problemen führen kann. Die Folgen von Mobbing richten aber auch gesamtgesellschaftlich Schaden an, ökonomisch, betrieblich und gesellschaftlich.

Alltagssprachlich ausgedrückt bedeutet Mobbing, dass jemand zumeist am Arbeitsplatz fortgesetzt geärgert und schikaniert wird. Mobbingverhalten kann verbal (z.B. Beschimpfung), nonverbal (z.B. Vorenthalten von Informationen) oder physisch (z.B. Verprügeln) sein. Die Beteiligten haben unterschiedliche Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Situation. Jemand ist jemand anderem unterlegen bzw. überlegen. Im Handlungsverlauf kristallisiert sich ein Opfer heraus, das aufgrund der ungleichen Machtverteilung Schwierigkeiten hat, sich zu verteidigen.
Am Arbeitsplatz wird zwischen Mobbing unterschieden, das von Vorgesetzten bzw. das von Mitarbeitern gleicher oder unterer Rangfolge ausgeht.

Gewerkschaften und einige Forscher/-innen berichten, dass einige Unternehmen Mobbing als Strategie verwenden, um ihre Mitarbeiter zur Kündigung zu bewegen.

Mobbing hat weitreichende negative Folgen für die Gesundheit wie auch für die berufliche und private Situation des Opfers. Laut Mobbing-Report erkranken 43,9 Prozent der Betroffenen, fast die Hälfte davon länger als sechs Wochen. 53,2 Prozent der Betroffenen leiden unter Angstzuständen, 60,9 Prozent unter Nervosität und 57 Prozent unter Leistungs- und Denkblockaden. 71,9 Prozent der Befragten wird durch das Mobbing bei der Arbeit demotiviert, 67,9 reagiert mit starkem Misstrauen. Die privaten und familiären Auswirkungen von Mobbing auf die Betroffenen sind vielschichtig.

Gegenmaßnahmen:

In vielen Fällen (laut Mobbing-Report 22,5 Prozent) sehen Mobbingopfer als einzigen Ausweg die eigene Kündigung. Von Seiten der Opfer und des Betriebes können jedoch Maßnahmen ergriffen werden, um Mobbing einzudämmen.

Praktiker empfehlen Betroffenen, dem Täter Grenzen zu setzen, soweit es ihnen möglich ist und sie sich in der dazu notwendigen seelischen Verfassung befinden. Es gilt als außerordentlich wichtig, dass das Opfer dem Mobber frühestmöglich ein klares „Stopp!“ signalisiert.

Betroffene sind gut beraten, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen und externe Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen. Dazu benötigen aber gerade nichtkommerzielle Einrichtungen mehr staatliche Unterstützung bei der Erhaltung und dem Ausbau von Beratungsstellen. Hier eröffnet sich einmal mehr ein Betätigungsfeld für öffentlich geförderte Beschäftigung.

Mobbing am Arbeitsplatz ist in der Bundesrepublik Deutschland noch kein Straftatbestand, einzelne Mobbinghandlungen sind jedoch strafbar und können auch zur Anzeige gebracht werden. Problematisch ist jedoch immer der konkrete Nachweis des Mobbings, da die Mobber versuchen, ihre Handlungen zu verschleiern. Im Falle eines Strafverfahrens werden viele Mobber daher nicht verurteilt und können danach quasi ungestört weitermobben.

Arbeitgeber stehen in der Pflicht, ihre Arbeitnehmer vor psychischer Belastung zu bewahren. Dies ergibt sich aus den Artikeln 1 und 2 GG. Der Arbeitgeber ist verpflichtet das Persönlichkeitsrecht, die Gesundheit und die Ehre des Arbeitnehmers zu schützen.

DIE LINKE strebt eine Legaldefinition des Begriffs Mobbing an, wodurch es möglich wird, juristisch gegen diese Form der Ausgrenzung vorzugehen. Auch auf internationaler Ebene gibt es bereits Überlegungen der EU-Kommission, eine Richtlinie gegen Mobbing am Arbeitsplatz zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias W. Birkwald MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Matthias W. Birkwald
Matthias W. Birkwald
DIE LINKE