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Denis Sabin
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Frage von Petra R. •

Frage an Denis Sabin von Petra R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Sabin,

ich beobachte seit Jahren die politische Landschaft in diesem Land und es fällt immer schwerer, die geeignete Partei zu finden, die wählbar ist, da sich die Programme im Kern ähnlich sind. Was mir des weiteren auffällt, ist, kaum ein Politiker nimmt sich die Zeit wirklich um Wählerstimmen zu kämpfen.. auch nicht die Piraten.
Aber meine Frage, wie wollen sie mit Ihrer Partei die Arbeitslosigkeit ( insbesondre die Langzeitarbeitslosigkeit) in einer Zeit, der stetigen Automatisierung bekämpfen? Und wie sollen die Menschen dann , ja wovon leben?
Und, was noch gar nicht thematisiert wurde: gleiches Geld für gleiche Arbeit, also Frauen verdienen immer noch weniger, als ein Mann für die gleiche.. dieselbe Arbeit. Wie will Ihre Partei das lösen?
Noch eine Frage zum Wohnungsmarkt, wenn erlaubt. Ich als Urberlinerin wohne ja schon am Stadtrand, aber wie wollen die " Piraten" es auch Geringverdienern oder Arbeitslosengeld-II-Empfängern ermöglichen, in der Stadt wohnen zu dürfen? Denn ich finde in meinem Kitz keine Wohnung, die vom Amt als angemessen gilt.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Regahl

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Antwort von
PIRATEN

Hallo Frau Regahl,

vielen Dank für diese Fragen. Ich werde versuchen sie weitestgehend kurz zu beantworten.

Ohne mich herausreden zu wollen, leiden wir derzeitig gerade in Lichtenberg unter Personalmangel. Wir haben zu viel Arbeit auf zu wenigen Schultern. Darunter leidet auch der Kontaktaufbau zu Bürgern und Vereinigungen. Ich lade sie an dieser Stelle herzlich ein, uns sowohl im Rathaus, als auch in einer der lokalen Gruppen zu besuchen.

Zu ihren Fragen.

1.Frage - "Wie wollen sie mit Ihrer Partei die Arbeitslosigkeit ( insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit) in einer Zeit, der stetigen Automatisierung bekämpfen?"

1. Antwort - Die Piraten sehen das Modell der Vollbeschäftigung und des stetigen Wachstums als nicht zeitgemäß und trügerisch. Die Automatisierung wird voranschreiten, kein Zweifel. Deswegen brauchen wir ein neues Gesellschaftsmodell und ein neues Verständnis von Arbeit. Bereits Heute hat sich das Spektrum der Art wie wir Arbeit erledigen verändert. Wir müssen weg von der Totalität der Arbeit. Totalität heißt, die Existenz ist nur über eine Erwerbstätigkeit vernünftig zu sichern. Die derzeit niedrige Arbeitslosigkeit und der hohe Export beruhen auf einem Niedriglohnsektor, in dem immer mehr Menschen gefangen sind und ihre Existenz nur schwer sichern können. Das sorgt dafür, dass sie nicht mehr an der Gesellschaft, an Kultur, an Politik teilhaben können, selbst wenn sie wollten. Wir wollen hin zu einem Grundeinkommen, dass es uns ermöglicht, endlich frei zu wählen, was wir mit unserem Leben und unseren Fähigkeiten machen wollen. Ein Grundeinkommen, dass uns dazu befähigt, ohne Sorge über die eigene Existenz auch Schritte, wie zum Beispiel die eigene Selbstständigeit oder ein eigenes Gewerbe zu gehen. Ein Grundeinkommen, dass Tätigkeiten wie die Pflege von Familienangehörigen, freiwilliges soziales Engagement oder auch Kreativtätigkeiten aufwertet. Ein Grundeinkommen, dass dafür sorgt, dass weder Kinder noch Rentner in Armut leben müssen. Bereits Heute stellen Transferleistungen wie Rente,Bafög,Arbeitslosengeld 2 zusammen den größten Posten im deutschen Haushalt. Die Frage der Finanzierung ist eine Frage des politischen Willens. Die schwerere Übung für die Gesellschaft ist die Freiheit. Weiteres ist hier nachzulesen:
https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2013/Wahlprogramm#Arbeit_und_Soziales

2. Frage - "Gleiches Geld für gleiche Arbeit, also Frauen verdienen immer noch weniger, als ein Mann für die gleiche.. dieselbe Arbeit. Wie will Ihre Partei das lösen?

2. Antwort - Generell gilt für uns, dass weder Hautfarbe, noch Geschlecht oder Religion in irgendeiner Weise zu einer Minderbezahlung führen dürfen. Das ist Diskriminierung und dagegen muss vorgegangen werden.Weil die Lohnlücke von ~20% zwishen den Geschlechtern klafft, scheint derzeit eine gesetzliche Regelung notwendig. Allerdings gilt: Männern und Frauen werden gerade in Deutschland immernoch bestimmte Rollenbilder zugeschrieben. Männern muss eine Teilzeit-und Auszeitregelung zugestanden werden, die es ihnen ermöglicht, ebenso lange die Familie zu betreuen, wie Frauen das tun. Für Frauen muss der Wiedereinstieg ins Berufsleben so barrierefrei wie möglich gestaltet sein. Kinderbetreuung muss flexibler werden. ( Unternehmenseigene Kita, angepasste Kitaöffnungszeiten,Ganztagsschulen) Sehr viele Frauen arbeiten in Teilzeitarbeit und tendenziell in schlecht bezahlteren Branchen. Ich denke an Pflege/Gesundheit/Erziehung. Genau das meine ich. Der Wegbruch von Vollzeitarbeitplätzen und Festanstellungen sorgt ganz klar auch für eine finanzielle Benachteiligung. Das Betreuungsgeld lehnen wir ab. Eine Gesellschaft mit einem Grundeinkommen, würde die Position aller Arbeitnehmer stärken, weil sie keinem Druck a la "Ich brauche diesen Job, auch wenn ich unterbezahlt werde" mehr hat. Was Parteien nicht können: In Bewerbungsgesprächen den eigenen Lohn mit dem zukünftigen Arbeitgeber verhandeln. Wer klare Ziele und eine angemessene Ausbildung hat, darf sich selbst nicht unter Wert verkaufen.

3. Frage - "Wie wollen die " Piraten" es auch Geringverdienern oder Arbeitslosengeld-II-Empfängern ermöglichen, in der Stadt wohnen zu dürfen?

3. Antwort - In Lichtenberg gibt es zwar das Bündnis für Wohnen, dass 3000 neue ("sozial verträgliche") Wohnungen schaffen soll, um auch hier der angespannten Situation Herr zu werden. Dennoch sieht die Realität (leider noch) anders aus. Schauen sie in die Gartenstadt Karlshorst. Schauen sie nach Rummelsburg. Im Weitlingkiez wird ebenfalls damit begonnen, Mietwohnungen in Eigentum umzuwandeln. Ob in der Sandinostraße, oder Lückstraße. Neu gebaut wird hier Eigentum.

Problem hier ist, dass bisher der Staat vor allem privaten Wohnungsbau unterstützt hat. Dieser orientiert sich aber nur selten am Bedarf, sondern an Profit und kurzfristigen Renditen.

Wir fordern daher Grundstücke der öffentlichen Hand vorrangig für genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungsbau zu verwenden, sofern die wohnungsnahe Versorgung mit Kitas, Schulen, Spielplätzen sowie Frei- und Erholungsflächen der zukünftigen und derzeitigen Anwohner gewährleistet sind.
Größter Mietpreistreiber im Bestand sind Modernisierungen und die Neuvermietung.
Während Mieter mit bestehendem Mietvertrag durch Bindung an den Mietspiegel noch relativ gut geschützt sind (mit Ausnahme von Modernisierungen), werden bei Neuvermietung mittlerweile enorme Mietpreise verlangt. Neuvermietungspreise sind aktuell an keine Regelung gebunden, die Piraten und natürlich auch ich persönlich wollen hier regulierend eingreifen und Neuvermietungspreise ebenfalls an den Mietspiegel koppeln. Zusätzlich ist mir nicht klar, wieso bei Neuvermietung überhaupt die Miete erhöht werden kann, insofern sich die Ausstattung udn Beschaffenheit der Wohnung nicht verändert hat.

Die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel wollen wir ebenfalls nachbessern, hier soll der Durchschnitt der Miete aller Mietverträge berücksichtigt werden. Unverständlicherweise werden im Mietspiegel aktuell nur Mieten erfasst die in den letzten 4 Jahren geändert worden, d.h. Mieten aus neu abgeschlossenen Verträgen und Mietverträge deren Miete sich geändert hat. Somit liegt bei einer angespannten Wohnungsmarktsituation mit geringem Angebot und starker Nachfrage, die ortsübliche Vergleichsmiete des Mietspiegels deutlich über der tatsächlichen Durchschnittsmiete.

Einen enormen Beitrag zur Verdrängung von Bewohner leisten Modernisierungen, da die Kosten auf die Bestandsmiete umgelegt werden können. Mieter sind verpflichtet Modernisierungsmaßnahmen zu dulden und dann die Kosten dafür zu tragen. Eigentümer steigern durch Modernisierung den Wert ihrer Immobilie und die Kosten tragen die Mieter. Die Piratenpartei hat sich daher zum Ziel gesetzt, dass Modernisierungen, die keine Energieeinsparung bringen gar nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden dürfen.

Wir bekennen uns zur Notwendigkeit von energetischer Sanierung, sehen aber auch hier die Eigentümer in der Verantwortung. "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." (Artikel 14 Absatz (2) des Grundgesetzes) Daher werden wir uns dafür einsetzen, dass bei einer energetischen Sanierung nur die tatsächliche durchschnittliche Energiekosteneinsparung auf die Miete umgelegt werden darf.

Auf der Berliner Landesebene setzt sich die Piratenpartei bereits für ein Zweckentfremdungsverbot von Mietwohnungen, sowie für eine Genehmigungspflicht zur Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnung ein.

https://lqpp.de/be/initiative/show/2347.html - Sozialer Wohnungsbau
https://lqpp.de/be/initiative/show/2535.html - Zweckentfremdung
https://lqpp.de/be/initiative/show/1278.html - Millieuschutzgebiete

Vielen Dank für ihre Fragen Frau Regahl. Ich hoffe, ich habe verständlich geantwortet und ihnen unsere Standpunkte erläutert.