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Frage von Frauke S. •

Frage an David Perteck von Frauke S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

“The End is near. I have no illusions about this regime or its leader, and how he will pluck us and hunt us down one by one till we are over and done with ... This is a losing battle and they have all the weapons …” (Sandmonkey, ägyptischer Blogger)

Mit Entsetzen beobachte ich die staatlich organisierte Gewalt die zurzeit in Ägypten gegen weitgehend friedliche Demonstranten angewendet wird. Es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass hierbei auch Waffen benutzt werden, die durch deutsche Rüstungsbetriebe hergestellt und nach Ägypten geliefert wurden (Vgl.: http://www.tagesspiegel.de/politik/militaerische-dominanz-mit-unseren-waffen/3790440.html ).

Ich möchte Ihnen dazu folgende Fragen stellen:

1. Welche Rolle spielt Hamburg bei der Herstellung und beim Export deutscher Waffen nach Ägypten? Wie viele Waffen, Waffenteile und andere Ausrüstungsteile für Polizei und Sicherheitsdienste Ägyptens wurden in den vergangenen Jahren über den Hamburger Hafen bzw. Flughafen verschifft? Welche Hamburger Betriebe sind direkt oder indirekt in Produktion und Export von Waffen nach Ägypten involviert (auch als Zulieferer oder Dienstleister)? Welche Bedeutung hat dies für die Hamburger Wirtschaft? Wie hoch sind die Steuereinnahmen, welche die Stadt Hamburg daraus bezieht?

2. Wie bewerten Sie die Bedeutung der Rüstungsexporte für die Hamburger Wirtschaft in ethischer Hinsicht? Sehen Sie eine Mitschuld Hamburger Unternehmer an der Etablierung und Stützung der Diktatur in Ägypten oder vergleichbarer Staaten durch Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die staatlichen Sicherheitskräfte?

3. Würde die Hamburger Rüstungsindustrie in wirtschaftlicher Hinsicht von einer Regierungsbeteiligung Ihrer Partei profitieren oder müsste Sie mit Einschränkungen rechnen? Haben Sie ggf. ein Konzept für wirtschaftliche Alternativen?

4. Halten Sie die bisherige Gesetzeslage zur Kontrolle von Rüstungsexporten für ausreichend? Welche Änderungen würden Sie ggf. fordern?

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrte Frau Silbermann,

in der Tat haben deutsche Rüstungsunternehmen über Jahrzehnte hinweg unzählige Waffen und dazu gehörige Rüstungsprodukte an die ägyptische Regierung, ihre Armee, ihre Polizei und ihre Geheimdienste geliefert. Neben den verschiedenartigen Schusswaffen selbst wurden unvorstellbare Massen an Munition, unzählige verschiedene Militärfahrzeuge sowie etwa auch Kommunikationstechnologie zu militärischen, polizeilichen und geheimdienstlichen Zwecken von deutschen Rüstungskonzernen an Ägypten verkauft. Damit haben die Waffenkonzerne die diktatorische Unterdrückung der Bevölkerung ebenso wie die ausgeübte staatliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten mit zahllosen Todesopfern aktiv unterstützt. Dasselbe gilt für alle internationalen Waffenexporte, insbesondere wenn diese an diktatorische Regime und in Krisengebiete erfolgen.

Die Rüstungskonzerne tun dies Hand in Hand und in gemeinsamer Bereicherung mit den etablierten deutschen Parteien: Von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen (GAL) ist seit langem bekannt, dass sie ihre Rüstungspolitik und Kriegspolitik nach den Vorgaben der Waffenlobby und Rüstungsindustrie ausrichten und dafür von diesen mit „Spenden“ und in ähnlichen Formen immer wieder reich ausgezahlt werden. Zum Beispiel haben kürzlich die Hamburger Bundestagsabgeordneten dieser Parteien im Parlament für eine weitere Verlängerung der deutschen Kriegs-Beteiligung am verheerend gescheiterten Afghanistan-Krieg mit vielen tausenden getöteten Zivilisten gestimmt - offensichtlich im Auftrag der Waffenlobby. Im Internetangebot des Deutschen Bundestages finden Sie das Abstimmungsverhalten der Hamburger Bundestagsabgeordneten dokumentiert, durch welches diese sich wiederholt als unbelehrbare Kriegs-„Falken“ und skrupellose Rüstungslobbyisten erweisen.

Zu Ihren einzelnen Fragen:

1. Für detaillierte Antworten auf Ihren ersten Fragenkomplex sollten Sie sich an den verantwortlichen Hamburger Senat sowie allgemein zu deutschen Waffenexporten und daraus erzielten Steuereinnahmen an die dafür verantwortliche Bundesregierung wenden. Die zuständigen Behörden (in Hamburg und im Bund) müssen Ihnen genaue Auskünfte zu Ihren Fragen erteilen.

2. In ethischer Hinsicht sind Rüstungsexporte und daraus erzielte Gewinne für die Hamburger Wirtschaft in keiner Weise zu rechtfertigen. Jedes Unternehmen und jeder Unternehmer, der Waffen und dazugehörige Ausrüstung an die staatlichen Sicherheitskräfte in Ägypten liefert bzw. geliefert hat trägt eine unmittelbare Mitschuld an der Etablierung und Stützung der Diktatur in Ägypten sowie in Hinsicht auf vergleichbare Staaten und Ereignisse. Die politischen Verhältnisse und die gewaltsame und diktatorische Unterdrückung der Bevölkerung in Ägypten sind seit Jahrzehnten sehr genau bekannt. Die westlichen Mächte und ihre Rüstungskonzerne unterstützen jedoch Mubarak und sein diktatorisches Regime seit seiner Machtergreifung vor dreißig Jahren, um dadurch vermeintliche politische und wirtschaftliche Vorteile für ihre eigenen Interessen im nahen Osten zu erzielen. Die Ergebnisse dieser verfehlten und verantwortungslosen Außenpolitik - auch und insbesondere der USA und der BRD - waren lediglich Unterdrückung der Bevölkerung, Korruption und Bereicherung der Machthaber sowie horrende Gewinne für die deutsche und internationale Rüstungsindustrie.

3. Die Rüstungsindustrie und damit verbundene Wirtschaftszweige profitieren auch in Hamburg seit Jahrzehnten von den wechselnden Regierungen der etablierten Parteien. Mit CDU, SPD, FDP und GAL wird der Waffenlobbyismus genauso weitergehen wie unter ihrer jeweiligen bisherigen Regierungsbeteiligung. Dafür werden die „Spenden“ und sonstigen Gefälligkeiten der Waffenkonzerne und die Verflechtungen zwischen diesen Parteien und der Waffenindustrie auch weiterhin sorgen. Durch die Regierungsbeteiligung der Linken in einigen Bundesländern und ihre Fraktionen in Landesparlamenten sowie im Bundestag hat sich ebenfalls nicht das Geringste gegen die Waffenlobby getan. Denn auch die Linke fürchtet um Gelder und Wählerstimmen aus der Rüstungsindustrie und der Waffenlobby - z.B. auch aus einflussreichen Schützenvereinen -, weshalb die Linke beim Waffenlobbyismus freudig mitwirkt und mitkassiert sowie gezielt auf Wählerstimmen aus der Waffenlobby setzt.

Aus den Antworten der anderen Parteien auf Ihre Fragen ersehen Sie, wie unglaubwürdig sie mit diesem Thema umgehen und wie leicht sie etwa gegenseitig nachgewiesene Waffenlobbyisten in den gegnerischen Parteien anführen können. Die Vertreter der etablierten Parteien sind jedoch allesamt Handlanger der Waffenlobby.

4. Die bisherige Gesetzeslage zur Kontrolle von Rüstungsexporten ist alles andere als ausreichend und eines demokratischen Rechtsstaates nicht würdig. Hamburg und Deutschland sollten sich vielmehr für Menschenrechte und Frieden in der ganzen Welt einsetzen. Damit kann tödlicher Waffenhandel niemals in Einklang sein.

Ich bin für ein Verbot von Waffenexporten und eine Einschränkung der Waffenproduktion im eigenen Lande. Waffenexporte müssen verboten werden, weil niemals sichergestellt ist, für welche Kriegsverbrechen und anderen Menschenrechtsverletzungen die Waffen eingesetzt werden. In der Bundesrepublik darf höchstens noch eine geringe Anzahl an Waffen für die Polizei und die Bundeswehr produziert und unter strengsten Auflagen und staatlichen Kontrollen gehandelt und von Polizei und Bundeswehr gelagert werden. Jegliche Waffenexporte sowie Waffenproduktion und Waffenhandel zum privaten Gebrauch lehne ich ganz konsequent ab. Waffen werden produziert und verkauft, um damit Menschen zu töten, zu verletzen und an vielen Orten der Welt die Bevölkerung zu unterdrücken und einzuschüchtern.

Die derzeitigen Ereignisse in Ägypten und der friedliche Ruf der Bevölkerung nach Freiheit von der Diktatur, nach Demokratie und Menschenrechten sollten uns allen eine Lehre sein. Sie sollten dazu anregen, die politische und wirtschaftliche Unterstützung für unmenschliche Regime und Diktaturen endlich einzustellen und dies von den bisher verantwortlichen Politikern nachdrücklich einzufordern. Der skrupellose Waffenhandel und die tödlichen Waffenexporte aus Deutschland müssen aufhören und konsequent verboten werden. Unter den etablierten Parteien exportiert Deutschland derzeit jedoch mehr Waffen als jemals zuvor in alle Welt.

Die ÖDP nimmt hingegen als einzige bundesweit agierende Partei keine Konzernspenden und somit auch keine Gelder von der Waffenindustrie an. Wir fordern ein Verbot von Konzernspenden an Parteien, damit politische Amts- und Mandatsträger unabhängig entscheiden und handeln können. Damit wäre es vermutlich niemals zu dem derzeitigen Waffenlobbyismus oder etwa auch zu dem katastrophalen Atom- und Kohlelobbyismus gekommen, der die etablierte Politik in Hamburg und Deutschland beherrscht und dabei dem Grundgesetz widerspricht.

Dem Volk von Ägypten und allen die sich dort und andernorts für Demokratie und Frieden einsetzen gelten angesichts der dramatischen Ereignisse meine besten Wünsche.

Mit freundlichen Grüßen,

David Perteck