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Daniela Kolbe
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Frage von Sandra C. •

Frage an Daniela Kolbe von Sandra C. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Kolbe,
in der Abstimmung zum generellen Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen haben sie mit "dagegen" gestimmt. Können sie erklären was sie dazu bewogen hat? So viele sinnlose Tote (jeder einzelne ist einer zu viel, egal ob die Zahlen sinken oder steigen) & so viele sinnlos rausgeblasene Tonnen CO2 (laut ADAC mit PKW Flotte von 2019, 2 Mio t/Jahr), finden sie das Zeitgemäß? Kein Mensch muss dringend schneller Fahren! Nie, nichtmal Nachts oder wenn Platz ist.. Warum haben sie trotzdem dagegen gestimmt?
Gruß und sichere Fahrt.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau C.,

herzlichen Dank für Ihre Nachricht zur Abstimmung über ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen in Deutschland. Sie haben mit Ihrer Forderung Recht, auch meine Partei, die SPD, hat bereits 2007 einen entsprechenden Beschluss für ein Tempolimit gefasst. Leider wird diese Meinung aber nicht von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geteilt. Er hat eine aufkeimende Diskussion in den entsprechenden Fachgremien darüber Anfang des Jahres unverzüglich beendet und damit eine auch mir unverständliche rote Linie gezogen.

Allerdings stimmen wir als SPD-Abgeordnete in der Regel gegen Anträge der Opposition, selbst wenn wir sie inhaltlich unterstützen. Das liegt an einer Regelung im Koalitionsvertrag: „Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“ Ich bin kein Fan dieser Vereinbarung aber sie ist auch die Garantie dafür, dass die Unionsabgeordneten nicht mehrheitlich für Anträge der FDP oder AfD stimmen, obwohl sie inhaltlich damit übereinstimmen mögen. Aus diesem Grund haben wir als SPD-Fraktion gegen den Antrag der Grünen zum Tempolimit gestimmt.

Dennoch gibt es auch aus meiner Sicht nur Argumente für ein allgemeines Tempolimit:

Derzeit sind etwa 70 Prozent aller Bundesautobahnen (BAB) ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Im Jahr 2018 ereigneten sich auf allen BAB 20.537 Unfälle mit Personenschaden. Dabei starben 383 Personen. Die Unfallzahlen stagnieren seit Jahren. Eine genaue Prognose der Effekte eines allgemeinen Tempolimits auf die Unfallzahlen ist zwar nicht möglich, allerdings gibt es klare Hinweise auf einen positiven Effekt eines allgemeinen Tempolimits auf die Verkehrssicherheit. So kommt eine Untersuchung des Landes Brandenburg aus dem Jahr 2007 zu dem Ergebnis, dass die Einführung eines Tempolimits auf der A24 zwischen Wittstock/Dosse und Havelland eine effektive Reduktion der Unfallzahlen von 26,5 Prozent bewirkt habe. Ähnliche Effekte seien auch in Nordrhein-Westfalen zu beobachten gewesen.

Diese Zahlen lassen sich zwar nicht ohne weiteres auf das Gesamtnetz der Autobahnen übertragen, da die Effekte eines nicht nur streckenabschnittsweise-begrenzten Tempolimits nicht kalkuliert werden können. Dennoch gehen seriöse Schätzungen davon aus, dass ein allgemeines Tempolimit die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten um 80 bis 140 Fälle reduzieren könnte. Fakt ist, dass 42 Prozent aller schweren Unfälle auf Autobahnen sogenannte Geschwindigkeitsunfälle sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl der schweren Unfälle stark rückläufig wäre, ist damit hoch. Neben der Zahl der Getöteten ist auch die Zahl der Schwerverletzten durch Unfälle auf Bundesautobahnen ein wichtiger Faktor, der durch die Geschwindigkeitsbegrenzung reduziert werden könnte.

Festzustellen bleibt, dass keine Studie bislang zu dem Ergebnis gekommen ist, ein Tempolimit hätte insgesamt negative Effekte auf die Unfallzahlen. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Tempolimit in jedem Fall positive Effekte auf die Unfallzahlen hätte.

Auch mit Blick auf den Klimaschutz ist ein großes Einsparpotential von CO2-Emmissionen zu erwarten. Der Kraftstoffverbrauch hängt exponentiell mit der Geschwindigkeit zusammen. Ein Pkw verbraucht bei 160 km/h bis zu 35 Prozent Kraftstoff mehr als bei 130 km/h. Die AG1 der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität kommt zu dem Schluss, dass 1,2 Mio Tonnen CO2 eingespart werden könnten, der ADAC spricht sogar von „bis zu 2 Millionen Tonnen“ - und all dies, ohne nennenswerte Kosten. Gemessen am Gesamtvolumen der angestrebten Minderung im Verkehrssektor bis 2030 von ungefähr 60 Mio. Tonnen wäre dies ein erheblicher Beitrag.

Ich kann Ihnen versichern, dass sowohl meine Fraktion und auch ich mich persönlich für ein allgemeines Tempolimit einsetzen werden. Ohne die Unionsparteien wird es in dieser Legislaturperiode allerdings keine Mehrheit für ein Tempolimit geben können, da auch FDP und AfD dagegen sind. Das hat auch das Ergebnis der Abstimmung gezeigt: Auch mit den Stimmen der SPD wäre der Antrag nicht angenommen worden. Deshalb möchte ich Ihnen empfehlen, sich mit Ihrem Anliegen auch direkt an die Abgeordneten von CDU und CSU zu wenden.

Mit freundlichen Grüßen
Daniela Kolbe