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Frage von Hans C. •

Frage an Daniela Kolbe von Hans C. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Kolbe,

Besteht für Sie persönlich eine Schutzpflicht des Staates vor einem qualvollen Tod von Menschen?

Am 16. und 17. April verhandelte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts über sechs Verfassungsbeschwerden gegen Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs, der seit Ende 2015 die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt.

Das Recht auf Sterben, die Bitte um Hilfe, ist bei sorgfältiger Abwägung stärker zu gewichten als die Befürchtung von der Beeinflussung von außen. Eine persönliche Entscheidung kann daher in einer so wichtigen Frage respektiert werden.

Schwerstkranke wollen mit dem Antrag auf Zuteilung von Natrium-Pentobarbital für die Selbsttötung bereit sein.

"Das Leben mit einer unheilbaren Krankheit auszuhalten - von "meistern" kann schon gar keine Rede sein -, ist für die Betroffenen schwerer als für Angehörige und andere Helfende."
"Die Order vom Gesundheitsministerium, Anträge abschlägig zu bescheiden, soll auch verhindern, dass die erste Herausgabe des Mittels eine Lawine von weiteren Anträgen auslöst. Noch mögen es knapp über hundert Menschen sein, dann könnten Tausende folgen, so die Argumentation." https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/sterbehilfe-warum-ich-gern-natrium-pentobarbital-haette-a-1262914.html

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich persönlich bin aufgeschlossen, den assistierten Suizid zu lockern. Das Recht auf Selbstbestimmung ist sogar in unserer Verfassung verankert (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz). Meiner Meinung nach hat der Gesetzgeber damals den Fokus zu sehr auf den Lebensschutz gegenüber der Selbstbestimmung gerichtet. Man hatte laut Gesetzesbegründung die Befürchtung, eine gesellschaftliche Akzeptanz des Suizids würde Druck auf alte und kranke Menschen ausüben, niemandem „zur Last zu fallen“. Oft wurde auch vor einem sog. „Dammbruch“ der Sterbehilfe gewarnt. Beides ist in meinen Augen unbegründet und geht zumal am Ziel vorbei. Zumindest Ärzten sollte es erlaubt sein, den selbstbestimmten Suizid zu unterstützen, sie sollten also nicht in § 217 StGB einbegriffen sein.
Mit § 216 StGB verhält es sich meiner Meinung nach ähnlich. Sicherlich ist die Hemmschwelle, sich eine Spritze geben zu lassen, die zuerst nur ein Schlafmittel enthält, niedriger als das Selbsteinnehmen von tödlichen Tabletten. Jedoch kann ich mir vorstellen, dass ausschlaggebend für eine Fremdtötung durch einen Arzt eher das Sicherheitsgefühl ist anstatt der Unsicherheit über den eigenen Lebenswillen. Ein Arzt kann nämlich dann den Todesverlauf beaufsichtigen und eingreifen, falls etwas schief laufen sollte. In Fällen der selbstständigen Tabletteneinnahme durch den Patienten dürfte er nämlich nicht anwesend sein, da er sich sonst unter Umständen wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen würde.
All das muss dann aber an strenge Voraussetzungen geknüpft sein, sodass wirklich terminal kranken Menschen ein würdevoller Tod ermöglicht werden kann und keine unüberlegten Entscheidungen getroffen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Daniela Kolbe