Daniel Ansorge
ÖDP
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Frage von Viktoria O. •

Frage an Daniel Ansorge von Viktoria O. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Ansorge,

die Gesundheitspolitik ist eine ewige Baustelle. Bitte teilen Sie mir Ihre Position zu einer gerechten und bezahlbaren Gesundheitspolitik mit. Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
Viktoria Oks

Antwort von
ÖDP

Sehr geehrte Frau Oks,

dieses Thema brennt mir als Mediziner natürlich selber schon lange unter den Nägeln. Leider ist es meistens so, dass ein gerechtes Gesundheitssystem in starkem Maße von einem bezahlbaren Gesundheitssystem abhängig ist. Man muss aber gleich vorneweg sagen, dass jede Reform des Gesundheitswesens langfristig zu sehen ist, um seine volle Wirkung entfalten zu können. Ich habe meine persönlichen 3 Punkte, von denen ich glaube, dass sie unser System wieder sanieren können.

1. Ein äußerst wichtiger Faktor, der leider viel zu sehr vernachlässigt wird, ist die Vorbeugung. Die Volkskrankheiten heutzutage sind ganz klar Bluthochdruck, Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall und Arteriosklerose. Durch meine Arbeit im Rettungsdienst kann ich das auch persönlich bestätigen. Das sind aber zu großen Teilen vermeidbare Krankheiten, deren Siegeszug erst durch unseren Lebenstil in der Wohlstandgesellschaft Einzug gehalten hat. Falsche Ernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht, Rauchen und Alkohol verursachen immense Kosten, die in hohem Maße reduzierbar wären. Allein durch das Rauchen entstehen jährlich Kosten von etwa 40 Milliarden €. Hier muss man den Hebel mit breit angelegten Kampagnen ansetzen. Am Besten wäre es, schon im Kindergarten und in der Schule den Kindern das wichtigste über eine ausgewogene Ernährung beizubringen. Gleichzeitig sollte man mit Werbeverboten jeglichen schädlichen Einfluss auf die Kinder ausschließen, z.B. die Tabakwerbung, was in den meisten EU-Ländern ja bereits praktiziert wird. Auch eine Erhöhung der Tabaksteuer lehne ich nicht ab. Insgesamt braucht es kleine, aber dafür viele Maßnahmen, um einen langfristigen Erfolg erwarten zu können.

2. Ein mir im Gedächtnis gebliebener Spruch heißt: Wer heilt, hat Recht. Leider beansprucht meistens die Schulmedizin allein den Status der "Rechthaberseite". Mir persönlich ist es eigentlich ziemlich egal, ob für den Behandlungserfolg ein Placebo, ein übliches Medikament oder der Heilpraktiker um die Ecke verantwortlich ist, was zählt, ist das Ergebnis. Wir sollten nicht so blauäugig sein, und alle anderen alternativen Behandlungsmethoden als Spinnereien abwerten, das wäre mehr als arrogant. Leider muss man die meisten Therapien dieser Art immer noch aus eigener Tasche bezahlen, was mittlerweile schon zu einer Art Zwei-Klassen-Medizin geführt hat. Da muss sich etwas ändern. Erwiesen wirksame Behandlungsmethoden sollten auch von den Kassen übernommen werden, auf diese Weise lässt sich als angenehmer Nebeneffekt unheimlich viel Geld und Zeit sparen.

3. Dieser Punkt bezieht sich auf die Finanzierung. Momentan ist es so: Die Beitragszahler zahlen alle in einen Topf und dieses Geld wird an die Beteiligten Gruppen im Gesundheitssystem verteilt, also Ärzte, Krankenhäuser, Apotheker, Pharmaindustrie etc. Von anderen schwachsinnigen Maßnahmen wie Gesundheitsfonds oder Praxisgebühr will ich hier ja gar nicht reden. Aus diesem Topf will natürlich jeder einen entsprechenden Anteil abbekommen, er lebt ja schließlich davon. Meines Erachtens kassiert die Pharmaindustrie aber bei weitem das größte Stück des Kuchens. Ich finde es sehr bedenklich, wenn sich die Leute, auf die wir im Leben alle mal angewiesen sind (z.B. Krankenschwestern), schwer tun, sich in Großstädten eine Wohnung zu leisten und große Pharmakonzerne jedes Jahr Millliarden an Gewinnen einfahren. Wenn ich nun also die Qualität der Versorgung nach oben schrauben möchte, dann sollte ich den wirklichen Leistungsträgern dieses Systems, also den Krankenschwestern, Pflegern, Rettungsassistenten, Arzthelfer/innen usw. etwas mehr zukommen lassen, denn diese erbringen ja die wirkliche Arbeit am Patienten. Dafür muss die Pharmaindustrie aber natürlich ein Stück des Kuchens abgeben, was sie natürlich freiwillig niemals machen wird. Hier gilt es, an vielen kleinen Schrauben per Gesetzen zu drehen. Ich bin absolut dagegen, dass für ein Medikament ein neues Patent angemeldet wird, das dann teuer vermarktet wird, obwohl der eigentliche Wirkstoff überhaupt nicht verändert wurde. Das ist nur ein Beispiel von vielen, wie man langfristig wieder mehr Geld einsparen könnte. Trotzdem werden die Pharmakonzerne noch einen guten, nur halt etwas kleineren, Gewinn machen. Wenn man hier nicht endlich Fakten schafft, wird sich der Trend zur Zwei-Klassen-Medizin noch schneller vollziehen, als wir es bisher erleben.

Ich hoffe, ich konnte ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen,

Daniel Ansorge