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Claudia Tausend
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Frage von Thomas P. •

Frage an Claudia Tausend von Thomas P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Anfang dieses Jahres (21.02.2017) wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) durch die große Koalition im Bundestag verändert. Mit dieser Änderung haben sich verschiedene Teilnehmer des Diskurses kritisch auseinander gesetzt, z.B. die ZDF Kabarettsendung 'Die Anstalt' von 16.05.2017 (nachzusehen z.B. bei Youtube). Für den Hintergrund stellen die Macher der Sendung einen sogenannten 'Faktencheck' als PDF zur Verfügung.

'Die Anstalt' hat dabei massive Vorwürfe gegen das Gesetz erhoben, u.a.

* Wurde die Vereinbarkeit des Gesetzes mit den Vorgaben der EU (Richtlinie für Leiharbeit) in Frage gestellt
* Betroffenen geraten, sich einer Klage vor dem EuGH von Prof. Wolfgang Däubler anzuschließen
* Bemängelt, dass das Gesetz im Ganzen nicht zu 'Equal-Pay' führt, sondern statt dessen - durch Schaffung einer Vielzahl von Ausnahmetatbeständen - 'Equal-Pay' sogar verhindert.
* Die Öffnungsklausel für die Tarifparteien scharf kritisiert. (Mit Unterstützung der IG Metall ist es so z.B. möglich geworden, die Leiharbeitzeit sogar auf 48 Monate zu verlängern!)

Da sie in der fraglichen Zeit dem Bundestag angehört haben, würde ich gerne wissen, warum sie für das Gesetz gestimmt haben.

Ferner würde mich folgendes interessieren:

* Welche Grundsätze für die Bezahlung von Leiharbeit sollen gelten? Was ist mit 'Equal-Pay'? Wie soll das erhöhte Risko von Leiharbeitern, nicht weiter beschäftigt zu werden, finanziell ausgeglichen werden?
* Wie verträgt sich die unterschiedliche Bezahlung derselben Tätigkeit mit dem Leistungsgedanken in unserer Gesellschaft?
* Wie soll sich der Markt zur Arbeitnehmerüberlassung in den nächsten Jahren weiter entwickeln? Soll er - wie in den letzten Jahren - weiter wachsen? Oder soll er stärker eingeschränkt werden? Durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen soll das erreicht werden?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr P.,

das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wurde zusammen mit den Sozialpartnern verhandelt und mit unserem Koalitionspartner abgestimmt. Mit diesem erreichen wir deutliche Verbesserungen und beschränken Leiharbeit wieder auf ihre Kernfunktion, nämlich Auftrags- und Urlaubsspitzen abzufedern: Gleicher Lohn nach spätestens neun Monaten, es gilt eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten und Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer dürfen nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden. Trotz unserer eigentlich deutlich weitergehenden Vorstellungen muss man festhalten: Mehr war mit CDU und CSU nicht zu machen, die Blockaden und Widerstände auf Unionsseite hinsichtlich der Interessen der arbeitenden Menschen war stärker als beim Mindestlohn.

Für mich ist das AÜG ein wichtiger Schritt und der Kompromiss, den wir mit diesem Koalitionspartner aushandeln konnten. Aber das reicht uns nicht. Unser Ziel ist, dass Leiharbeit vom ersten Tag an genauso vergütet wird wie in der Stammbelegschaft. Davon darf nur durch repräsentative Tarifverträge abgewichen werden. Die Koppelung eines Leiharbeitsverhältnisses an einen Arbeitseinsatz (Synchronisation) soll unzulässig sein. Wir werden die Mitbestimmung der Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen deutlich ausbauen. Den Missbrauch von Werkverträgen werden wir bekämpfen. Mit der Union war und ist das alles nicht zu machen.

Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend

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