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Claudia Tausend
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Frage von Markus S. •

Frage an Claudia Tausend von Markus S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Tausend,

am 10.12.2008 wurde eine Petition elektronisch eingereicht, in der die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens gefordert wird. Diese wurde am 17.02.2009 durch 52.973 Zeichnungen in die parlamentarische Prüfung gesendet.

Wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen?
Wie setzen Sie sich dafür ein?

Sie werden verstehen, wenn ich diese Frage auch Ihren Mit-Konkurrenten um meine Stimme stelle!

Für Ihre Mühe besten Dank

Mit freundlichem Gruß

Markus Schmidt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmidt,

Sie haben mich um Stellungnahme zum Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens gebeten. Gerne komme ich dieser Aufforderung nach. Ohne auf die unterschiedlichen Modelle des von vielen Seiten diskutierten bedingungslosen Grundeinkommens eingehen zu können, habe ich hierzu einige kritische Anmerkungen:

Die Erwartung an ein bedingungslosen Grundeinkommen richtet sich darauf, die zweifellos bestehende Armutsproblematik in unserer an sich reichen Gesellschaft dauerhaft zu lösen. Eine Grundvoraussetzung hierfür wäre eine bedarfsgerechte Ausgestaltung eines Grundeinkommens. Allein hier ergeben sich bereits recht unterschiedliche Einschätzungen. Manche fordern eine Höhe oberhalb des derzeitigen Hartz IV Regelsatzes, andere fordern ein Grundeinkommen in der Nähe des Mindestlohnes. In jeden Fall stellt sich aber die Frage der Finanzierung.

Für den Fall, dass zur Gegenfinanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens alle derzeitigen Sozialtransferleistungen zusammengefasst werden sollten, wäre eine Orientierung des Bedarfs im Einzelfall nicht mehr gegeben. Für manche Menschen in speziell schwierigen Lebenslagen würde sich damit ihre individuelle Situation sogar verschlechtern.

Da ein bedingungsloses Grundeinkommen Erwerbsarbeit nicht überflüssig machen würde und auch weiterhin Güter und Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden müssen, wird auf Arbeit als solche nicht verzichtet werden können. Um die Arbeitsaufnahme weiterhin attraktiv zu machen, müsste ein demnach Grundeinkommen relativ niedrig angesetzt werden. Damit bestünde die Gefahr, dass die Spaltung der Gesellschaft noch vertieft wird. Dies ist sicher nicht die Zielsetzung der Befürworter.

Daneben stellt sich generell die Frage, ob das Sozialstaatsgebot und die soziale Verantwortung einer Gesellschaft nicht über rein monetäre Transferleistungen hinausgehen sollten. Viele Menschen brauchen die Begleitung, Hilfe und Unterstützung sozialer Dienste und ihrer vielfältigen Angebote. Armut und Exklusion haben breitere Ursachen als ein zu niedriges Einkommen.

Als Sozialdemokratin hat für mich Arbeit auch noch andere Aspekte als den reinen Einkommenserwerb. Geld allein genügt eben nicht. Arbeit ist für uns der Schlüssel zur Integration in unsere Gesellschaft, weshalb wir nach wie vor die Vollbeschäftigung anstreben. Gute und anständig bezahlte Arbeit bietet auch die Chance zur Selbstentfaltung, weshalb wir ein Recht auf Arbeit fordern und diese nicht abschaffen wollen.

Zum Abschluss meine ich, dass das bedingungslose Grundeinkommen wichtige Diskussionen angestoßen hat. Eine Umsetzung wirft aber zahlreiche neue, für mich noch nicht zufriedenstellend gelöste Fragen auf.

herzliche Grüße,
Claudia Tausend

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