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Frage von Nils J. •

Frage an Christoph Bayer von Nils J. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Bayer,

ich wende mich an Sie als Bildungspolitischen Sprecher Ihrer Fraktion.

Die grün-rote Landesregierung hat am 20. März 2012 einen Gesetzentwurf zur Einführung der "Gemeinschaftsschule" in den Landtag eingebracht ( http://www.landtag-bw.de/WP15/Drucksachen/1000/15_1466_d.pdf ). Nach diesem Gesetzentwurf soll im Schulgesetz künftig stehen:

"Die Gemeinschaftsschule wird als christliche Gemeinschaftsschule nach den Grundsätzen der Artikel 15 und 16 der Landesverfassung geführt."

Wie ist dieser Passus Ihrer Meinung nach mit der grundgesetzlich garantierten Trennung von Staat und Kirche vereinbar? Wie sollen Eltern, die nicht einer der christlichen Glaubensrichtungn anhängen, Ihrer Meinung nach ihre Kinder in einer "christlichen Gemeinschaftsschule" willkommen wissen?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Nils Jena

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Jena,

Vielen Dank für Ihre Frage die ich gerne wie folgt beantworten möchte.
Der Artikel 15 und 16 der LV gilt für die öffentlichen Grund- und Hauptschulen. Die von der Landesregierung geförderte Gemeinschaftsschule kann auch an diesen Schularten eingeführt werden. Damit beginnt das Dilemma.
Wollte die Landesregierung das Wort „Christliche“ aus dem Schulgesetz streichen müsste sie die Landesverfassung ändern - für eine Verfassungsänderung ist jedoch eine 2/3 Mehrheit notwendig. Auch die Kirchen würden mit einer blockierenden Klage den neuen Gesetzentwurf zur Einführung der Gemeinschaftsschule ohne den Passus „Christliche Gemeinschaftsschule“ versuchen zu verhindern.

Es geht nicht darum die Schulen auf eine bestimme Religion auszurichten oder den christlichen Kirchen einen besonderen Zugriff auf die Schulen zu ermöglichen. Vielmehr sollen mit dieser Einigung gerade auch für die muslimischen Schüler bessere Integrationsmöglichkeiten geschaffen werden. Der Terminus „christliche Gemeinschaftsschule“ mag auf den ersten Blick als eine missionarische Aufdringlichkeit erscheinen. Wenn darauf hingewiesen wird, dass das von der Landesverfassung zugrunde gelegte badische Simultanschulrecht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weiterentwickelt werden soll, ist das für die Gemeinschaftsschule ein gangbarer Weg.
In der Sache selbst besteht daher offenbar kein Dissens: Das Badische Simultanschulrecht ist auf die heutige Situation übertragbar. Das Kultusministerium hat vor, in einer Bekanntmachung zu verdeutlichen, dass es um die Weiterentwicklung des badischen Simultanschulrechts geht, in der alle Religionsgemeinschaften gleichberechtigte Partner des Staates sind.

Artikel 15
(1) Die öffentlichen Volksschulen (Grund- und Hauptschulen) haben die Schulform der christlichen Gemeinschaftsschule nach den Grundsätzen und Bestimmungen, die am 9. Dezember 1951 in Baden für die Simultanschule mit christlichem Charakter gegolten haben.
(2) Öffentliche Volksschulen (Grund- und Hauptschulen) in Südwürttemberg-Hohenzollern, die am 31. März 1966 als Bekenntnisschulen eingerichtet waren, können auf Antrag der Erziehungsberechtigten in staatlich geförderte private Volksschulen desselben Bekenntnisses umgewandelt werden. Das Nähere regelt ein Gesetz, das einer Zweidrittelmehrheit bedarf.
(3) Das natürliche Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mitzubestimmen, muß bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens berücksichtigt werden.
Artikel 16
(1) In christlichen Gemeinschaftsschulen werden die Kinder auf der Grundlage christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte erzogen. Der Unterricht wird mit Ausnahme des Religionsunterrichts gemeinsam erteilt.
(2) Bei der Bestellung der Lehrer an den Volksschulen ist auf das religiöse und weltanschauliche Bekenntnis der Schüler nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen. Bekenntnismäßig nicht gebundene Lehrer dürfen jedoch nicht benachteiligt werden.
(3) Ergeben sich bei der Auslegung des christlichen Charakters der Volksschule Zweifelsfragen, so sind sie in gemeinsamer Beratung zwischen dem Staat, den Religionsgemeinschaften, den Lehrern und den Eltern zu beheben.

Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen damit zufriedenstellend beantworten.

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Bayer, MdL