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Christine Scheel
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Frage von Andreas L. •

Frage an Christine Scheel von Andreas L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Frau Scheel,

Das von der Bundesregierung ausgehandelte Abkommen mit der Schweiz schützt Steuersünder durch den nachfolgend fettgedruckten Satz, der Bestandteil des Abkommens ist, vor der Strafverfolgung in Deutschland.

„Beteiligte an einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit, die vor Unterzeichnung dieses Abkommens begangen wurde, werden nicht verfolgt",

Dies stellt m.E. eine Art Ablasshandel mit Steuerhinterziehern dar und der Saat leistet damit quasi Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Wie moralisch verwahrlost ist eine Gesellschaft und deren Justiz, die keine Skrupel hat die Vernichtung von Existenzen für rechtens zu erklären, ( siehe: die bekannten Entlassungen von Arbeitern/innen und Angestellten wegen geringfügiger Verfehlungen am Arbeitsplatz) und die dieses Gesetz sicher ohne Bedenken anwenden würde und wohl auch müsste. Ich hätte gerne gewusst, wie Ihrer Haltung zu diesem Gesetz ist, ob Sie dies unterstützen oder ob Sie dies für nicht Verfassungskonform halten.

Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Lehnert

Portrait von Christine Scheel
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lehnert,

vielen Dank für Ihre Frage nach dem geplanten Steuerabkommen mit der Schweiz. Das Steuerabkommen ist ein Freifahrtschein für die Schweizer Banken, denen der Vollzug der Regelungen anvertraut wird. Damit verlässt man sich auf diejenigen, die kein Interesse an einer konsequenten Durchsetzung der Besteuerung von deutschem Geld in der Schweiz haben. Aufgrund der weiterhin geltenden Anonymität besteht für die deutschen Finanzbehörden keine Möglichkeit der Überprüfung der rechtmäßigen Abführung von Steuern auf das Altgeld sowie auch der Abgeltungsteuer für die Zukunft. Die Bundesregierung verfolgt die falsche Strategie zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Anonymität erschwert nicht die Steuerflucht, sondern erleichtert sie. Anonymität führt zu einer faktischen Amnestie der Steuerhinterzieher.

Das anvisierte Steueramnestieabkommen ist das glatte Gegenteil von Steuergerechtigkeit. Gleich in mehrfacher Hinsicht werden Gleichheitsgebot und Rechtstaatlichkeit in Frage gestellt. Wer bis heute sein Schwarzgeld in der Schweiz liegen hat, wird legalisiert und gegenüber den ehrlichen Steuerzahlern bessergestellt. Die Steuersünder genießen auch einen Vorteil gegenüber Selbstanzeigern, die höhere Steuern nachzahlen müssen, als auch gegenüber Menschen, die das gleiche Vergehen in einem anderen Staat begangen haben. Das Abkommen erschwert zudem alle Versuche, in Zukunft in Deutschland eine gerechtere Besteuerung von Kapitaleinkünften durchzusetzen, da weiterhin die Ausweichmöglichkeit Schweiz bestünde.

Schließlich unterläuft die Bundesregierung sämtliche Bemühungen auf EU-Ebene, konsequent mit einem Informationsaustausch gegen Steuerhinterziehung vorzugehen. Statt wie die USA wirklich Druck auf die Schweizer Banken auszuüben, gibt sich die Bundesregierung mit einer Lösung zufrieden, die Steuerhinterziehern eine Amnestie einräumt und sie auch in Zukunft besser stellt gegenüber ehrlichen Steuerzahlern in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel