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Christine Scheel
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Frage von Olaf L. •

Frage an Christine Scheel von Olaf L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Scheel,

da ich meine Entscheidung zur Zweitstimme zum 17. Bundestag bereits feststeht und ich meine Erststimme nicht verschenken möchte, darf ich mir erlauben einige Fragen zu Ihrem bisherigen Abstimmungsverhalten zu stellen.

1) Weshalb haben Sie sich bei einem Kernthema Ihrer Partei, dem Emissionshandel, nicht an der Abstimmung beteiligt? Wenn Sie sich beteiligt hätten, wie hätte Ihre Entscheidung ausgesehen?

2) Weshalb haben Sie sich bei der Verabschiedung des (sinn- und wirkungslosen) Gesetzes zur Internetzensur der Stimme enthalten?

3) Weshalb haben Sie an Angehörige einer grundsätzlich pazifistischen Partei mehrfach für Kriegseinsätze der Bundeswehr oder sich neutral positioniert gestimmt (z.B. AWACS-Einsatz, Tornadoeinsatz, Libanon)? Sollten Sie der Meinung sein, die militärischen Engagements der BW sind keine Kriegseinsätze: können Sie mir erläutern, wo Ihrer Meinung nach ein Kriegseinsatz anfängt?

Vielen Dank für Ihre Antworten vorab,
Olaf Lang

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lang,

vielen Dank für Ihre Fragen.

1)Ich hätte beim Emissionshandel mit meiner Fraktion gegen den Gesetzentwurf der Großen Koalition gestimmt, denn der ist viel zu kohlefreundlich und außerdem stehe ich für das Ziel ab 2013 100 Prozent der Zertifikate zu versteigern, und zwar nicht nur deshalb, weil das ökologisch besser ist , sondern auch deshalb, weil die derzeitige Zuteilungspraxis dem Lobbyismus Tür und Tor öffnet.

2) In vielen Punkten teile ich die kritische Bewertung des Gesetzentwurfs zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen: Er erfüllt die Kriterien des Rechtsstaats nur unzureichend, der Datenschutz ist nicht hinreichend gewährleistet und er birgt die Gefahr, dass unsere Medienordnung aus der Balance gerät.
Schwere Bedenken hat auch der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung geäußert, der die ihm zugedachte Aufgabe als wesensfremd für sein Amt einstufte. Das Gesetz ist zudem technisch unzureichend, nicht sachgerecht und zu wenig spezifisch auf die Notwendigkeiten im Kampf gegen Kinderpornographie und sexuelle Ausbeutung von Kindern in Kommunikationsnetzwerken ausgerichtet. Dennoch sage ich ganz klar: Kinderpornographie im Internet ist mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen. Auch ausländische Seiten mit kinderpornographischem Inhalt müssen konsequent aus dem Internet entfernt werden, so wie dies bereits mit deutschen Seiten nach rechtsstaatlichem Verfahren geschieht. Es kann auch gute Gründe geben, Internetseiten mit Kinderpornographie zu sperren. Mein Ziel ist die Löschung solcher Seiten und wenn dies nicht möglich ist, den Zugang zu sperren: Kinderpornographie fügt den betroffenen Kindern schwerste Verletzungen zu und traumatisiert sie oftmals fürs Leben. Das dürfen wir nicht zulassen!

3)Da ich mich aus humanitären Gründen weder für einen Sofortabzug der bewaffneten deutschen Streitkräfte aus Afghanistan aussprechen kann, noch mit der unausgewogenen Politik der Bundesregierung und der Militärlastigkeit des Ansatzes der Bundesregierung einverstanden bin, habe ich mich zu diesbezüglichen Anträgen der Bundesregierung enthalten. Angesichts der insgesamt negativen Entwicklungen der Sicherheitslage vor Ort brauchen wir einen kritischen Umgang mit der NATO-Strategie. Schon seit 2006 wollen wir Grünen OEF wegen fehlender völkerrechtlicher Legitimation und der kontraproduktiven Wirkungen beenden. Statt dessen propagiert die Bundesregierung ein "weiter so", sie führt diese Diskussion nicht – selbst dann nicht als mit Obama ein Neuanfang in der US-amerikanischen Afghanistanpolitik deutlich wird.
Ich setze mich für eine Evaluierung des zivil-militärischen Engagements ein. Um Entwicklungen bewerten zu können und einen verantwortbaren Abzug zu ermöglichen, braucht man überprüfbare Ziele. Dringend benötigt und bis heute nicht stattgefunden hat eine Evaluierung bzw. Bilanzierung des gesamten deutschen Einsatzes.

Mit freundlichen Grüßen

Christine Scheel