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Christine Scheel
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Frage von Manfred B. •

Frage an Christine Scheel von Manfred B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Scheel,

in Ihrer Antwort vom 7.7.09 auf die Frage von Herrn Kren beschreiben Sie den riesigen Fananzbedarf von bis zu 310 Mrd. Euro bis 2010 und einen Schuldenstand von dann 2 Bill. Euro. Gleichzeitig kann ich auch folgende Sätze lesen:

"Der Schuldendienst für Zins und Tilgung wird seinen Tribut von allen Steuerzahlern fordern"
oder
" Wer die jetzt im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einhalten will, der muss den Bürgerinnen Beiträge zur Absenkung der Nettokreditaufnahme in den nächsten Jahren abverlangen".

Mir scheint, Sie und die Politik im allgemeinen kehren wieder zum Alltagsgeschäft zurück.
Kein Wort zu den Verursachern des Desasters.
Die Casinos in den Banken dürfen weitermachen wie bisher, der Handel mit Schrottpapieren ist weiter erlaubt, Leerverkäufe als eine der Ursachen des Übels sind immer noch nicht untersagt.
Und das mit fast geschenktem Geld von der EZB.
Allein der Steuerzahler muß es mal wieder richten.

Was schlagen Sie oder die GRÜNEN vor, mit welchen Maßnahmen die Verusacher der Krise bedacht werden sollen?
Was halten Sie von einer Börsenumsatzsteuer oder der sog. ATP-Steuer (Automated Payment Transaction Tax), also eine Steuer die sämtliche Finanztransaktionen erfasst?

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Burger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Burger,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Finanzmarktpolitik. Letzte Woche wurde das Gesetz zur Fortentwicklung des Finanzmarktstabilisierung (Beschlussempfehlung in der Anlage) , das sog. "Bad-Bank-Gesetz" auch vom Bundesrat verabschiedet. Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ist es, die Geschäftsbanken von ihren vergifteten Wertpapieren zu befreien, damit sie anschließend wieder mehr Kredite vergeben können. Das verhindern aktuell die Schrott-Papiere in den Büchern der Banken. Das Gesetz birgt hohe Risiken für die Steuerzahlerinnen.

Sollte ein Institut zahlungsunfähig werden, keinen Gewinn erzielen oder diesen nicht auszahlen, findet kein Verlustausgleich der Banken statt. Die Idee einer Bad Bank ist aber, die Verluste von den Verursachern tragen zu lassen. Das erfüllt das vorgelegte Modell nicht. Zudem lassen sich durch die Ausgabe von Vorzugsaktien die Zahlungen der Banken an den Bund ebenfalls reduzieren.

Der Stichtag zur Bewertung der Assets wurde so weit in die Vergangenheit verlegt, dass sich die Banken auf Kosten der SteuerzahlerInnen sanieren können. Damit weicht die Koalition die zehnprozentige Abwertungsklausel auf, wie sie von der EU-Kommission vorgesehen war. Das Risiko für den Bund steigt, da sich die für die Auslagerung möglichen Wertpapierbestände erhöhen. Das bewirkt eine indirekte Subventionierung der Banken – auf Kosten der öffentlichen Hand.

Teuer wird der Plan – wenn er denn überhaupt funktioniert. Zumindest die Geschäftsbanken werden es sich gut überlegen, ob sie an dem Modell teilnehmen. Wir finden: Die Zeiten sind vorbei, in denen sich die Banken quasi a la carte die schönsten Happen aus dem staatlichen Rettungsmenü aussuchen konnten, und das auf Kosten der SteuerzahlerInnen. Wir wollen deswegen verpflichtende Stresstests für alle Banken. Wer durchfällt, muss zwangsweise saniert werden. Denn marode Banken sind eine Gefahr für alle. (vgl. Entschließungsantrag der Grünen in der Anlage).

Bundesfinanzminister Steinbrück hat den Streit mit den Ländern auf ganzer Linie verloren. Er wollte zu Recht, dass die Landesbanken fusionieren und sich massiv verkleinern. Die Herrschaft der Ministerpräsidenten sollte ein Ende haben. Sie hat bereits Milliarden gekostet – siehe Bayern, Baden-Württemberg, NRW oder Sachsen. Jetzt dürfen die Landesbanken weitermachen wie bisher, von einer Reform ist keine Rede mehr. Die Landesbanken bleiben damit eine ernste Gefahr für den Finanzplatz Deutschland.

Die Konditionen bei jeder Bankenrettung müssen öffentlich gemacht werden. Wohin wie viele Steuergelder unter welchen Bedingungen fließen, darauf hat die Öffentlichkeit ein Informationsrecht. Das Parlament ist deutlich stärker in die Transaktionen einzubeziehen, um den Missstand aufzuheben, dass das Haushaltsrecht des Parlaments außer Kraft gesetzt ist. Ein Strategiewechsel bei der Bankenrettung ist nicht erfolgt, obwohl bereits die zweite Nachbesserung am ursprünglichen Rettungsplan vom Oktober vorgenommen wird. So kann die bessere Kreditversorgung der Wirtschaft – Ziel des Gesetzes – nicht gelingen. Die Bundesregierung kümmert sich immer noch zu sehr um das Wohl der Banken anstatt um das Funktionieren der Volkswirtschaft.
In weiteren Anlagen stelle ich Ihnen unsere Anträge zur besseren
Regulierung der Finanzmärkte und zur Finanzumsatzsteuer auf EU-Ebene vor.

Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel