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Frage von Martin K. •

Frage an Christine Lambrecht von Martin K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Lambrecht,

Es ist sehr schön, dass Sie dieses demokratische Diskussionsinstrument von Abgeordnetenwatch nutzen. Vielleicht ist das ein guter Weg, der Politiker- und Lobbyverdrossenheit politisch interessierter Bürger zu begegnen.

Mein Anliegen:
Halten Sie das aktuelle Krankenversicherungssystem für gerecht, solidarisch und allgemein verständlich? Wo in der Krankenversicherung Beitragssteigerungen von über 100 % "völlig korrekt" (laut PKV-Ombudsmann) sind, wie es mir zum März 2017 erging? Wo mir offenbar niemand in Deutschland korrekt vorrechnen kann, was eine minimale Tarifänderung (300 € statt 150 € Selbstbeteiligung) für mich netto bedeutet und der PKV-Ombudsmann sogar glatt falsche Auskünfte erteilt?

Sind Sie bereit, sich für grundlegende Reformen einzusetzen, die z.B. das völlig unverständliche "Bürgerentlastungsgesetz" von 2009 abschaffen und zur längst aufgegebenen Solidargemeinschaft zurückkehren?

Wissen Sie, warum die Abzüge vom Bruttogehalt in Österreich WESENTLICH niedriger (20 - 25 % vom BRUTTO !) sind als in Deutschland, bei zum Teil weit besseren Leistungen?

Warum geht es in Österreich extrem besser? Trifft es zu, dass dort zur hervorragenden Ausgangslage (Stichwort Solidargemeinschaft) aktuell noch eine migrationsbedingte Zunahme der Beitragszahler um 3 % dazukommt, während in Deutschland laut Medienberichten im Juli dennoch weiterhin Rückgänge (3%) zu verzeichnen sind. Leider wird von interessierten Kreisen immer auf passend gemachte Statistiken ohne Aussagekraft zur Alterspyramide verwiesen (die dank Migration aktuell schon längst zum Positiven überholt sind) und die "hohe" Arbeitgeberbelastung zwecks Fortsetzung der Umverteilung von Unten nach Oben beklagt (die österreichischen Arbeitgeber werden natürlich durch das ausgewogenere System auch wesentlich weniger belastet).

Mit freundlichen Grüßen
M. K.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Bitte haben Sie Verständnis, dass ich mich nicht zu ihrem persönlichen Fall nicht äußern kann, da ich die genaue Sachlage nicht kenne und es daher nicht beurteilen kann.

Zu Ihrer Frage bezüglich einer grundlegenden Reform des Krankenversicherungssystems in Deutschland ist es ein zentrales Thema in unserem Regierungsprogramm, dass wir wieder zur Parität der Krankenversicherungsbeiträge zurückkehren möchten. Das heißt Arbeitgeber und Versicherte werden wieder den gleichen Anteil am gesamten Versicherungsbeitrag zahlen. Des Weiteren schaffen wir den einseitigen Zusatzbeitrag der Versicherten ab und entlasten so konkret die Bürgerinnen und Bürger.

Ebenso möchten wir eine Bürgerversicherung einführen, in die alle erstmalig und bislang gesetzlich Versicherten automatisch aufgenommen werden. Dazu zählen auch Beamtinnen und Beamte, für die in der Bürgerversicherung ein beihilfefähiger Tarif geschaffen wird. Die öffentlichen Arbeitgeber können wählen, ob sie für gesetzlich versicherte Beamtinnen und Beamte einen Arbeitgeberbeitrag zahlen oder wie bisher über die Beihilfe einen Anteil der Behandlungskosten direkt übernehmen. Bisher Privatversicherte können wählen, ob sie in die Bürgerversicherung wechseln möchten. Die gesetzliche Krankenversicherung machen wir für Selbstständige mit geringem Einkommen günstiger. Dazu werden wir die Bemessung der Beiträge für Selbstständige einkommensabhängig ausgestalten und so die Beiträge bei geringen Einkommen senken. Die Finanzierung der Bürgerversicherung muss gerecht sein. Gesellschaftliche Aufgaben müssen auch solidarisch finanziert werden. Darüber hinaus ist es unser Ziel, Menschen mit chronischen Erkrankungen von Zuzahlungen zu entlasten und Leistungen für Zahnersatz und Sehhilfen zu verbessern.

Auch in der Pflege soll es die Bürgerversicherung geben. Wir wollen Bürgerinnen und Bürger besser gegen Pflegerisiken absichern. Mit der Bürgerversicherung schaffen wir eine einheitliche Honorarordnung für Ärztinnen und Ärzte. Bislang werden Privatpatientinnen und -patienten oftmals bevorzugt, da ihre Behandlung höher vergütet wird. Das werden wir beenden. Damit richtet sich die Vergütung medizinischer Leistungen nach dem Bedarf der Patientinnen und Patienten und nicht danach, ob sie privat oder gesetzlich versichert sind.

Mit freundlichen Grüßen

Christine Lambrecht