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Christian Lange
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Frage von Antonie K. •

Frage an Christian Lange von Antonie K. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Lange,

es wurde durch die Agenda 2010 viel soziale Ungerechtigkeit eingeführt.
Frau Ulla Schmidt hat die Beiträge für die selbstfinanzierten Altersvorsorge per Gesetz beschlossen. Dies alles unter dem Deckmantel der sozialen Gerechtigkeit. Es ist bisher noch keine Reform für Politiker und Beamte angegangen worden, wie die den Rentnern zugemutet wurde. Deutsche Einheit trägt der große Teil der Bevölkerung wie z,B. die Rentenkasse. Der Zuschuss vom Bund deckt doch nicht die Entnahmen für Leistungen die nichts mit der Rentenkasse zu tun haben. Rentenkürzung- bzw. Anpassung = Rentenreform- hatten wir Rentner eine Lobby ? Jetzige Altersarmut war vorherzusehen.
Der Bundeshaushalt ist doch jetzt schon überreizt mit Pensionszahlungen usw. Wie weit weg sind wir noch zu den EU-Südländern bei diesen Ausgaben. Mein Mitleid mit den Beamten hält sich in Grenzen ,2 Pflichtjahre in der freien Wirtschaft und diese wären glücklicher im Staatsdienst zu sein.
Frage: Wird die SPD diese Ungleich- und Gerechtigkeit angehen.

Mit freundlichen Grüßen

Antonie Kisling

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Frau Kisling,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 7.08 .2013, in dem Sie die Altersvorsorge thematisieren. Gern möchte ich Ihnen darauf wie folgt antworten.

Sie kritisieren in Ihrem Brief, dass der Bund nicht die Entnahmen für Leistungen, „die nichts mit der Rentenkasse z u tun haben“ deckt. Bei der Frage, was eine ‚versicherungsfremde Leistung´ ist, bestehen sehr unterschiedliche Auffassungen. So gibt es durchaus ernst zu nehmende Gründe, warum aufgrund der Einkommensanrechnung die Hinterbliebenenrente nicht als reine Versicherungsleistung anzusehen ist, da sie mit Elementen der Bedürftigkeit versehen ist – trotzdem gehört sie natürlich zum Kern des Leistungskatalogs der Rentenversicherung, wie auch der soziale Ausgleich bei Erwerbsminderung, Niedriglohnbeschäftigung und Arbeitslosigkeit.

Es sollte daher keine Ausgliederung von – wie auch immer definierten – ‚versicherungsfremden Leistungen‘ geben, sondern stattdessen eine sachgerechte Finanzierung über Steuern. D er Bundeszuschuss sollte mindestens in der gegenwärtigen Größenordnung beibehalten werden, da er eine Garantieleistung des Bundes darstellt, um das System, über den der übergroße Teil der Menschen seine Alterssicherung organisiert, zu stabilisieren.

Es stimmt allerdings nicht, dass Beamte von Reformen ausgenommen wurden: Die Rentenreform wurde nämlich auch auf die Beamtenversorgung übertragen. Die Regelaltersgrenze steigt seit 2012 auch für Bundesbeamte von 65 auf 67 Jahre gleitend an. Ebenso wurde di e weitgehend eingeschränkte Berücksichtigung von Ausbildungszeiten durch einen entsprechenden Abzug wirkungsgleich auf die Bundesbeamtenversorgung übertragen.

Mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 ist der sog. Riester - Faktor, mit dem die Rentensteigerun gen vermindert werden, in die damals noch bundeseinheitliche Beamtenversorgung übernommen worden. Allein damit wurde das Niveau der Bundesbeamtenversorgung bis Anfang 2011 in acht Schritten um insgesamt 4,33 Prozent gesenkt. Seitdem werden die Tarifabschlüsse - wie schon von 1999 bis 2002 - wieder jeweils .. 3 um 0,2 Prozent gekürzt auf die Bundesbeamtenbesoldung und damit auch auf die - versorgung übertragen. Das gilt für jeden einzelnen Erhöhungsschritt, d. h. wenn der Tarifabschluss die Erhöhung auf drei Zeitpunkte in zwei Jahren verteilt, werden dreimal 0,2 Prozent abgezogen. In der Rentenversicherung ist der sog. Riester - Faktor in den Jahren 2008 und 2009 nicht angewendet worden, was jetzt noch nachgeholt werden muss.

Geplant war auch eine zusätzliche Kürzung der Beamtenversorgung wegen des in der Rentenversicherung ab 2005 eingeführten Nachhaltigkeitsfaktors. Der Entwurf des von uns eingebrachten Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes ist jedoch durch das vorzeitige Ende der Wahlperiode im Sommer 2005 gescheitert. Danach stellte sich heraus, dass der Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die zunächst erwartete niveausenkende Wirkung hatte. Wir haben deshalb 2009 mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz festgelegt, dass die Bundesregierung zum Stichtag 31. Dezember 2011 unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Versorgungssysteme prüft, ob die bisherigen und künftigen Einschnitte in der Beamtenversorgung des Bundes ausreichen. Das ist nach dem Prüfbericht der Bundesregie rung vom 19. Juli 2012 bis jetzt der Fall. Wir werden die künftige Entwicklung im Auge behalten.

Über längere Zeiträume haben sich Rente und Beamtenversorgung bisher durchaus ähnlich entwickelt. Die jährlichen Veränderungen weichen aber wegen der Besonder heiten der unterschiedlichen Versorgungssysteme immer wieder voneinander ab. So stieg die Rente 2007, 2009 und 2011 stärker als die Bundesbeamtenversorgung. 2008, 2010 und 2012 verhielt es sich umgekehrt. In 2013 erhöhte sich die Bundesbeamtenversorgung zu m 1. Januar und zum 1. August jeweils um 1,2 Prozent, die Rente in Westdeutschland um 0,25 Prozent, in Ostdeutschland um 3,29 Prozent. Davon zu unterscheiden ist noch die zahlenmäßig bedeutendere Beamtenversorgung in den einzelnen Ländern, deren Besoldungs - und Versorgungserhöhung sich überwiegend am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV - L) orientiert, aber aktuell unterschiedlich ausfällt.

Im Übrigen hat der Bund zum 1. Januar 2007 einen Versorgungsfonds errichtet, mit dem die Versorgung slasten für neu eingestellte Beamte gedeckt werden. Damit wird der Bundeshaushalt nicht erst in der Zukunft, sondern zeitnah mit den Versorgungskosten belastet, womit der bisherige Anreiz entfällt, wegen des scheinbaren Kostenvorteils eher Beamte als Tarif beschäftigte einzustellen.

Der in diesem Zusammenhang bisweilen vorgenommene Gleichsetzung der durchschnittlichen Höhe von Renten und Pensionen geht aus mehreren Gründen methodisch fehl:
- Bei der Beamtenversorgung handelt es sich um eine sog. Vollversorgu ng, die nicht nur die Rente ersetzt, sondern auch die ganz oder teilweise arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung, die die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes und viele andere Arbeitnehmer, zumindest in Großunternehmen, erhalten.
- Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bewirkt, dass darüber liegende Einkommensanteile bei der gesetzlichen Rente unberücksichtigt bleiben. Gleichwohl werden sie in der Regel versorgungswirksam. Gerade bei denjenigen Angestellte n in der Privatwirtschaft, deren Gehälter die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, sind Pensionszusagen der Arbeitgeber üblich. Alternativ werden die Gehälter so bemessen, dass die Angestellten selbst eine zusätzliche Altersversorgung sicherstellen können.
- Es gibt in der heutigen Rentnergeneration zahlreiche Klein - und Kleinstrenten bei Personen, die nur kurzzeitig (versicherungspflichtig) gearbeitet haben und danach beispielsweise Hausfrau wurden oder als Selbstständige nicht mehr der Versicherungspfli cht unterlagen. Beamte schieden in derartigen Fällen aus dem Beamtenverhältnis aus und wurden in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, weshalb es Klein - und Kleinstpensionen zwangsläufig nicht gibt, sondern diese auch noch in Form von Renten anfallen. Das gleiche gilt für Zeitsoldaten, die stets in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden.
- Die beiden Statusverhältnisse des öffentlichen Dienstes (Beamte und Tarifbeschäftigte) sind nicht gleichmäßig über die unterschiedlichen Q ualifikationen verteilt. Mehr als drei Viertel der Beamten (ohne Soldaten) gehören zu den Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes, nur knapp ein Viertel gehört zu den Laufbahnen des einfachen und mittleren Dienstes (Stand 2010).
Mit einem vielfältigen Bündel an arbeitsmarkt - und sozialpolitischen Maßnahmen wollen wir uns für ein gerechtes Rentensystem einsetzen. Alle Menschen in Deutschland sollen im Alter ein gutes Auskommen und keine Angst vor Armut haben. Deshalb brauchen wir eine abgesicherte Rente auf hohem Niveau. Das gelingt nur mit einer hohen Beschäftigungsquote, guten Löhnen und dem Ausbau der betrieblichen Altersversorgung. Klar ist auch: Wir brauchen bessere Übergänge in die Rente. Altersarmut muss bekämpft und Lebensl eistung gewürdigt werden. Die Altersarmut will die SPD-Bundestagsfraktion mit einer steuerfinanzierten Solidarrente gezielt bekämpfen. Gleichzeitig müssen unsere Sozialsicherungssysteme stabilisiert werden. Dafür werden wir uns auch weiterhin einsetzen.

Mit freundlichen Grüße

Christian Lange