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Christian Lange
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Frage von Roland S. •

Frage an Christian Lange von Roland S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Lange,

Immer wieder wird bekannt das sich Firmen nicht an gesetzlichen Bestimmungen halten. Besonders bei 400€ Jobs (Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, weniger oder kein Lohn an Feiertagen oder Urlaub.
Meine Frage:
Was haben diese Firmen an Strafen von seiten des Gesetzgebers zu erwarten, da diese gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen (Gleichbehandlung,Vollzeit, Teilzeit und 400€ )oder haben sie nichts zu befürchten.?

Mit freundlichen Grüßen

Roland Schmid

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmid,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 19.05.2011.

Lassen Sie mich zunächst die gesetzlichen Bestimmungen in Sachen Minijobs ausführen:
Während eine „Beschäftigung“ gemäß § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) regelmäßig zur Versicherungspflicht in allen fünf Zweigen der Sozialversicherung führt, sind Personen, die einer geringfügigen Beschäftigung - einem sog. Minijob - nachgehen, in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nach § 8 SGB IV versicherungsfrei.

Seit dem 1. April 1999 sind geringfügige Nebenbeschäftigungen ebenfalls mit einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zusammenzurechnen. Auch in diesem Fall ist eine geringfügige Beschäftigung rentenversicherungspflichtig.

Minijobs sind für die Beschäftigten vollständig steuer- und abgabenfrei. Der Arbeitgeber zahlt für sie einen Pauschalbeitrag zur Sozialversicherung. Der Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung beträgt derzeit 15 Prozent, der Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung 13 Prozent. Daneben ist eine Pauschalsteuer in Höhe von 2 Prozent zu entrichten. Zu diesem pauschalen Abgabensatz von insgesamt 30 Prozent kommen Umlagen in Höhe von 0,6 Prozent zur Finanzierung der Entgeltfortzahlung für geringfügig Beschäftigte sowie in Höhe von 0,07 Prozent zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschutz hinzu.

Um eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten handelt es sich gemäß § 8a SGB IV, wenn Tätigkeiten ausgeübt werden, die normalerweise ein Angehöriger des Haushalts erledigt. Es sollen Tätigkeiten sein, die keine besonderen Fachkenntnisse erfordern wie Putzen, Kochen, Bügeln, Waschen und dergleichen.

Arbeitgeber von geringfügig Beschäftigten im Privathaushalt genießen gegenüber Arbeitgebern im gewerblichen Bereich besondere Vergünstigungen. Als Pauschlabeitrag zur Sozialversicherung zahlen sie maximal 14,27 Prozent des gezahlten Arbeitsentgelts, und zwar je 5 Prozent zur Renten- und Krankenversicherung, 1,6 Prozent zur gesetzlichen Unfallversicherung, 0,67 Prozent Umlagen zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschaft sowie gegebenenfalls 2 Prozent einheitliche Pauschalsteuer.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht handelt es sich bei Minijobs um Arbeitsverhältnisse im Sinne der §§ 611 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Für geringfügig Beschäftigte in Unternehmen und Privathaushalten gelten dieselben Grundsätze des Arbeitsrechts wie für andere Beschäftigte. Sie dürfen nicht anders behandelt werden als sonstige Teil- oder Vollzeitbeschäftigte. Die Versicherungsfreiheit in der Sozialversicherung ist kein Grund für eine Ungleichbehandlung im Arbeitsverhältnis - weder in Bezug auf das Brutto-Arbeitsentgelt einschließlich der Sonderzuwendungen und sonstiger geldwerter Vorteile noch hinsichtlich aller übrigen Arbeitsbedingungen.

So unterliegen geringfügig Beschäftigte beispielsweise dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sowie dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und dem Mutterschutzgesetz (MuSchG). Sie genießen Kündigungsschutz und haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit sowie auf den gesetzlichen Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BurlG). Vielfach sind diese Arbeitsschutzbestimmungen bußgeldbewehrt.

Nach § 2 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) sind Arbeitnehmer, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, Teilzeitbeschäftigte. Aufgrund des in § 4 Abs. 1 TzBfG verankerten Diskriminierungsverbots dürfen Teilzeitbeschäftigte - und somit auch geringfügig Beschäftigte - nicht ohne sachlichen Grund anders behandelt werden als andere Arbeitnehmer. Daher haben auch geringfügig Beschäftigte grundsätzlich dieselben (anteiligen) Ansprüche auf Erholungsurlaub, Sonderzahlungen sowie andere geldwerte Leistungen wie vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Tarifliche Bestimmungen sind bei Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers wegen des Diskriminierungsverbots ebenfalls anwendbar.

Teilzeitbeschäftigungen, und damit auch geringfügige Beschäftigungen, können wie Vollzeitbeschäftigungen nach den Bestimmungen des TzBfG befristet werden.
Soweit die gesetzlichen Bestimmungen.

Nun zu Ihrer Frage, was Arbeitgeber zu befürchten haben, sofern die gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden:

Erfüllt der Arbeitgeber seine arbeitsrechtlichen Pflichten gegenüber dem geringfügig Beschäftigten nicht, steht dem Betroffenen der Klageweg zu den Arbeitsgerichten offen.

Das Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sieht zur schnellen Klärung eines Rechtsstreits eine obligatorische Güteverhandlung vor (§ 54 ArbGG). Das arbeitsgerichtliche Verfahren beginnt im ersten Schritt grundsätzlich mit einer solchen Güteverhandlung. Das Arbeitsgericht bietet hier ein Konfliktmanagement an, das Güteverfahren trägt Elemente der Mediation. Die Vorschrift gilt zwar nur für das erstinstanzliche Urteilsverfahren, allerdings soll eine gütliche Erledigung des Rechtsstreits während des ganzen Verfahrens angestrebt werden (§ 57 Abs. 2 ArbGG).

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Auskunft weiterhelfen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Christian Lange