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Christian Lange
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Frage von Martin L. •

Frage an Christian Lange von Martin L. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Lange,

Warum blockiert die SPD-Fraktion eine Änderung des EEG2009 zur Gewährung des Bestandsschutzes für bestehende Biogasanlagen? Ich habe eine 5-stellige Summe in eine Biogasanlage investiert und nun soll die Vergütung bei einer Anlagenzusammenfassung um 4,5 Cent pro erzeugter KWH Strom sinken. Dies würde bedeuten dass die Anlagen nicht mehr kostendeckend arbeiten können. somit wäre mein eingesetztes Kapital futsch. So wie mir geht es weitere 50 Privatinvestoren. Wieso kann man nicht die Anlagen welche vor 2009 geplant und gebaut wurden nicht in den Besandschutz nehmen? wie sollen die Menschen Planungssicherheit haben wenn nachträglich schon getätigte Investitionen auf Grund von einer Gesetzesänderung makulatur wird? Wir haben in eine Biogasanlage investiert, weil die Landwirte über einen längeren Zeitraum sicheres Geld über Substratlieferverträge bekommen. Wenn sich die SPD gegen Bestandschutz entscheidet sind Hunderte von Anlagen in der Insolvenz. Man kann doch nicht nachträglich etwas ändern was vorher noch als sicher galt. Bitte überdenken Sie Ihre Stellung zu diesem Gesetzentwurf.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lang,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 27. März 2009, das ich über www.abgeordnetenwatch.de erhalten habe.

Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen geregelt, die zwischen kleinen und großen Biomasseanlagen differenzieren. Die Sätze für die Kilowattstunde Strom sind nach der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Größenklasse bestimmt und sinken, je größer die Biomasseanlage ausgelegt ist. Bereits im EEG 2004 war nach § 3 Absatz 2 geregelt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage im Sinne der Vergütung zu behandeln sind.

Einzelne Betreiber von Biomasseanlagen haben in Kenntnis dieser Vorschrift ihre Anlagen gleichwohl modulartig aufgebaut, um die hohe Vergütung für Kleinanlagen zu erhalten. Damit wurde aber das EEG 2004 und der Gesetzeszweck des § 3 Absatz 2 bewusst umgangen. Dieses Vorgehen war bereits damals rechtswidrig und die Betreiber hatten demnach keinen Anspruch auf den erhöhten Vergütungssatz. Die Bundesregierung hat dies im August 2006 auf Antrag des Bundesrates auch ausdrücklich festgestellt.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Frage der missbräuchlichen Nutzung des Anlagenbegriffes genau geprüft. Wir haben über mehrere Jahre hinweg beobachtet, wie Einzelne bestehende Vollzugslücken ausgenutzt haben. Dies konnte der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen. Die Bundesregierung hat daraufhin im Rahmen des EEG 2009 eine Klarstellung in § 19 EEG vorgeschlagen, die von beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet wurde. Diese Regelung ist inhaltlich identisch mit der bisherigen Regelung aus dem EEG 2004 und somit keine Neuregelung. Damit stellt sich aber auch nicht die Frage des Bestandsschutzes.

Wir haben Verständnis dafür, wenn Kleinanleger aufgrund der bestehenden Gesetzeslage um die Früchte ihres Investments fürchten. Soweit es beim Abschluss entsprechender Verträge zwischen Kleinanleger und dem Unternehmen bzw. durch die Vermittlung der beratenden Bank keine Hinweise auf eventuell bestehende Risiken gegeben hat, sollten sich die Betroffenen mit der örtlichen Verbraucherberatung in Verbindung setzen. Hier könnten sich ggf. Regressansprüche gegen das Unternehmen oder gegen die beratende Bank ergeben. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss in jedem Einzelfall geprüft werden.

Der Bundesrat hat im November 2008 einen Änderungsantrag zum EEG beschlossen, der die Anwendung des § 19 EEG nur für Neuanlagen gelten lassen will. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2009 empfohlen, den Ausgang von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Geltung des § 19 EEG für bestehende Anlagen, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, abzuwarten.

Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht am 18.02.2008 den Antrag einer Betreiberin eines Bioenergieparks, § 19 Abs. 1 EEG im Wege einer einstweiligen Anordnung einstweilen außer Kraft zu setzen, abgelehnt. Die Ablehnung begründet das Bundesverfassungsgericht damit, dass § 19 Abs. 1 EEG verhältnismäßig sei und dem legitimen Ziel diene, eine unnötig hohe finanzielle Belastung der Netzbetreiber, Letztversorger und schließlich der Stromkunden zu vermeiden. Daraus leiten wir andererseits aber auch ab, dass für Anlagen, in jedem Fall ein Bestandsschutz bei Dauer und Höhe der Vergütung gilt, bei denen die Vergütung nicht rechtsmissbräuchlich beantragt worden ist.

Ausdrücklich nicht Gegenstand des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht war die Frage, ob auch mehrere unabhängig voneinander errichtete Einzelhofanlagen verschiedener Betreiber erfasst werden. Sofern einzelne Biomasseanlagenbetreiber nun befürchten, zu Unrecht vom Netzbetreiber die höhere Vergütung versagt zu bekommen, sollten sie sich an die Clearingstelle wenden, die zur Klärung solcher Streitigkeiten vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit errichtet worden ist.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird die Musterverfahren bei der Clearingstelle zum Anlagenbegriff beobachten und danach entscheiden, ob ein Anpassungsbedarf beim EEG 2009 besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lange