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Christian Kühn
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Frage von Niels O. •

Frage an Christian Kühn von Niels O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kühn

in den letzten Jahren habe ich mich immer wieder mit Menschen unterhalten, die Arbeitslosengeld II, also Hartz4 bezogen haben. Die Erzählungen haben mich oft schockiert und ich fand den Umgang mit den Leuten unmenschlich. Ein Sachverhalt beschäftigt mich aber besonders:

Wie ich erfahren habe, dürfen Hartz4-Empfänger ihren Landkreis nur nach vorheriger Genehmigung, einzuholen mindestens eine Woche vorher, aber nicht früher als drei Wochen vorher verlassen.

Mit einigem Schrecken stellte ich fest, dass sich unser Staat in Artikel 11, Absatz 2 des Grundgesetzes dieses Recht wohl tatsächlich einräumt. Welchen Grund es dafür geben soll, ist mir allerdings nicht ersichtlich.

Meine Frage an Sie: Wie ist Ihre Haltung als Politiker zur Reisefreiheit von Hartz4-Empfängern? Käme es zu einer Abstimmung über diese Regelung, würden Sie für die Abschaffung der genannten Einschränkungen stimmen oder nicht?

Diese Frage werde ich auch den anderen Kandidaten meines Landkreises über dieses Portal stellen.

Mit den besten Grüßen
Niels Ott

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ott,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich lehne eine Einschränkung der Reisefreiheit für Hartz IV-EmpfängerInnen ab. Einen Grund für diese massive Einschränkung des Grundrechts auf Reisefreiheit ist auch mir nicht ersichtlich.

Wir Grünen fordern seit langem ein Sanktionsmoratorium. Die geltenden Sanktionsregeln sind meist demütigend, unnötig und wirken oft kontraproduktiv. Insbesondere das verschärfte Sanktionsrecht für unter 25-Jährige gehört sofort abgeschafft.

Die oft versprochene Balance zwischen Fördern und Fordern gibt es nicht. Unter Ursula von der Leyen wurden die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik überproportional stark gekürzt. Zeitgleich sind die Zahlen der Sanktionen auf ein Rekordhoch gestiegen. Die enorme Zunahme bei den Sanktionen liegt vor allem im System begründet und hat nur selten etwas mit Missbrauch zu tun.

Arbeitsuchende brauchen eine Unterstützung, die zu ihren Bedürfnissen passt. Dazu gehören gute Betreuung, Beratung und Qualifizierungsangebote. Motivation und Bestärkung sollten im Mittelpunkt stehen; bürokratische Zumutungen und Gängelungen müssen endlich fairen Spielregeln weichen. Weder Scheinangebote zur Überprüfung der Arbeitsbereitschaft noch Sanktionsandrohungen und -automatismen haben hier Platz.

Wir brauchen ein qualifiziertes, individuelles und umfassendes Fallmanagement. Arbeitsuchende müssen die Möglichkeit haben, aus verschiedenen Maßnahmen ein passgenaues Angebot auszuwählen. All das ist im Moment leider nicht gewährleistet.

Ein Sanktionsmoratorium ist also ein notwendiger Schritt, bis die Rechte der Arbeitsuchenden nachhaltig und umfassend gestärkt worden sind und die Arbeitsbedingungen und die Ausstattung in den Jobcentern stimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Chris Kühn