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Carsten Müller
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Frage von Jan D. •

Frage an Carsten Müller von Jan D. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Müller,
zu Ihren Zitaten aus der Presserklärung der Frau von der Leyen (CDU) tun sich mir Fragen auf:
das Justizministerium hat mich auf den Gesetzentwurf des Herrn Guttenberg (CSU) auf Betreiben der Frau v.d. Leyen (CDU) zur angebl. Bekämpfung der Kinderpornografie aufmerksam gemacht.

Halten Sie es für mit unserem Grundgesetz vereinbar und richtig, dass das BKA als Organ der Exekutive ohne richterliche Begutachtung (vorher oder nachher) und ohne parlamentarische Kontrolle, in einer geheimen Sperrliste Recht setzen soll, was dem §184ff. zu subsumieren sei?

Halten Sie es für richtig, dass Betroffenen, deren Internetangebot gesperrt werden soll, rechtliches Gehör durch das Gesetz verweigert werden soll?

Halten Sie es für richtig, dass für die LKAs, die durch private Anbieter an das Internet angeschlossen sind, die Sperre eine Strafvereitlung im Amt bedeutet, dass Beweismittel unterdrückt werden. Beweismittel, die wie Frau von der Leyen sagt und in (wahrscheinlich rechtswidrigen) Kinderpornografievorführungen im Januar im Ministerium Zivilpersonen von der Presse zeigte, schwere sexuelle Verbrechen an Kindern beweisen sollen.

Mich irritiert, dass das BKA nicht seine Kraft in die Fahndung nach den Kinderschändern fokussiert und auch im Ausland dafür Sorge trägt, dass die Anbieter vom Netz verschwinden, und statt einer Strafverfolgung Grundrechte (Fernmeldegeheimnis) beseitigen sollen.
Halten Sie es für richtig, dass Zugriffe auf Webseiten, deren Strafbarkeit vom BKA geheim gehalten werden sollen, eine Strafverfolgung auslösen, obwohl die Strafbarkeit den "Tätern" nicht bekannt sein darf?

Herr Guttenberg fordert im Gesetzentwurf und in der Begründung, dass die dem BKA bekannten Kinderpornografieseiten im Internet für Lehrer in Schulen, für Studenten in Hochschulen und für Beamte in Behörden nicht gesperrt werden sollen. Warum?
Danke.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dark,

für Ihre E-Mail vom 24.04.2008 möchte ich mich bedanken und würde gerne
auf die von Ihnen angesprochenen Punkte eingehen.

Sie erwähnen den § 148 ff des Strafgesetzbuches (Verbreitung, Erwerb und Besietz kinderpornographischer Schriften). Der § 184 b des Strafgesetzbuches bezieht sich auf all diejenigen potenziellen Straftätet, die kinderpornographische Schriften, wozu auch Ton- und Bildträger sowie Datenspeicher gehören verbreiten. Des Weiteren umfasst dieser Artikel auch das Verbot der öffentlichen Ausstellung, der Vorführung oder sonstiger Zugänglichmachung von kinderpornographischen Schriften. Ebenso verbietet dieser Artikel die Herstellung und die Anbietung bzw. Anpreisung von Kinderpornographie.

Nun ist es so, dass gemäß § 184 b des StgB man sich bereits strafbar macht, wenn versucht wird sich kinderpornografische Schriften – dazu gehören auch Dateien und das Betrachten von Bildern im Netz- zu verschaffen. Der Bundesgerichtshof hat dies folgendermaßen präzisiert: Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC- System erlangt dessen Benutzer Besitz, weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, so lange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden (BGH 1 StR 430/06 – Beschluss vom 10.10.2006). Die Sperrung der Seiten, unter der Aufsicht des BKA ist als Verhinderung einer Straftat zu sehen. Das BKA trägt dazu bei, ein bestehendes Gesetz um- bzw. durchzusetzen.

Die Aufgabe des BKA ist es nicht Grundrechte zu beseitigen, wie sie es hier so schön formulieren. Da es gar nicht erst zu einem Aufruf einer Internetseite oder einem Verbindungsversuch kommt, stellt die DNS-Sperrung keinen Eingriff in Artikel 10 Grundgesetz (Fernmeldegeheimnis) dar. Das Fernmeldegeheimnis schützt die Verbindung an sich- sowohl den Inhalt als auch die näheren Umstände einer Verbindung. Da es durch die DNS-Sperre noch gar keine schützenswerte Verbindung oder einen entsprechenden Versuch gibt, ist Artikel 10 Grundgesetz dementsprechend nicht berührt.

Eine gesetzliche geregelte Verweigerung der Anhörung ist mir nicht bekannt. In Der Bundesrepublik wird jedem das Recht gewährt rechtliche Mittel in Anspruch zu nehmen, das wird sich auch nicht ändern. Richtig ist, das Zugangsanbieter nur die Seiten sperren, die vom Bundekriminalamt verschlüsselt auf laufend aktualisierten Listen zur Verfügung gestellt werden. Was gesperrt wird, legt allein das Bundeskriminalamt fest und damit liegt auch beim BKA die vollständige Haftung. Das BKA muss konsequent dokumentieren, wie die Liste erstellt wird, damit es gerichtsfest ist, das steht so auch im Gesetzentwurf. Der einzige Tatbestand, nach dem sie ermitteln dürfen, ist der Straftatbestand 184b StGB, nämlich Kinderpornografie, und nichts anderes. Zurzeit wird aber angedacht, ein Gremium mit unabhängigen Experten zu schaffen, die sich die Blockierlisten unter dem Mehr-Augen-Prinzip anschaut.

Das sogenannte Access Blocking ist nur ein Teil unseres Gesamtplans, Kinderpornografie auf allen Ebenen zu bekämpfen. Das Wichtigste ist, die Täter zu verfolgen und zu stellen. Zweites Ziel ist, die Quellen zu schließen. Und der dritte, aber unverzichtbare Punkt bleibt: Web-Seiten zu blocken. Für die ersten Punkte existieren schon Gesetze.

Über einen Passus im aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung, dass es beim Access Blocking eine Ausnahme für Lehrer, Schulen, Hochschulen, Beamte usw. geben soll, ist mir nichts bekannt. Eine derartige Ausnahme wäre meines Erachtens auch widersinnig.

Sehr geehrter Herr Dark, ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Carsten Müller

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