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Brunhilde Irber
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Frage von Katrin E. •

Frage an Brunhilde Irber von Katrin E. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Irber,

Tschechien zieht in Betracht, in unmittelbarer Nähe der deutsch-tschechischen Grenze ein Atomendlager zu bauen.
Breits das Atomkraftwerk Temelin mit einer Rekordanzahl an Störfällen stellt eine beträchtliche Gefahr auch für die Bürger ihres Wahlkreises dar. Das Atomkraftwerk wurde trotz Protesten der Bevölkerung gebaut und soll auch noch ausgebaut werden. Das Endlager setzt nun dem allen die Krone auf.
Die Politik hat bisher beschämend wenig Interesse an diesem Thema gezeigt und scheint die Sorgen der Bevölkerung nicht ernst zu nehmen.

Gedenken Sie und ihre Partei, demnächst einzuschreiten? Welche Möglichkeiten haben sie, zu intervenieren und Druck auf die tschechische Regierung auszuübern?
Und zuletzt: welche Möglichkeit bleibt uns Bürgern, die Politik endlich zum Handeln zu bewegen?

Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Eder

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Eder,

für Ihre Wortmeldung bei „Abgeordnetenwatch“ bedanke ich mich sehr herzlich. Mit Ihnen nehme ich die jüngsten Überlegungen auf tschechischer Seite zur Erkundung einer möglichen Endlagerstätte für Atommüll in der Region Ceský Krumlov sehr ernst.

Wir müssen in der Tat alles daran setzen, sämtliche dahingehenden Aktivitäten bereits im Keim zu ersticken. Alles andere würde für die weitere Regionalentwicklung unserer Drei-Länder-Region verheerende Auswirkungen nach sich ziehen und den Prozess unserer mittlerweile sehr erfolgreichen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in wirtschaftlicher aber auch menschlicher wie politischer Sicht nachhaltig gefährden.

Ich habe mich deshalb dieser Tage an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und Bundesumweltminister Siegmar Gabriel mit der Bitte gewandt, den tatsächlichen Stand der Planungen auf dem Weg zu einem nationalen tschechischen Atomendlager auf dem offiziellen Wege in Erfahrung zu bringen und einem möglichen Standort im grenznahen Südböhmen eine deutliche Absage zu erteilen.

Bezüglich Ihrer Einschätzung der Untätigkeit der Politik in Rahmen des Baus und der Inbetriebnahme des AKW Temelin darf ich sie korrigieren:

Ich habe mich im Vorfeld dieses Prozesses auf den verschiedensten Ebenen bis hin zur Europäischen Union gegen die Verwirklichung des Kraftwerkes eingesetzt. Die eigentliche Problematik liegt aber darin, dass die Energiepolitik eines Mitgliedslandes aus EU-Sicht als nationale Angelegenheit betrachtet wird. Gleichwohl hat sich die rot-grüne Regierung auch auf mein Betreiben hin aktiv um die Verbesserung der Sicherheitsstandards im AKW Temelin bemüht und diese auf bilateraler Ebene immer wieder deutlich thematisiert. Für besonders wichtig erscheinende Sicherheitsfragen wurden vom Bundesumweltministerium eigens vertiefte Prüfungen in Auftrag gegeben, wobei die Ergebnisse in einem sehr offenen Dialog mit den Temelin-Betreibern diskutiert werden konnten. Dadurch konnten wir immerhin zu einigen Sicherheitsverbesserungen beitragen.

Ich persönlich bedauere es außerordentlich, dass es nicht gelungen ist, die Tschechische Republik davon zu überzeugen, Temelin ganz aufzugeben.

Das hat auch damit zu tun, dass die im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen Tschechiens durchgeführten Sicherheitsprüfungen (leider) zu einem für die Mehrheit der Mitgliedsstaaten "zufrieden stellendem" Ergebnis auf der Höhe der in der EU üblichen Standards geführt hatten und Tschechien damit in die Lage versetzt wurde, unsere Sicherheitsbedenken zu relativieren. Unsere Argumentationsbasis vor Ort wird aber sicherlich nicht zuletzt auch durch die bayerische Energiepolitik an sich geschwächt - denn wer im eigenen Bundesland auf einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Atomstrom setzt und - wie die CSU - dafür verantwortlich ist, dass heute in Deutschland wieder über einen Ausstieg vom Ausstieg diskutiert wird, macht sich unglaubhaft, wenn er in Sachen Atomstrom und den damit verbundenen Folgen mit dem Finger auf andere zeigt. So gesehen ist die Entrüstung der CSU in Wahlzeiten gegenüber Temelin, das - wie Sie sicher verfolgt haben - von einem prominenten CSU-Fraktionsmitglied noch vor kurzem als unbedenklich eingestuft worden ist, doch ziemlich heuchlerisch. Ähnlich verhält es sich leider auch bezüglich eines möglichen Endlagers in Südböhmen.

Es zeigt sich also einmal mehr, dass es zu einem Ausstieg aus der Atomenergie, so wie wir Sozialdemokraten ihn verfolgen, keine Alternative gibt.

Für unsere Bemühungen, ein Endlager in Südböhmen zu verhindern heißt das konkret:

1. Deutschland muss mit gutem Beispiel vorangehen und am Atomausstieg festhalten.

2. Es muss auf zwischenstaatlicher Ebene alles versucht werden, im Dialog mit Tschechien das Projekt von der politischen Tagesordnung zu bringen.

3. Wir müssen den Widerstand im Böhmen aktiv (unmittelbare Hilfe) und passiv (Solidarität) stärken und zum Erfolg führen.

Für das stehe ich und für das werde ich mich einsetzen.

Mit freundlichem Gruß

Ihre
Brunhilde Irber, MdB