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Britta Haßelmann
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Frage von Christoph H. •

Frage an Britta Haßelmann von Christoph H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Haßelmann,
um beschlussfähig zu sein, ist die Anwesenheit von min. 50 % (also min. 355) der Bundestagsabgeordneten notwendig (§ 45 (1) Geschäftsordnung des Bundestages).
Am 28.6.19 gegen 1.30 Uhr befanden sich nur etwa 100 Abgeordnete* in der Sitzung, dennoch wurde von Frau Roth die Beschlussfähigkeit festgestellt.
* Mitschnitt von der Sitzung: https://www.youtube.com/watch?v=TNo872pLcE4

1. Wie kommt es dazu, dass § 45 (1) der Geschäftsordnung des Bundestages missachtet wird?
2. Sind die Beschlüsse dann nicht rechtlich unwirksam?
3. Welche Konsequenzen halten Sie hierbei für gerechtfertigt?
4. Steht Frau Roth über der Geschäftsordnung?
5. Wie vereinbart sich diese Missachtung der Geschäftsordnung des Bundestages mit Demokratie?

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Herrmann

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Herrmann,

vielen Dank für Ihre Fragen. Ihrer Behauptung, dass am 28.06.2019 die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages missachtet wurde, widerspreche ich.

Jeder Fraktion steht es offen, die Beschlussfähigkeit des Deutschen Bundestages anzuzweifeln. Wird dies getan, liegt die Entscheidung über die Feststellung der Beschlussfähigkeit beim Sitzungsvorstand gemäß § 45 Absatz 2 GO-BT. Denn dort heißt es: "Wird vor Beginn einer Abstimmung die Beschlußfähigkeit von einer Fraktion [...] bezweifelt und auch vom Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht [...], so ist in Verbindung mit der Abstimmung die Beschlußfähigkeit durch Zählung der Stimmen nach § 51 [...] festzustellen." Die Beschlussfähigkeit des Hauses wird danach per sogenanntem Hammelsprung festgestellt, wenn der Sitzungsvorstand zu keinem einmütigen Ergebnis kommt. Dies ist in der betreffenden Sitzung jedoch nicht geschehen. Im Sitzungsvorstand, der immer drei Personen umfasst, wurde übereinstimmend festgehalten, dass die Beschlussfähigkeit gegeben ist. Die Geschäftsordnung wurde somit korrekt angewendet. Die Sitzung wurde nicht abgebrochen. Diese Auffassung vertrat auch Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble und das gesamte Präsidium.

Es ist das Recht der AfD, im Rahmen der Geschäftsordnung Anträge zu stellen – genauso hat die Mehrheit des Hauses das Recht, die Mittel der Geschäftsordnung auszuschöpfen. Davon hat der Sitzungsvorstand Gebrauch gemacht. Wer eine halbe Stunde vor Sitzungsende um 1.30 Uhr nachts nach einem über 16stündigen Sitzungstag den Abbruch erzwingen will, muss sich nicht wundern, wenn die breite Mehrheit des Hauses Ihrerseits geschäftsordnungsrechtliche Möglichkeiten nutzt. Ich bin dem Sitzungsvorstand dankbar, dass er das Ansehen des Parlamentes gegen diesen durchschaubaren Angriff der AfD verteidigt hat.

Mit freundlichen Grüßen

Britta Haßelmann

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