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Britta Haßelmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Andreas K. •

Frage an Britta Haßelmann von Andreas K. bezüglich Finanzen

Liebe Frau Haßelmann,

ich bin bei einer Kommune beschäftigt und erlebe das Desaster der Kommunalverschuldung aus diesem Blickwinkel mit.

Wir haben definitiv griechische Verhältnisse, nur wenige große Städte in NRW können sich selbst finanzieren. Es ist eine Absurdidät, Kredite aufzunehmen, um Zinsen auf Schulden zahlen zu können. Das wird vielerorts von Jahr zu Jahr schlimmer, die Kosten wird die Allgemeinheit tragen müssen. Die Struktur ist m. E. falsch, und es sind keine Besserungsmaßnahmen in Sicht.
Ich finde es nicht akzeptabel, dass es keinen eigenen Ausschuss des Deutschen Bundestages gibt, der sich mit diesem Problem auseinander setzt.

Meine Fragen an Sie:

1. Was tun Sie im Finanzausschuss gegen eine weitere Abwärtsspirale der Städte?

2. Was halten Sie von dem Vorschlag, das Haushaltsrecht neu aufzustellen, indem a) die Selbstfinanzierung der Kommunen auf sichere Füße gestellt und b) danach keine Vorausplanung Einnahmen/Ausgaben das Maß der ansetzbaren Ausgaben ist, sondern die Einnahmen des vorherigen bzw. der letzten 5 Jahre?

3. Unterstützen Sie die Gründung eines Ausschusses, der sich explizit mit der Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Finanzierung von Bund, Ländern und insbesondere Gemeinden befasst?

Viele Grüße
A. Knappe

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Knappe,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Kommunalfinanzen. Bitte entschuldigen Sie die späte Antwort.
Ich teile ihre Sorge um die Kommunalfinanzen und stimme mit Ihnen überein, dass die Situation vieler Kommunen prekär ist. Viele Kommunen in strukturschwachen Regionen, insbesondere in NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland befinden sich in einer Abwärtsspirale sinkender bzw. stagnierender Einnahmen und steigender Ausgabenlasten.

Die Selbstfinanzierung der Kommunen kann nur vom Bund und den Ländern auf eine sichere Basis gestellt werden. Der Bund muss dafür Sorge tragen, dass das Steueraufkommen der Kommunen nicht weiter beschnitten und sogar gestärkt wird. Aus diesem Grund habe ich mich mit meiner Fraktion gegen die Pläne von Union und FDP zur Abschaffung der Gewerbesteuer ausgesprochen. Diese muss unserer Ansicht nach in eine kommunale Wirtschaftssteuer unter Einbezug der Freiberufler umgewandelt werden. Auf der anderen Seite müssen Bund und Länder für eine aufgabengerechte Finanzierung für die vom Bund an die Kommunen übertragenen Verpflichtungen sorgen. Wenn die jetzt angeschobenen Entschuldungsprogramme der Länder nicht von solchen Maßnahmen flankiert werden, dann bleiben die wesentlichen Verschuldungsursachen weiterhin bestehen.

Die von Ihnen vorgeschlagene Vorausplanung der kommunalen Finanzen allein auf Basis der Einnahmen der letzten Jahre ist leider nicht praktikabel, da allenfalls freiwillige Leistungen davon betroffen wären. Pflichtaufgaben, insbesondere im sozialen Bereich müssen von den Gemeinden geleistet werden und stellen im Durchschnitt mit bis zu 95% einen beträchtlichen Teil des kommunalen Haushalts dar. Kommunen welche sich in einer Schuldenspirale befinden, wären zudem in dem von Ihnen vorgeschlagenen Szenario im Standortwettbewerb noch stärker benachteiligt.

Ich begrüße Ihren Vorschlag, einen speziellen Ausschuss einzurichten, der sich mit diesem Thema befasst. Die Oppositionsfraktionen im Bundestag haben auch bereits, einen solchen "Unterausschuss für Kommunen" etabliert. Allerdings hat die Mehrheit von Union und FDP dafür gesorgt, dass dieser Ausschuss dem Innenausschuss zugeordnet wurde und nicht, wie wir es forderten, dem Finanzausschuss. So wurde vereitelt, dass sich der Ausschuss mit den relevanten Finanzierungsthemen beschäftigen kann. Das derzeitige Problem ist weniger ein Mangel an politischen Organen, sondern vielmehr fehlender Gestaltungswillen der Regierungsparteien.

Mehr Details über unsere kommunalpolitischen Positionen finden Sie auf meiner Homepage unter http://britta-hasselmann.de/im-bundestag/anfragen-und-antraege/anfrage-oder-antrag/nachricht/jetzt-finanzschwache-kommunen-staerken.html

Mit freundlichen Grüßen
Britta Haßelmann MdB

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