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Bodo Ramelow
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Frage von Patricia K. •

Frage an Bodo Ramelow von Patricia K. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Ramelow,

mich interessiert besonders Ihre Position zur zukünftigen Struktur der Lehrerausbildung in Thüringen. Ich arbeite seit vielen Jahren als Fachleiterin am Staatlichen Studienseminar Erfurt, Außenstelle Ilmenau, dem einzigen Seminar für die berufsbildenden Schulen in Thüringen. Unser Studienseminar bildet seit 1991 Jahr für Jahr ununterbrochen Lehramtsanwärter für alle Berufe im kaufmännischen, gewerblichen und medizinischen Bereich für den Freistaat aus.
TOP 1. Die Fachleiter an den Studienseminaren, die einen großen Teil der Verantwortung in der Ausbildung zum II. Staatsexamen tragen, werden m.M. nach in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht angemessen unterstützt.
Das beginnt bei der kontraproduktiven Trennung der Fach- und Dienstaufsicht, geht über die immer schlechteren Abrechnungsmöglichkeiten der notwendigen Dienstreisen, bis zur mangelnden Berücksichtigung der Fachleitertätigkeit als gewichtiges Argument für eine Höhergruppierung. Aus meiner Sicht ist die Fachleiterstelle an Studienseminaren eine Funktion, die vom Dienstherrn entsprechend zu berücksichtigen ist, so wie es in anderen Bundesländern gehandhabt wird.

Wie stellen Sie sich perspektivisch die Lehrerausbildung in Thüringen vor? Welche Rolle spielen dabei die Studienseminare generell und wie soll mit der "Funktion" Fachleiter verfahren werden?

TOP 2. Die Ausbildung an den Studienseminaren wird Jahr für Jahr von allen Beteiligten mit großer Akribie und viel Engagement geführt. Bis 2007 hat sich dies auch "bezahlt" gemacht, denn den erfolgreichen Lehramtsanwärtern wurde i.d.R. auch eine Stelle in Thüringen angeboten. Leider ist dies nun schon für den zweiten Absolventenjahrgang nicht mehr der Fall, obwohl mittelfristig der Lehrermangel insbesondere an den berufsbildenden Schulen absehbar ist. Stattdessen wandern diese zwangsweise in andere Bundesländer ab, die somit modern ausgebildeten Pädagogen kostenlos übernehmen.

Welche Lösungsansätze sehen Sie?

MFG P. Kalbhenn

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Kalbhenn,

vielen Dank für Ihre Fragen. Eine Reform des Schulwesens in Thüringen ist vorrangiges Ziel der Partei DIE LINKE. Die Modernisierung der Lehrerausbildung ist dafür eine wichtige und notwendige Voraussetzung. An die Stelle der bestehenden schulartspezifischen Lehrerausbildung für die allgemein bildenden Schulen wollen wir eine schulstufenbezogenen Lehrerausbildung (für Primar- und Sekundarstufen) setzen, welche den unterschiedlichen pädagogischen Anforderungen in den Entwicklungsphasen der Kinder und Jugendlichen gerecht wird. Dies bedeutet insbesondere auch die Abschaffung unterschiedlicher Ausbildungsumfänge in der Lehrerausbildung. Demzufolge wird es mit uns keine unterschiedlichen Umfänge in der Länge des Vorbereitungsdienstes je nach Schulart geben. Dem Ziel, den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne besonderem Förderbedarf deutlich zu stärken, muss auch die zukünftige Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen Rechnung tragen. Die besondere Spezifik in der Ausbildung von Lehrern an den berufsbildenden Schulen werden wir auch weiterhin berücksichtigen. In der zweiten Phase der Lehrerausbildung spielen die Studienseminare für uns genau so eine wichtige Rolle wie die Seminarschulen. Insbesondere die Studienseminare mit ihren pädagogischen und fächerspezifischen Fachleitern haben eine große Bedeutung sowohl in der Ausbildung der Referendare als auch in der Beratung und Unterstützung der Mentoren an den Ausbildungsschulen. Angesichts des bereits absehbaren Lehrermangels muss das Land schnellsten und wirksam der Abwanderung junger Absolventen entgegenwirken. Dabei ist schon heute jedem erfolgreichen Absolventen ein unbefristetes Angebot zur Übernahme in den Schuldienst in Thüringen zu unterbreiten und die Ausbildungskapazitäten für die Lehrerausbildung sowohl an den Hochschulen als auch an den Studienseminaren und Seminarschulen zu erhöhen. Angesichts des vor uns liegenden Bedarfs in Bezug auf die Lehrerausbildung werden auch der Bedarf an und die Bedeutung von Fachleitern in den Studienseminaren steigen. Dem muss in Zukunft Rechnung getragen werden. Übrigens, die von Ihnen zu Recht kritisierte Trennung der Fach- und Dienstaufsicht in der zweiten Phase der Lehrerausbildung werden wir überwinden. Schulämter in der heute üblichen Form wird es mit uns nicht mehr geben. Wir wollen gerade im Bildungsbereich Bürokratie abbauen (z.B. durch Zusammenlegung von Schulämtern und Schulverwaltungen) und den Schulen wirkliche Eigenverantwortung geben.

Mit freundlichen Grüßen

Bodo Ramelow

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