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Bettina Hornhues
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Frage von Dr. Michael C. •

Frage an Bettina Hornhues von Dr. Michael C.

Sehr geehrte Frau Hornhues,

vielen Dank für Ihre Antwort. Leider hat Ihre vorgebliche Informiertheit nicht dazu geführt, dass sie auch nur eine einzige der von mir genannten Ungereimtheiten aufklären konnten. Sie gehen im Gegenteil überhaupt nicht darauf ein, und Ihre Versicherung ändert daran auch nichts. Was Sie eine ausführliche Begründung für Ihre Entscheidung nennen (Antwort an Hrn. M. vom 4.12.) ist im Wesentlichen eine rhetorische Variante von: Wir sind die Guten, das sind die Bösen. Und wir haben tolle Waffen. Aber Syrien hat weder uns noch Frankreich angegriffen, mit Selbstverteidigung hat das also nichts zu tun, was Sie da mit legitimiert haben. Meine drei Fragen stehen noch immer unbeantwortet, bitte äußern Sie sich dazu!

Meinungen können unterschiedlich sein, ja, man sollte seine Meinung aber nicht nur mit wohlklingenden Sprechblasen „begründen“ können – ganz besonders als Entscheidungsträger in ihrer Position! Sie reden von „extremistischer Gewaltideologie“, die sie bekämpfen wollen und das Mittel ihrer Wahl sind ausgerechnet Bomben? Ich rate Ihnen ein weiteres Mal, nicht nur unsere deutschen Leitmedien zu konsultieren, deren oft fehlende Objektivität und eindeutige Parteinahme kein neutrales Bild zeichnen (können). Die alternativ genannten Medien beschreiben die aktuellen Entwicklungen jedenfalls ganz anders – und wesentlich plausibler. Ich kann leider auch überhaupt nicht erkennen, dass Sie um friedliche Lösungen ringen bei Ihrem „entschlossenen Kampf für den Weltfrieden“. Das ist schade und traurig.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Conrath

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Sehr geehrter Herr Dr. Conrath,

ich danke Ihnen für Ihre erneute Nachfrage. Gerne gehe ich nochmal auf die gestellten Fragen ein. Ich möchte den Fokus aber etwas weiter legen, denn der Einsatz in Syrien und der enorme Flüchtlingszustrom, den wir derzeit erleben, hängen eng zusammen.

Viele Syrer haben in den letzten Jahren nicht nur Familienmitglieder im Krieg verloren, sondern auch Ihre Heimat und befinden sich seitdem auf der Flucht. Der Islamische Staat geht mit einer unvorstellbaren Brutalität gegen die Menschen vor, weshalb wir davor nicht länger die Augen verschließen dürfen. Dies beantwortet zugleich Ihre erste und zweite Frage. Weshalb wird Syrien angegriffen? Warum halte ich das für richtig?

Ich halte den Einsatz für richtig, weil wir nicht länger mit zusehen dürfen, wie Familien und Kinder getötet werden. Die furchtbaren Terroranschläge in Paris und zuletzt in Istanbul zeigen, dass die Angriffe uns allen gelten, unserer Lebensweise und unseren Werten. Und sie fragen, wo die Legitimation des Einsatzes liegt. Frankreich hat alle EU-Mitgliedstaaten um Beistand nach der EU-Beistandsklausel (Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages) gebeten. Und wir stehen zu unserer Pflicht.

Rechtsgrundlage des Einsatzes ist Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen (Recht auf kollektive Selbstverteidigung). Für die Ausübung des Selbstverteidigungsrechts ist es nicht erforderlich, dass stets eine ausdrückliche Sicherheitsratsresolution nach Kapitel VII der VN-Charta vorliegt. Ansonsten wäre die Bestimmung des Artikels 51 der VN-Charta überflüssig. Das Selbstverteidigungsrecht besteht vielmehr so lange, bis es dem Sicherheitsrat gelingt, mittels einer Kapitel-VII-Resolution die internationale Sicherheit wiederherzustellen. Dies ist bislang nicht erfolgt. Verstärkende Legitimationswirkung für die Ausübung des kollektiven Selbstverteidigungsrechts entfaltet die Sicherheitsratsresolution 2249. Sie ist zwar keine Resolution nach Kapitel VII der VN-Charta. Sie stellt aber mit den Formulierungen des Kapitel VII fest, dass der IS eine Bedrohung für den Frieden und die internationale Sicherheit ist. Daher ruft der Sicherheitsrat die Staaten dazu auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Terrorakte des IS zu verhindern.

In einem Punkt muss ich Sie korrigieren. Sie behaupten, dass unsere Mittel „Waffen und Bomben“ sind und dies ist so pauschalisiert leider nicht richtig. Frankreich hat uns gebeten, den Kampf gegen des IS mit RECCE-Aufklärungstornados zu unterstützen. Das sind die modernsten Aufklärungsflugzeuge, die es derzeit weltweit gibt. Die Bilder haben eine Detailtiefe, die Aufklärungsdrohnen nicht erreichen. So können wir genau ermitteln, wo sich Stellungen, Infrastruktur und Einheiten des IS befinden. Damit ermöglichen wir eine zielgenaue Bekämpfung der Terroristen und tragen zugleich dazu bei, dass deutlich besser zwischen Zivilisten und Terroristen unterschieden werden kann.

Und das führt auch zur Beantwortung Ihrer dritten Frage. Sie behaupten mit Ihrer Frage, dass keine diplomatischen Wege versucht werden. Leider scheinen Ihre Quellen das nicht ganz richtig anzugeben. Gerne möchte ich Ihnen aber erklären, welches Ziel der Einsatz hat und in welche Gesamtstrategie der Einsatz eingebettet ist. Diplomatie ist nämlich ein wichtiger Teil davon.

Unser Ziel ist die Verhütung und Unterbindung terroristischer Anschläge. Zugleich müssen wir erreichen, dass der IS keine Gräueltaten mehr an der Zivilbevölkerung begehen kann. Die Menschen müssen in der Region endlich wieder in Frieden leben können.

Die Bekämpfung des IS erfolgt nach dem Ansatz der Vernetzten Sicherheit. Das umfasst diplomatische, entwicklungspolitische, polizeiliche und notfalls auch militärische Mittel.

Der wichtigste Pfeiler ist der politische Prozess der Wiener Verhandlungen zur Beendigung des Bürgerkrieges in Syrien. Wenn es gelingt, eine Verständigung zwischen der verhandlungsbereiten Opposition und dem Assad-Regime in Syrien zu erreichen, gibt es die Chance für ein gemeinsames Vorgehen gegen den IS im Land. Erstmals sitzen dazu die USA, Russland, die Europäer aber auch regionale Akteure wie Saudi-Arabien und Iran an einem Tisch, um einen Waffenstillstand und einen politischen Übergangsprozess in Syrien auszuhandeln. Und dass man im Nahen Osten etwas mit Diplomatie erreichen kann, zeigt doch das Nuklearabkommen mit dem Iran.

Wir setzen zweitens auf die erfolgreiche Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe für Peschmerga, Jesiden und andere gemäßigte Gruppen, die sich dem IS entgegenstellen. Dazu werden wir das Mandat für die Ausbildungsmission der Bundeswehr im Nordirak von 100 auf künftig 150 Soldaten erweitern. Und wir stellen bis zu 100 Millionen Euro zur Ertüchtigung von regionalen Partnern bereit. Mithilfe der Luftunterstützung durch die Anti-IS-Koalition ist es den Peschmerga bereits gelungen, den IS aus Städten wie Kobane und Sindschar zu vertreiben. Das zeigt: Es ist möglich, den IS militärisch zurück zu drängen.

Drittens müssen die Finanzquellen des IS ausgetrocknet werden. Der UN-Sicherheitsrat hat schon im Februar 2015 beschlossen, dass alle Staaten Geldtransfers an den IS unterbinden müssen. Dies hat er mit Resolution 2249 nochmals bekräftigt. Deutschland hat das schon umgesetzt und einen eigenen Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung geschaffen. Jetzt müssen alle anderen Staaten, insbesondere diejenigen in der arabischen Welt, ebenfalls alles dafür tun, um die Finanztransfers an den IS zu unterbinden und insbesondere sein Ölgeschäft zu vereiteln.

Viertens werden wir noch entschlossener die IS-Propaganda in den sozialen Netzwerken bekämpfen und in Programme zur Prävention und Deradikalisierung von Jugendlichen investieren.

Fünftens erhöhen wir die humanitäre Hilfe für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien und dem Irak um 400 Millionen Euro auf rund eine Milliarde Euro. Zudem stellen wir im nächsten Jahr 850 Millionen Euro mehr für die Entwicklungszusammenarbeit bereit. Dieses Geld kommt vor allem den Menschen zu Gute, die vor dem IS fliehen. Die geplante Syrien-Flüchtlingskonferenz am 4. Februar 2016 in London soll weitere humanitäre Hilfen für syrische Flüchtlinge und die Aufnahmeländer regeln.

Das zeigt: Eine Bekämpfung des IS im Rahmen der Vernetzten Sicherheit ist nachhaltig und leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Linderung der Fluchtursachen.

Diplomatie ist wichtig und unsere strategische Ausrichtung ist vielfältig, klar ist aber auch: es wird keine Zusammenarbeit mit Assad geben und auch nicht mit den Truppen unter der Führung Assads. Wir setzen auf den diplomatischen Verhandlungsprozess in Wien, der einen politischen Übergang in Syrien weg von Assad einleiten soll. Klar ist aber auch, dass wir die Staatlichkeit Syriens erhalten müssen, denn im Falle eines Staatszerfalls droht neue Gewalt.

Ich hoffe sehr, dass meine detaillierte Beantwortung zur Klärung beiträgt.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hornhues

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