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Bettina Hagedorn
SPD
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Bettina Hagedorn von Gerhard R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Hagedorn,

zu Steuergelder für Banken.

Wenn Sie Finanzministerin des Landes Schleswig-Holstein wären: Wie lange, wie oft
und in welcher maximalen Höhe würden Sie im Falle der HSH Nordbank den Verlust von Steuergeldern riskieren?

Dazu: Suchergebnis in GoogleWeb
FDP nennt Notplan für die HSH "ungeheuerlich"
Hamburger Abendblatt-21.03.2013
Erstmals geht es nicht mehr nur um Garantien, also um ein ... "Damit würden das Land und die Steuerzahler zur Müllhalde toxischer ... Mit der Auslagerung der Risikopapiere könnte eine Art Bad Bank der beiden Länder entstehen - ein Institut, das der HSH Nordbank "schlechte" Papiere abnimmt.

Nicht nur im Falle der HSH frage ich:

Warum soll das unternehmerische Risiko nicht auch für Banken gelten?
Wird hier das Schreckgespenst einer Katastrophe an die Wand gemalt, um den Staat erpressen zu können?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Reth,

am 23. März 2013 haben Sie mich zum Thema HSH-Nordbank angeschrieben. Dass ich erst heute dazu komme Ihnen zu antworten tut mir leid. Vorab aber Folgendes: ich bin ganz offenbar für Ihre Fragen die falsche Ansprechpartnerin. Denn Sie stellen mir Ihre Fragen unter der hypothetischen Prämisse, ich sei Finanzministerin des Landes Schleswig-Holstein. Wäre ich das, wäre ich eingebunden in alle die HSH-Nordbank betreffenden politischen internen Informations- und Entscheidungsprozesse und könnte Ihnen fachkundig darlegen, welche Überlegungen den Entscheidungen über die Höhe der Garantieübernahmen bei der HSH-Nordbank zugrunde liegen und wann bei der Höhe der Garantien eine mögliche Grenze erreicht ist.

Ich bin allerdings nicht Finanzministerin in Schleswig-Holstein, sondern seit 11 Jahren Mitglied des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag. Dort beschäftige ich mich zwar u.a. en detail mit Themen wie Zypern, Griechenland, der Euro-Krise und speziell mit dem Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales als dessen Hauptberichterstatterin und habe Zugang zu internen Unterlagen all diese Themen betreffend. Aber als Bundespolitikern bin ich eben nicht eingebunden in das politische Engagement für eine ehemalige Landesbank.

Ich möchte Sie daher bitten, sich an die schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold und/oder die weiteren Entscheidungsträger bei HSH-Nordbank-Themen (Finanzpolitiker der Landtagsfraktionen von Schleswig-Holstein und Hamburg) zu wenden, die sich in stundenlangen Ausschusssitzungen, Arbeitskreisen oder Fachgesprächen beider Bundesländer im Detail mit der HSH-Nordbank beschäftigen.

Sie fragen, warum unternehmerisches Risiko nicht auch für Banken gelten sollte. Ich denke, Sie wollen damit die milliardenschwere staatliche Bankenrettungen der letzten Jahre kritisieren, denn im Normalfall trägt ein Unternehmen - also auch eine Bank - die unternehmerische Verantwortung selbst. Seit Beginn der internationalen Finanzkrise mussten Staaten jedoch dort einspringen, wo Banken ihrer Verantwortung aus Unvermögen oder vorsätzlich nicht nachgekommen sind, um die Menschen – nicht die Banken – vor schlimmerem zu bewahren.

Ich gebe Ihnen recht, dass es nicht einfach ist, den Menschen in Deutschland und Europa zu vermitteln, dass diese Maßnahmen notwendig waren und sind. Aus der Krise scheinen die Reichen reicher und die Armen ärmer hervorzugehen, was unser aller Gerechtigkeitsempfinden provoziert. Hinzu kommt, dass Staaten, die in eine finanzielle Schieflage geraten sind, zum großen Teil auf dem Rücken der Bevölkerung rigide Sparkurse durchsetzen, um den Vorgaben der europäischen Regierungschefs und der „Troika“ zu genügen. Damit werden jenen Menschen einseitig die Lasten aus der Krise aufgebürdet, die diese mit Sicherheit am wenigsten zu verantworten haben, während die Banken ihre „faulen“ Papiere in „Bad Banks“ auslagern, für die der Steuerzahler haften soll. Ja, es muss ein Kurswechsel her, damit die Menschen in Europa weiter in die Demokratie und die politisch Handelnden vertrauen können. Daran arbeiten wir.

Gerade heute, am 17. Mai 2013 ab 12.35 Uhr diskutiert der Deutsche Bundestag eine Stunde den gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen „Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte: Erpressungspotential verringern – Geschäfts- und Investmentbanking trennen“ (schicke ich auf Wunsch gerne zu) – die Debatte wird auf Phoenix live übertragen.. Für die SPD ist daher klar: Um einem drohenden Vertrauensverlust der Menschen in die politischen Institutionen sowohl auf nationalstaatlicher als auch auf europäischer Ebene entgegenzuwirken, müssen wir die Finanzmärkte wirkungsvoll bändigen. Peer Steinbrück hat dazu bereits im September 2012 ein Positionspapier verfasst, worin es auf Seite 7 heißt:
„Große, systemrelevante Banken haben aufgrund ihrer Bedeutung für die Volkswirtschaften ein Erpressungspotenzial gegenüber der Politik. Bislang konnten sie im Krisenfall auf staatliche Unterstützung zählen. Die Staatshaftung für Fehlentscheidungen, Risikoignoranz oder spekulative Geschäfte muss eine Ende haben. Grundlage der sozialen Marktwirtschaft ist, dass Haftung und Risiko zusammengehören. Wer private Gewinne realisieren kann, der darf die Verluste nicht sozialisieren können. Wer Geld riskant anlegt, um höhere Renditen zu erzielen, muss für die Verluste haften. Auch Banken müssen die Gefahr des Scheiterns spüren.“

Daran schließen sich detaillierte Forderungen nach einem Bankenfonds, nach einer Beteiligung von Aktionären und Gläubigern bei zukünftigen Rettungsaktionen und nach größeren Eigenkapitaleinlagen vor allem bei sogenannten Schattenbanken an, um nur einige Vorschläge zu nennen. Diese Maßnahmen sollen die Banken wieder mehr in die Pflicht nehmen und entsprechen damit genau Ihrer Forderung nach einem höheren unternehmerischen Risiko für Banken. Besonders kämpfen wir als SPD-Bundestagsfraktion seit Jahren für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, deren Umsetzung in Europa eine Schlüsselstellung bei dem erfolgreichen Kampf gegen die Ursachen der Krise zukommt. Im Sommer letzten Jahres haben wir unsere erforderliche Zustimmung zum Fiskalpakt gegenüber der schwarz-gelben Regierungskoalition im Bundestag davon abhängig gemacht, dass das Duo Merkel/Schäuble sich in Europa endlich ernsthaft und ultimativ für diese Steuer einsetzt. Und jetzt endlich kommt Bewegung in die Sache: immerhin 11 Staaten haben inzwischen die gemeinsame Umsetzung dieser Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene – gegen die Lobbyisten aus dem Banken- und Investmentsektor - beschlossen. Das zeigt: steter Tropfen höhlt den Stein. Aber natürlich könnten wir unsere Banken-kritische Haltung in Deutschland und Europa viel wirkungsvoller durchsetzen, wenn wir ab 23. September dieses nicht länger in der Rolle der Opposition, sondern in der Rolle der Regierung tun könnten. Ich hoffe dabei auf Ihre Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

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