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Bettina Hagedorn
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Frage von Dirk B. •

Frage an Bettina Hagedorn von Dirk B. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Hagedorn,

wenn ich Sie auf der ZVO-Verbandsversammlung im Januar 2008 richtig verstanden habe, dann sind Sie gegen eine Erweiterung des MHKW Neustadt.
1. Stimmt das?
2. Falls ja, wie werden Sie auf Ihre Genossen einwirken, damit diese endlich versuchen, auf Kreisebene die Erweiterung zu verhindern?
3. Was würden Sie tun, wenn falsche Annahmen zu dem damaligen Beschluss geführt haben?
4. Werden Sie die Neustädter auf Bundesebene unterstützen?

MfG Dirk Bohrer

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Bohrer

Vielen Dank für Ihre Fragen zum Müllheizkraftwerk Neustadt. Ja, Sie haben mich am 30. Januar 2008 auf der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Ostholstein richtig verstanden, bei der ich als „normale Bürgerin“ teilgenommen und von meinem Fragerecht in der Einwohnerfragestunde Gebrauch gemacht habe: Ich bin GEGEN die damals per Verbandsbeschluss vorgesehene zusätzliche Erweiterung des Müllheizkraftwerkes und bin es auch heute noch – deshalb bin ich froh, dass die Verbandsversammlung damals auf Initiative der SPD-Kreistagsabgeordneten eine Veränderung des von der CDU-Mehrheit vorgesehenen Beschlusses bewirken konnte: Der Zweckverband Ostholstein wollte – wie Sie wissen - neben der bestehenden, „alten“ Anlage von 60.000 Tonnen Kapazität noch eine weitere zusätzlich von 80.000 Tonnen Kapazität schaffen – angeblich, um damit mittel- bis langfristig die alte Anlage zu ersetzen. Allerdings gab es für die definitive Stilllegung der Altanlage keinerlei Festlegung, so dass es de facto auf eine klammheimliche Kapazitätserhöhung um mehr als das Doppelte – nämlich auf 140.000 Tonnen – hinausgelaufen wäre. Eine solche Kapazitätserweiterung ist weder erforderlich, um den Müll unserer Region zu entsorgen, noch war das von den Betreibern beabsichtigt: der Standort Neustadt wäre zum Zentrum eines „Müllimports“ geworden, um die Gewinninteressen derer zu bedienen, die mit der von mir lange vergeblich bekämpften Teilprivatisierung wesentliche Anteile am bis 2003 kommunalen Zweckverband erworben haben – zu Lasten der Umwelt inmitten eines der tourismusintensivsten Kreise bundesweit direkt an der Ostsee. Gegen diese Art von Mülltourismus hat sich die SPD auf Kreisebene – obwohl Minderheitsfraktion im Kreistag – mit der Unterstützung der Neustädter Initiative angesichts auch einer kritischen Medienöffentlichkeit erfolgreich eingesetzt. Darüber bin ich sehr froh. Auf Initiative der SPD-Kreistagsfraktion hat die Verbandsversammlung 2008 nun beschlossen, die alte Anlage bei Inbetriebnahme der Erweiterung unverzüglich abzustellen. Sicherlich war dieser Beschluss ein Kompromiss, auf den die CDU-Kreistagsfraktion sich vor allem aufgrund des öffentlichen Drucks und aus Sorge vor der Kommunalwahl Ende Mai 2008 eingelassen hat – ich persönlich hätte ihn mir noch schärfer und konkreter gewünscht. Aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der ZVO-Versammlung war diese Beschlussveränderung in einer Sitzungsunterbrechung ein großer Erfolg der SPD-Kreistagsfraktion.
Von Herbst 1997 bis April 2003 war ich als Bürgermeisterin von Kasseedorf Mitglied der Zweckverbandsversammlung sowie im Ausschuss für Anlagen und Netze. In diesen Jahren habe ich stets vehement gegen eine Teilprivatisierung des Zweckverbandes gekämpft, wie es in vielen Protokollen nachlesbar ist. Leider hatte ich dabei wenig Unterstützung – weder durch andere Fraktionen, Bürgermeister noch durch kritische Bürger wie Sie. Schon damals habe ich auch in veröffentlichten Presseartikeln davor gewarnt, dass das Müllheizkraftwerk nach dem bereits in den 90er Jahren beschlossenen Ende der Genehmigungsfähigkeit zur Deponierung von Abfällen und der Pflicht zur Verbrennung ab 2005 zu einer „goldenen Gans“ werden würde, an deren „goldenen Eiern“ Privatunternehmen gerne mit verdienen wollen. Aus meiner Sicht ist darum der Kernfehler die Teilprivatisierung des ZVO gewesen – die Erweiterungsgelüste das Müllheizkraftwerk betreffend sind allein die logische Konsequenz.
Als Bundestagsabgeordnete kann und werde ich mich nicht in kommunale Entscheidungen des Kreises Ostholstein einmischen – aber das Engagement der Neustädter gegen die Erweiterungspläne des ZVO hat stets meine volle ideelle Unterstützung gehabt, und das habe ich auch öffentlich deutlich gemacht. Ende Mai 2008 wurde der Kreistag neu gewählt – dabei hatten die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, der CDU für ihre verfehlte Politik neben vielen sozialen Bereichen auf Kreisebene auch für das MHKW Neustadt „einen Denkzettel zu verpassen“. Diese Möglichkeit wurde – aus meiner persönlichen Sicht - leider nicht ausreichend genutzt. Mit den gestärkten „Freien Wählern“ und der FDP zusammen hat die CDU satte Mehrheiten im Kreistag und in der ZVO-Versammlung. Daher kann ich Ihnen nur empfehlen, diese drei Fraktionen nach ihren Zukunftsplänen für das MHKW Neustadt zu befragen. Innerhalb der SPD-Ostholstein haben wir uns nicht nur im Januar 2008 intensiv und sehr kritisch mit der Thematik beschäftigt – an diesem Meinungsbildungsprozess habe ich selbstverständlich engagiert mitgewirkt – und das Ergebnis haben Sie am 30.1.08 live miterlebt. Was ich als Bundestagsabgeordnete für Sie und Ihr Anliegen im Rahmen meiner Abgeordnetentätigkeit tun kann und soll, ist mir bisher noch nicht klar geworden – in jedem Fall haben Sie meine Sympathie und moralische Unterstützung. In erster Linie sind aber - wie gesagt - der Kreistag Ostholstein und die CDU als stärkste Fraktion verantwortlich für den Beschluss zur Erweiterung.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

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