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Bettina Hagedorn
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Frage von Jonas K. •

Frage an Bettina Hagedorn von Jonas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hagedorn,

Mich interessiert aus gegebenem Anlass, welche Position sie im Bezug auf die aktuelle Debatte um die möglichen internet-Sperrungen von Seiten mit Kinderpornographischem Inhalt beziehen.

Vorweg: Kindesmissbrauch in der Form von Pornographie Minderjähriger, zugänglich gemacht via Internet ist wie jede andere Form auch verachtungswürdig und ein besonders abscheuliches Verbrechen und muss als solches mit angemessenen Mitteln bekämpft werden, hierüber besteht kein Zweifel.

Aber gerade jene Angemessenheit geht in meinen Augen NICHT hervor aus dem am 22.04.2009 vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzesentwurf.
Als versierter Internet-Nutzer mit einem gewissen technischen Hintergrund kann ich ihnen versichern, das entgegen anderer Äußerungen die geplanten Sperren in der Tat (wie von vielen Fachleuten berichtet (Unter http://mogis.wordpress.com/ finden sie das vielsagende Internet-Portal der sog. "MissbrauchsOpfer gegen Internet-Sperren")) erschreckend leicht zu umgehen sind und KEINE RELEVANTE ZUGANGSERSCHWERUNG zu relevantem Material darstellen.
Fachleute- und Medien weisen deutlich die sicherheitstechnisch implizierten Schwächen der geplanten Verfahren auf.
Da davon auszugehen ist, dass Individuen, die genanntes Material beziehen, eine gewisse Routine im Umgang mit dem Internet und wohlmöglich sogar im Umgang mit Annonymisierungs-Verfahren entwickelt haben, sehe ich die Wirksamkeit umso mehr in Frage gestellt.

Welche Position beziehen sie?
Sehen sie hinsichtlich der laut werdenden Begehrlichkeiten, die Sperren auf diverse andere Bereiche auszuweiten einen potentiell problematischen Dammbruch bez. der Einflussnahme von Staat und Regierung auf das Internet?
Liegt hier nicht Augen-Verschließen und eine Verschwendung von Energie vor, die darauf verwendet werden müsste, die Produzenten, Anbieter und Verbreiter solcher Materialien zur Verantwortung zu ziehen - von denen übrigens der Großteil in westlichen Rechststaaten wirkt?

MfG aus Berlin/Eutin
Jonas Knorr

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Sehr geehrter Herr Knorr,

Es freut mich, dass Sie sich die Zeit nehmen, Ihre Bedenken an dem Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen zu äußern. Im Bundestag habe ich für dieses Gesetz gestimmt, und ich will Ihnen gerne meine Begründung darlegen.

In der Vergangenheit wurden das Herstellen, die Verbreitung und der Besitz von Kinderpornographie bereits lückenlos unter Strafe gestellt. Die Verfolgung dieser Verbrechen wird durch das neue Gesetz nicht leiden, sie wird ergänzt. Bei dem Stopp-Schild geht es darum, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Uns ist bekannt, dass, wie Sie auch schreiben, versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Dieses und weitere Probleme wurden auch im Parlament lange diskutiert. Es kommt uns aber auch darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Wir müssen eben nicht nur die Produzenten solcher Filme und Bilder verfolgen, sondern auch die Konsumenten aufwecken und abschrecken. Die Provider werden in dem Gesetz verpflichtet, "technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu kinderpornographischen Internetangeboten zu erschweren." Dazu wird ihnen vom Bundeskriminalamt eine täglich aktualisierte Liste mit den Adressen von Kinderpornoseiten übermittelt. Dies ist keine Internetzensur, sondern die Bekämpfung krimineller Handlungen in einem sehr speziellen Fall. Einen möglichen "Dammbruch" für den Einfluss des Staates auf das Internet kann ich darin nur insofern erkennen, dass auch das Internet kein rechtsfreier Raum ist und Verbrechen nirgendwo ungesühnt bleiben dürfen.

Deswegen ist aus meiner Sicht das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen zwar kein großer, aber ein guter Schritt hin zu einer effizienteren Bekämpfung von Kinderpornographie. Ich will allerdings auch hoffen, dass die Zivilgesellschaft und besonders die technisch begabten Internetnutzer den Gesetzgeber mit dieser Aufgabe nicht alleine lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

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