Portrait von Bernhard Rapkay
Bernhard Rapkay
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Bernhard Rapkay zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Frank B. •

Frage an Bernhard Rapkay von Frank B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Rapkay,

mein Interesse gilt heute der im Vertrag von Lissabon eingeführten Todesstrafe ( http://www.presswire.de/default.asp?obj=8&id=25181 ). Noch gilt bei uns Artikel 102 des Grundgesetzes „Die Todesstrafe ist abgeschafft“, aber der Bundestag kann in kurzer Zeit das Grundgesetz verändern ( http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/land-welt_artikel,-Grundgesetzaenderung-beschlossen-_arid,103765.html ). Der Artikel 102 unterliegt nicht der Ewigkeitsklausel, wie die Artikel 1 und 20 GG.

- Warum war es für die EU, und dem Bundestag, so wichtig, für Aufstand, Aufruhr, Krieg und Kriegsgefahr die Todesstrafe einzuführen?
Kann der Artikel 102 GG durch die EUROGENDFOR ausgehebelt werden?
- Alle 27 Mitgliedstaaten hatten die Todesstrafe abgeschafft, dennoch wurde sie wieder eingeführt. Warum?
- Warum wird die Todesstrafe nicht ausgeweitet auf Terroristen, Kinderschänder, Massenmörder und Hochverrat?
- Wie unterscheidet sich Aufstand/Aufruhr von der Ausübung von Recht auf Widerstand?
- Wie kann vermieden werden, dass die Ausübung von Recht auf Widerstand zum Aufstand/Aufruhr eingestuft wird?
- Welche Vorschriften gelten für die Todesstrafe? Wie wird sie umgesetzt? Welche Form kommt zum Einsatz? Spritze? Erschießen? Galgen? Fallbeil?
- Welche Instanz entscheidet über die Todesstrafe?

Ich möchte Sie bitten meine Fragen nicht nur mit dem Artikel 102 abzuschmettern. Immerhin könnten innerhalb weniger Tage Bundestag und Bundesrat diesen Artikel aus dem GG streichen. Das Beschneidungsgesetz hat gezeigt, wie schnell der Gesetzgeber handeln kann, wenn er will. Ich habe übrigens zum Thema Widerstandsrecht eine Petition im Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht (als öffentliche Petition eingereichte, aber nicht veröffentlichte Petition Nr. 38490) Darum interessiert mich besonders die Unterscheidung zwischen Aufstand/Aufruhr und das Recht auf Widerstand.

Ich bedanke mich für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Frank Borgmann

Portrait von Bernhard Rapkay
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Borgmann,

Ihre Behauptung, mit dem Vertrag von Lissabon wäre die Todesstrafe eingeführt worden, ist schlicht falsch und ohne jegliche Substanz. Das Gegenteil ist richtig: Mit Artikel 2 der Charta der Grundrechte (CGR) als Bestandteil des Vertrages von Lissabon wird die Todesstrafe ausdrücklich ausgeschlossen:

Art. 2 Recht auf Leben
.....
(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.

Insofern können und müssen Ihre Fragen nicht beantwortet werden.

Diese Behauptung, mit dem Vertrag von Lissabon würde die Todesstrafe in den Mitgliedsländern, also auch in Deutschland, wieder eingeführt, geht auf die hilflosen Versuche von Gegnern des Vertrages zurück, die in Ermangelung von Argumenten versuchten, diesen Unsinn in die Welt zu setzen.

Unsinn bleibt Unsinn, auch im Jahr 2013.

Die abenteuerliche Gedankenkette war folgende: Der Vertrag von Lissabon schafft die Rechtsgrundlage, dass die EU, die durch den Vertrag Rechtspersönlichkeit erlangt hat, der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK beitreten kann. Dies hat sie bislang nicht gemacht, die Vorbereitungen dazu laufen aber. Ich werde diesem Beitritt zustimmen. Die EMRK ist kein Bestandteil der EU; sonst müsste sie ihr ja nicht beitreten. Sie ist im Rahmen des Europarates geschaffen worden, wurde am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet und trat am 3. September 1953 in Kraft .

In dieser EMRK ist in der Tat die von Ihnen über den Link zitierte Passage zu finden. Nun ist dies nun wirklich keine Vorgabe, sondern eine einschränkende Duldung für gewisse, an der EMRK teilnehmende Länder. Die EU hat mit dem von mir oben zitierten Artikel 2 CGR für sich und ihre Mitgliedsländer die Berufung auf diese Passage ausdrücklich ausgeschlossen.

Damit ist alles gesagt. Sollte man sich hypothetisch doch einen Augenblick auf diesen Gedankengang einlassen, gebe ich Folgendes zu bedenken: Wo gibt es dann einen neuen Tatbestand? Wenn der Bezug auf die EMRK wirklich die Todesstrafe wieder einführen würde, wäre sie in Deutschland (und anderen Mitgliedsstaaten der EU) schon lange wieder eingeführt worden. Denn Deutschland hat die EMRK bereits am 4. Dezember 1952 ratifiziert!. Diesem abwegigen Gedankengang folgend, hätte Deutschland damit seinerzeit die Todesstrafe schon wieder eingeführt.

Was bekanntermaßen nicht stimmt!