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Bernhard Daldrup
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Frage von Marc E. •

Frage an Bernhard Daldrup von Marc E. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Daldrup,

ich habe gelesen, dass Sie einen Vorschlag zur neuen Berechnung der Grundsteuer unterbreitet haben. Ich habe aber nirgends gelesen, wie Sie verhindern wollen, dass die durch Ihren Vorschlag steigende Grundsteuer 1 zu 1 auf die Mieter umgelegt wird. Sie glauben doch hoffentlich nicht wirklich an die "Kulanz der Vermieter". Haben Sie daher eine Deckelung der Umlage der Grundsteuer auf die Mieter in Ihrem Gesetzesentwurf vorgesehen? Sinnvoll wäre eine Deckelung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die jetzigen Grundsteuerbescheide.

Falls Sie eine solche Deckelung vorgesehen haben, wird die SPD auch dafür sorgen, dass diese Regelung ins Gesetz kommt? Falls Sie keine entsprechende Regelung vorgesehen haben, wieso nicht? Wollen Sie, dass die Mieter die steigenden Kosten alleine tragen?

mit freundlichen Grüßen

M. E.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr E.,

wie so oft steckt bei der Grundsteuer der Teufel im Detail. Aber der Reihe nach.

Die Grundsteuer ist in ihrer derzeitigen Fassung aller Wahrscheinlichkeit nach verfassungswidrig. So sieht das jedenfalls der Bundesfinanzhof. Hintergrund sind die sogenannten Einheitswerte für Grundstücke und Immobilien, die der Berechnung der Grundsteuer zugrunde liegen. Diese Einheitswerte wurden zuletzt 1964 (für Westdeutschland) bzw. 1935 (für Ostdeutschland) festgesetzt. Seitdem haben sich die Grundstückspreise (und somit auch die Werte) jedoch massiv verändert. Das bedeutet: Die alten Werte passen nicht mehr. Die Folge: Die einen bezahlen heute zu viel, die anderen zu wenig Grundsteuer. Das Bundesverfassungsgericht wird im Jahr 2018 ein Urteil zu dieser Frage fällen. Alle Beobachter rechnen damit, dass sich das Bundesverfassungsgericht dem Bundesfinanzhof anschließt und die Grundsteuer in ihrer derzeitigen Form für verfassungswidrig erklärt. Darum muss die Grundsteuer reformiert werden.

Zu dem neuen Vorschlag: Ein Reformvorschlag für die Grundsteuer liegt seit Ende 2016 auf dem Tisch – nach vorausgegangener jahrzehntelanger Diskussion. Den habe allerdings nicht ich unterbreitet, sondern der Bundesrat. Es handelt sich also um einen Reformvorschlag, der von den Bundesländern entwickelt wurde (Federführung Niedersachsen und Hessen). Im Bundesrat haben alle Bundesländer bis auf Bayern und Hamburg für den Vorschlag gestimmt und ihn an den Bundestag weitergeleitet. Weil sich die CSU jedoch geweigert hat, über den Vorschlag des Bundesrates auch im Bundestag zu beraten, sind die Gesetzentwürfe mit der Bundestagswahl 2017 quasi abgelaufen (sogenannte Diskontinuität), sie müssen darum erneut eingebracht werden. Genau das will ich erreichen, denn die Reform ist ja nach wie vor dringend notwendig. Vermutlich war es das, worüber Sie gelesen haben. Aber wie gesagt: Die fraglichen Gesetzentwürfe wurden nicht von mir, sondern von den Bundesländern erarbeitet und eingebracht.

Eines ist noch wichtig: Bei dem Reformvorschlag geht es gar nicht um die Höhe Grundsteuer. Stattdessen sollen die Regeln, nach denen die Grundstücke bewertet werden, aktualisiert werden. Anschließend sollen die Grundstücke mit den neuen Regeln neu bewertet werden. Es geht bei der Reform also ausschließlich um die Frage, welche Grundstückswerte bei der Berechnung der Grundsteuer zugrunde gelegt werden. Über die Höhe der Grundsteuer entscheidet aber nach wie vor jede Stadt und jede Gemeinde selber (mit dem sogenannten kommunalen Hebesatz, das wird auch nach einer Reform so bleiben). Auch wenn bei der geplanten Neubewertung also höhere Grundstückswerte herauskommen sollten, kann die jeweilige Kommune den Hebesatz so anpassen, dass es unter dem Strich keine Steuererhöhung gibt. Schließlich: Der Reformvorschlag sieht eine Übergangsfrist von mehreren Jahren vor. Würde er noch 2018 verabschiedet, so würde die reformierte Grundsteuer vermutlich erst ab dem Jahr 2028 erhoben werden (weil die Neubewertung aller Grundstücke in Deutschland anhand der neuen Bewertungsregeln einen erheblichen Aufwand bedeutet). Ich gehe also davon aus, dass die Verabschiedung der Reform unter dem Strich nicht zu steigenden Kosten führt.

Jetzt aber zu ihrer eigentlichen Frage, der Umlage der Grundsteuer auf die Mieten. Sie haben Recht, momentan zahlen nicht die Haus- und Grundstückseigentümer die Grundsteuer, sondern die Mieter als Teil der Nebenkosten. Der Reformvorschlag des Bundesrates würde auch hieran zunächst nichts ändern (da es, wie beschrieben, ja lediglich um die Bewertungsregeln geht). In vielen Ballungszentren werden die Mieten allerdings immer teurer, in vielen Großstädten finden Familien mit Durchschnittseinkommen kaum noch eine Wohnung. Wir müssen die Mieter darum entlasten. Genau das hat die SPD auch vor. Die Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieten könnte ein solches Mittel zur Entlastung der Mieter sein. Intern diskutieren wir diese Frage bereits intensiv. Im Parlament hätten wir die Möglichkeit, den Reformvorschlag des Bundesrates entsprechend zu ergänzen. Ich unterstütze das. Allerdings fürchte ich, dass CDU und CSU hierbei nicht mitmachen werden – sie wollen nichts tun, was Hausbesitzer stärker belastet (selbst wenn dadurch Mieter entlastet werden).

Allerdings: Die Grundsteuerbelastung ist für die allermeisten Mieter ohnehin eher gering (und wäre dies auch nach der Reform): Die Grundsteuerbelastung beträgt im Bundesdurchschnitt derzeit rund 19 Cent je qm/Monat, das ist ungefähr so viel, wie auch für die Müllentsorgung oder den Hauswart anfällt. Das bundesweite Pro-Kopf-Aufkommen der Grundsteuer beträgt lediglich 150 EUR pro Jahr. Das heißt: Selbst wenn wir die Umlagefähigkeit begrenzen würden, würde das die Mieter in Deutschland nur in sehr geringem Maße entlasten. Wir brauchen darum wohnungspolitische Maßnahmen, die weit über die Umlagefähigkeit der Grundsteuer hinausgehen. Dazu gehört eine Mietpreisbremse, die ihren Namen wirklich verdient. Dazu müssen wir die bestehende Regelung so anpassen, dass Vermieter bei einer Neuvermietung verpflichtet werden, die Miethöhe des Vormieters anzugeben. Für mich allerdings am allerwichtigsten: Wir müssen dringend mehr Wohnungen bauen und insbesondere den sozialen Wohnungsmarkt stärken.

Ich hoffe ich konnte den Sachverhalt etwas erhellen.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup

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