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Frage von Wilhelm W. •

Frage an Bernd Scheelen von Wilhelm W. bezüglich Wirtschaft

Finanzhilfen für Unternehmen - z.B. Opel, Karstadt

Sehr geehrter Herr Scheelen,

Ihre Partei vertritt Bürgschaften und Staatsbeteiligungen für Unternehmen, die in der aktuellen Finanzkrise wirtschaftliche Probleme haben.
Zum einen ist mir unklar, wie die Rückzahlungen derartiger Staatsbeteiligungen oder ggfs. in Anspruch genommenen Bürgschaften erfolgen soll. Zum anderen vermisse ich die Beteiligung und Einbeziehung der Gewerkschaften in derartige Hilfskonstruktionen. Zum dritten ist mir unklar wie der Staat zwischen Unternehmen unterscheidet, die aktuell "nur" aufgrund der Krise in finanzielle Probleme gekommen sind und Unternehmen, die grundsätzlich nicht mehr die Leistungen erbringen, die am Markt gefragt sind (s. z.B. der allg. Trend gegen Kaufhäuser). Sehen Sie den Staat in der Lage hier die richtigen Entscheidungen zu treffen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weber,

Sie fragen nach Staatsbeteiligungen und staatlichen Bürgschaften für angeschlagene Großunternehmen und die Bewertungsmaßstäbe und -möglichkeiten für staatliche Eingriffe. Ich will Ihnen gern antworten. Die drei großen aktuellen Fälle unterscheiden sich allerdings erheblich und erfordern unterschiedliche Lösungen.

Zunächst zur Hypo-Real Estate. An der Verstaatlichung der Hypo-Real-Estate führt derzeit kein Weg vorbei. Das Institut hat in der privaten Bankenlandschaft seine Glaubwürdigkeit verspielt. Das entsprechende Übernahmegesetz wurde nur für diese „Verstaatlichung“ geschaffen. Das entscheidende Motiv für den staatlichen Eingriff ist die Form der Finanzierung, mit der diese Bank arbeitet. Sie begibt Pfandbriefe. Deutsche Pfandbriefe gelten – neben Staatsanleihen – als die sichersten Wertpapiere weltweit. Der sogenannte Öffentliche Pfandbrief ist eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente der öffentlichen Hand in Deutschland. Bei einem weiteren Dahinsiechen dieser Spezialbank würde der exzellente Ruf des deutschen Pfandbriefs aufs Spiel gesetzt. Der Staat als Eigentümer gibt der Bank Kreditwürdigkeit zurück. Nur so wird sie überhaupt wieder handlungsfähig. Nach erfolgreicher Sanierung soll sie mit Gewinnaussicht neu am Markt angeboten werden.

Opel hingegen wird nicht verstaatlicht. Opel hat eine kluge Modellpolitik und kann wegweisende Innovationen vorweisen. Damit kann das Unternehmen am Markt punkten. Der deutsche Staat hat keinen Anlass, Anteile an Opel zu erwerben. Stattdessen können private Bank-Kredite durch staatliche Bürgschaften abgesichert werden. Diese Kredite sollen allesamt zurückgezahlt werden. Wenn das Konzept erfolgreich ist, wird der Staat, und damit die Steuerzahler, überhaupt nicht belastet. Er übernimmt allerdings für eine Zwischenphase das Risiko, dass diese Kredite platzen könnten. Angesichts der gefährdeten Arbeitsplätze bei Opel, den daran hängenden Zulieferern und allen Gewerbetreibenden in und um Opel-Standorte in Deutschland, müssen wir dieses Risiko akzeptieren.

Die Insolvenz von Arcandor schließlich ist wiederum anders gelagert. Alle Beschäftigten des Unternehmens haben über viele Jahre erhebliche finanzielle Opfer gebracht, um Karstadt und Quelle wieder nach vorne zu bringen. Arcandor war nicht zuletzt durch Managementfehler in eine schwierige Lage gekommen. Jetzt waren Eigentümer, Banken und die Immobilieninvestment-Gesellschaften jedoch nicht bereit, mit eigenen substantiellen Beiträgen und Erfolg versprechenden Konzepten zur Rettung des Unternehmens beizutragen. So bleibt nur die Möglichkeit der geordneten Insolvenz mit konsequenter Suche nach einem neuen Investor. Die SPD hätte die Insolvenz lieber vermieden. Der Staat kann aber nicht Steuergelder verschwenden, marode Strukturen konservieren und Managementfehler ausbügeln und die Verursacher lehnen sich zurück. Wir machen uns die Entscheidung über die richtigen Maßnahmen in der Krise nicht einfach. Je nach Fall wird genau geprüft. Daran sind die Gewerkschaften als Gesprächspartner und über ihre Vertreter in den Aufsichtsräten immer beteiligt.

Ob sich „staatliches Handeln in der Krise“ in der Rückschau als richtig erweist oder ob es bessere Lösungen gegeben hätte wird man sehen. Wir müssen jetzt handeln und dazu Kompromisse eingehen. In China sagt man: „Ein Kompromiss ist immer ein vorläufiger Erfolg.“

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Scheelen