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Beate Müller-Gemmeke
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Daniel T. •

Frage an Beate Müller-Gemmeke von Daniel T. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Müller Gemmeke
Nachdem Ihre Partei ja die Landtagswahlen gewonnen hat, ohne sichtlichen erfolg ausser das der Verkehrsminister in neue Verkehrsbeschilderung investiert, und somit dem Berufsbedingten Individualverkehr weiter schröpft,

bitte ich sie mir folgende Fragen zu beantworten

wie stehen Sie zum Thema gernerell Thempo 30 Innerorts und zum Thema Stuttgart 21, wie dem Zahlenden Volk ja mitgeteilt wurde, gedenkt man bis ins Jahr 2022/2023 weiterhin Geld zu verschwenden... ?

Auch würde mich interessieren wie Sie zum Thema generelle Lohnerhöhung für Lohnempfänger stehen, so wie diese von Ihrem ehemaligen Coalitionspartner SPD gefordert und angestrebt wird.

Vielen Dank

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Turnwald,

vielen Dank für Ihre Fragen. Über die andere Politik der grün-roten Landespolitik könnte ich hier einiges schreiben. Das war aber nicht Ihre Frage. Ihre Behauptung, dass der Verkehrsminister in Baden-Württemberg lediglich in eine neue Verkehrsbeschilderung investiert – das wundert mich aber schon. Denn die Entscheidung für eine neue Verkehrsbeschilderung liegt in der Verantwortung von Bundesverkehrsminister Ramsauer. Die neuen Verkehrsschilder sind Teil der Straßenverkehrsordnung und unterliegen damit dem Straßenverkehrsrecht. Und dieses Straßenverkehrsrecht ist ein typisches Ordnungsrecht, das durch Bundesrecht also durch den Bundesverkehrsminister bestimmt wird. Die Länder – auch Baden-Württemberg - sind angehalten, die neuen Verordnungen durchzuführen.

Ein generelles Tempo 30 innerorts streben wir nicht an. Dafür wollen wir Grünen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass es Kommunen ermöglicht wird, überall dort Tempo 30 auszuweisen, wo sie es für richtig halten. Damit können sie selbst über die Verkehrssicherheit und den Lärmschutz in ihrem Ort entscheiden.

Meine Position zu Stuttgart 21: Ich habe immer eine ablehnende Position zu S21 vertreten. Seit vielen Jahren kritisieren wir Grünen Stuttgart 21 und äußern unsere Zweifel an der Wirtschaftlichkeit, dem verkehrstechnischen Nutzen, der Finanzierbarkeit, dem ökologischen Wert und an der Barrierefreiheit. Im Vorfeld der Volksabstimmung vom 27. November 2011 haben wir uns in Reutlingen engagiert eingebracht. Mit vielen Arbeitsstunden von Ehrenamtlichen, mit unserem Engagement und mit unserer Hartnäckigkeit.
Diese Kritik besteht auch nach der Volksabstimmung. Ich stehe weiterhin zu jedem Argument, das ich gegen Stuttgart 21 vorgebracht habe und vertrete das auch öffentlich. Ich halte weiterhin alle unserer Einschätzungen für richtig - alle bis auf eine. Denn in einer Einschätzung haben wir uns tatsächlich getäuscht. Wir dachten, die Mehrheit der Bevölkerung hinter uns zu haben. Angesichts des Ergebnisses der Volksabstimmung mussten wir erkennen, in diesem einen Punkt Unrecht zu haben. Ganz offensichtlich wünscht die Mehrheit der Menschen, die abgestimmt haben, dass das Land Baden-Württemberg nicht von seinen Kündigungsrechten Gebrauch machen sollte. Die Rechtsfolge ist damit klar: was nicht gekündigt wird, gilt weiterhin.
Fakt ist auch, dass die Bahn ein Baurecht hat. Und das wiederum bedeutet, dass die Grünen, egal auf welcher Ebene, Stuttgart 21 nicht einfach so „stoppen“ können. Das müssen wir uns eingestehen und an diesem Punkt müssen wir ehrlich sein – zumal unser Koalitionspartner in Baden-Württemberg noch immer felsenfest zu S21 steht.
Es sind aber nicht die Grünen in Baden-Württemberg alleine, die über das weitere Schicksal des Stuttgarter Bahnhofs entscheiden. Der Bauherr des Projektes ist die DB AG und alleiniger Aktionär der Deutschen Bahn AG ist die Bundesrepublik Deutschland. Es liegt ganz maßgeblich an der Position der Bundeskanzlerin und des Bundesverkehrsministers, wie die Bahn sich zu Stuttgart 21 verhält. Die klare Entscheidung des Aufsichtsrates im März 2013 weiterzubauen, auch wenn das Projekt viel teurer und viel später fertig wird, geht vor allem auf ein Machtwort von Angela Merkel zurück. Ob Sie eine solche Bundesregierung weiterhin mittragen möchten, darüber können Sie am 22. September bei der Bundestagswahl entscheiden. Wenn Schwarz-Gelb verliert, werde ich mich auf jeden Fall mit vielen KollegInnen dafür stark machen, alle Möglichkeiten zu prüfen, ob S21 noch gestoppt werden kann.

Zur Lohnpolitik: Ich begrüße es immer, wenn die Löhne steigen. Wir wollen aber keine „gesetzliche“ generelle Lohnerhöhung. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors wollen und müssen wir aber stoppen. Dazu brauchen wir soziale Leitplanken, wie den gesetzlichen Mindestlohn, mehr branchenspezifische Mindestlöhne, „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in der Leiharbeitsbranche und eine Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen. Genau das ist meine Zuständigkeit als Sprecherin für Arbeitnehmerrechte in der grünen Bundestagsfraktion - dafür mache ich mich stark, denn jegliche Arbeit hat ihren Wert. Die Beschäftigten brauchen Löhne, von denen sie leben können. Sie brauchen soziale Sicherheit.
Diese gesetzlichen Maßnahmen sollen insbesondere auch das Tarifvertragssystem stärken und Tarifflucht verhindern. Damit greifen die Regelungen nur in Branchen, in denen die Tarifautonomie nicht mehr zufriedenstellend funktioniert. Ansonsten ist die Lohnfindung Sache der Tarifparteien und die Tarifautonomie ist für mich ein hohes Gut. Wenn es nicht dringend erforderlich ist, sollte der Staat nicht in die Tarifautonomie eingreifen und sich auf die gesetzliche Rahmengesetzgebung, also das Arbeits- und Tarifvertragsrecht konzentrieren.

Mit freundlichen Grüßen
Beate Müller-Gemmeke MdB

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