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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Ulrich S. •

Frage an Bärbel Bas von Ulrich S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Bas,

warum verdächtigen Sie mich einer Straftat?

Warum sind Sie gegen den Grundsatz unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist?

Wie kann man unterstützen, dass für ein paar Kriminelle, dass gesamte deutsche Volk unter Generalverdacht gestellt wird?

Warum sind Sie für die Vorratsdatenspeicherung?

Was ist die Rechtfertigung für diesen Grundrechtsverstoß?

Und bitte keine Parteiantwort, sondern eine authentische und kurze.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Scharfenort (Duisburg-Rheinhausen)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Scharfenort,

vielen Dank für Ihre Mail. "Parteiantworten" mag es bei Ihnen in der Piratenpartei geben, aber meine Antworten sind immer authentisch und nach Möglichkeit auch kurz. Politik ist aber nicht immer so einfach. Deshalb müssen Antworten auch schon mal länger ausfallen, wenn man den Menschen auch wirklich antworten möchte.

Um es gleich zu Beginn noch einmal klar zu schreiben: Die Einführung einer Regelung zur Speicherung von Verkehrsdaten ist kein Anliegen der SPD, aber auch hier gilt: Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition und in den vergangenen Monaten im Deutschen Bundestag konnten viele wichtige politische Forderungen der SPD umgesetzt werden. Beispielsweise der gesetzliche Mindestlohn, die Rente mit 63 oder die Frauenquote. Auf der anderen Seite stehen Projekte wie die Speicherung von Verkehrsdaten als Projekt des Koalitionspartners. Viele Bürgerinnen und Bürger haben die Befürchtung, dass diese Regelung mit den Bürgerrechten nicht vereinbar ist und auch in meiner SPD diskutieren wir gerade sehr intensiv über dieses Thema.

Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten beschlossen.

- In Zukunft sollen Telekommunikationsunternehmen bestimmte Verkehrsdaten speichern, insbesondere die Rufnummer der beteiligten Telefonanschlüsse, Zeitpunkt und Dauer eines Anrufs, bei Mobilfunk die Standortdaten sowie wann und wie lange eine IP-Adresse einem bestimmten Computer, Smartphone o.ä. zugeordnet war, d.h. wann von diesem Gerät das Internet benutzt wurde.

- Nicht gespeichert wird der Inhalt von Telefongesprächen, welche Internetseiten aufgerufen wurden oder der Versand und Inhalt von E-Mails.

- Die Daten werden grundsätzlich zehn Wochen gespeichert; die besonders sensiblen Standortdaten lediglich vier Wochen. Nach Ablauf der Fristen müssen die Daten binnen einer Woche gelöscht werden. Für die Speicherung gelten hohe Sicherheitsanforderungen. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Geldbußen von 100.000 bis 500.000 Euro.

- Genutzt werden dürfen die Daten von der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung einzeln aufgeführter besonders schwerer Straftaten, insbesondere bei terroristischen Taten und anderen Delikten gegen Leib, Leben, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung, also etwa bei Mord, Totschlag oder schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern. Außerdem können die Länder ihre Polizeigesetze so ändern, dass ihre Polizeien die Daten auch nutzen dürfen, um konkrete Gefahren für höchste Rechtsgüter abzuwehren.

- Die Daten werden bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert. Die Strafverfolgungsbehörden können nur dann einzelne Daten nutzen, wenn ein Richter oder eine Richterin dies für den konkreten Einzelfall nach Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen erlaubt. Die Datennutzung unterliegt also einem umfassenden Richtervorbehalt.

- Von der Speicherpflicht ausgenommen sind Daten, die etwa bei der Kontaktaufnahme zu Telefonseelsorge-Hotlines anfallen. Daten, die bei der Kommunikation mit Personen anfallen, denen die Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt (etwa Geistliche, Rechtsanwälte, Ärzte, Apotheker, Journalisten, Volksvertreter) dürfen von den Strafverfolgungsbehörden nicht genutzt werden. Zufallsfunde unterliegen einem Verwertungsverbot, d.h. sie dürfen in keinem Fall genutzt werden.

Klar ist: Es werden weniger Daten gespeichert; so sind etwa E-Mail-Daten jetzt ausgenommen. Es wird sehr viel kürzer gespeichert; die alte EU-Richtlinie sah eine Speicherung bis zu zwei Jahren vor. Die Voraussetzungen für den Zugriff auf die Daten sind strenger; der Kreis der Taten, für deren Aufklärung die Daten genutzt werden dürfen, ist enger. Mit dem Gesetzentwurf schlägt die Bundesregierung zugleich vor, den neuen Straftatbestand der „Datenhehlerei“ zu schaffen. Daten sind nicht nur ein wichtiges Instrument zur Strafverfolgung.

Im parlamentarischen Verfahren wird unsere SPD-Bundestagsfraktion diese Regelung jetzt intensiv prüfen und Sie können sicher sein: So wie alle meine SPD-Kolleginnen und Kollegen werde auch ich die Abstimmung zu diesem Thema sehr ernst nehmen.

Mit freundlichen Grüßen nach Rheinhausen

Bärbel Bas

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