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Antje Blumenthal
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Frage von Daniel K. •

Frage an Antje Blumenthal von Daniel K. bezüglich Recht

Sehr verehrte Frau Blumenthal,

vor etwa einer Woche wurde bekannt, dass die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ihren jahrelangen Widerstand aufgeben wird und nunmehr bereit ist, eine gesetzliche Grundlage für eine pauschale Rehabilitierung von deutschen "Kriegsverrätern" im Zweiten Weltkrieg zu schaffen. Als Grund für diesen überraschenden Umschwung sagte Fraktionschef Volker Kauder wörtlich: "Neue Studien und Gespräche mit Experten haben uns überzeugt, dass der ungefähre Tatbestand des Kriegsverrats ein Instrument der NS-Justiz war, willkürlich jedes politische missliebige Verhalten mit dem Tode zu bestrafen."

Dazu drei Fragen:
1. Entspricht diese Aussage Kauders der derzeitigen Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion?
2. Seit wann sind der CDU/CSU Bundestagsfraktion "neue Studien und Gespräche mit Experten" bekannt, die zu diesem vollständigen Meinungswechsel geführt haben?
3. Werden Sie einem von Ihrer Fraktion (mit)eingebrachten Gesetzesentwurf zustimmen, der eine pauschale Aufhebung aller wg. "Kriegsverrat" ergangenen Urteile zur Folge hat?

Mit freundlichen Grüßen
Daniel Klisa

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Klisa,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch.de bezüglich der Rehabilitierung von deutschen sogenannten Kriegsverrätern.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat gemeinsam mit der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 2. Juli 2009 einen Gesetzentwurf eingebracht, der die pauschale Aufhebung von NS-Strafurteilen gegen sogenannte Kriegsverräter ermöglichen soll. Somit entspricht die Aussage von Volker Kauder der derzeitigen Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Die neuen Erkenntnisse zu der Thematik liegen uns erst seit kurzem vor. Es handelt sich dabei unter anderem um die Studie der Historiker Wolfram Wette und Detlev Vogel „Das letzte Tabu. NS-Militärjustiz und Kriegsverrat“, die aufzeigt, dass sowohl Soldaten als auch Zivilisten für ganz unterschiedliche Handlungen wegen Kriegsverrats zum Tode verurteilt wurden. Gründe waren eine politisch widerständige Gesinnung, Solidarität mit verfolgten Juden, Hilfe für Kriegsgefangene oder Unbotmäßigkeit gegenüber Vorgesetzten. Fälle, denen zufolge als „Kriegsverräter“ verurteilte zum Nachteil Dritter gehandelt hätten, sind bislang nicht nachgewiesen worden. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass der Tatbestand des Kriegsverrats von der NS-Justiz willkürlich eingesetzt wurde.

Die fehlende rechtsstaatliche Bestimmtheit der Strafvorschriften des Kriegsverrats wird auch durch neuere Untersuchungen zur Urteilspraxis belegt. So liegt der Bundesregierung ein Gutachten vor, das das Bundesministerium der Justiz im Frühjahr 2009 bei dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Hans Hugo Klein in Auftrag gegeben hat. Hans Hugo Klein kommt in diesem Gutachten zu dem Schluss, das die Weite des Straftatbestands in Verbindung mit der absoluten Strafandrohung dem NS-Regime als Instrument „zur unnachsichtigen Verfolgung jeder der nationalsozialistischen `Bewegung` feindlich oder auch nur ablehnend begegnenden Gesinnung“ diente.

Unter Berücksichtigung dieser historisch-ethischen und juristischen Gründe halten wir eine pauschale Aufhebung von Verurteilungen wegen „Kriegsverrats“ nunmehr für geboten.

Gerne können Sie den genauen Wortlaut des Gesetzentwurfes auf der Webseite des Deutschen Bundestages unter „Dokumente“ (Drucksache 16/13654) in der Datenbank DIP einsehen.

Mit freundlichen Grüßen
Antje Blumenthal