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Annalena Baerbock
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Frage von Hubert Z. •

Frage an Annalena Baerbock von Hubert Z. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Baerbock,

die DSO "..sorgt dafür, dass alle notwendigen medizinischen und organisatorischen Schritte vollzogen werden, damit Organe entnommen,.. werden können." https://www.dso.de/.
Wie kann es bei der Bedeutungsschwere dieser Aufgabe sein, daß eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts (DSO) tätig ist und nicht der Staat selbst?

Die DSO hat in einem Instanzenprozess (LG, OLG, BGH) eine Tageszeitung und eine Journalistin auf Unterlassung der Veröffentlichung eines Artikels über eine Organentnahme verklagt https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=12.04.2016&Aktenzeichen=VI%20ZR%20505%2F14 .
Auszug aus den beanstandeten Textpassagen:
"(...) Die Herausnahme der Organe (...) sollte beginnen. Der junge Kollege, der die hierfür nötigen Formalitäten überprüfen musste, war damals noch nicht lange Mitarbeiter der Deutschen Stiftung Organtransplantation (...). Aber das kleine Einmaleins der Hirntoddiagnostik (...) kannte er. Er wurde stutzig. Es fehlte nicht bloß irgendeine Unterschrift. Es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll, jenes Dokument also, das hätte bestätigen müssen, dass bei dem Mann (...) der zweifelsfreie, vollständige und unwiederbringliche Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen nicht bloß ein einziges Mal diagnostiziert worden war. Sondern dass der Hirntod nach einem gewissen zeitlichen Abstand erneut und von einem zweiten Mediziner nachgewiesen worden war, ...Wie weit [K.s] Macht reicht, macht der weitere Verlauf des Düsseldorfer Hirntod-Dramas deutlich: Eine Mitarbeiterin aus dem nordrheinwestfälischen DSO-Team, die sich für eine Klärung des Falls starkgemacht hatte, bekam die fristlose Kündigung zugestellt - per Bote um Mitternacht..."

Der Mann wurde explantiert.

Der BGH hat die Klage abgewiesen. https://openjur.de/u/889287.html

Besteht eine zwingende Notwendigkeit, dass System "Organspende" gänzlich neu aufzusetzen und ein Moratorium bei der Organentnahme bis zu dessen Neustart zu erlassen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Z.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die postmortale Organspende einschließlich der Vorbereitung von Entnahme, Vermittlung und Übertragung ist gemeinschaftliche Aufgabe der Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäuser. Zur Organisation dieser Aufgabe haben der Spitzenverband der Krankenkassen, die Bundesärztekammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) als Koordinierungsstelle beauftragt. Sie klärt, ob die Voraussetzungen für eine Organentnahme vorliegen. Ein Vertrag regelt die Anforderungen der Organentnahme und Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Eine gemeinsame Kommission ist verpflichtet, Erkenntnisse über Verstöße gegen das Transplantationsgesetz den zuständigen Behörden zu melden. Diese gesetzlichen Grundsätze bleiben sowohl bei dem aktuell diskutierten Vorschlag einer Widerspruchsregelung wie auch bei unserem Gesetzentwurf für eine freie Entscheidung erhalten.

Durch die Organspendeskandale wurde das Vertrauen in das Organspendesystem tief erschüttert. Daraufhin wurde das Transplantationsgesetz geändert. Unter anderem werden Verstöße härter bestraft und ein Transplantationsregister, in dem alle Organspenden erfasst werden, wurde eingerichtet.

Wir setzen uns für ein transparentes Organspende-System ein, in dem die Selbstbestimmung geachtet wird und in dem Manipulationen keinen Platz haben. Klar ist, dass wir bei der Organspende Verbesserungen brauchen - zu viele Menschen warten händeringend auf ein Organ. Und wenn wir wissen, dass laut Umfragen 84 Prozent der Menschen der Organspende grundsätzlich positiv gegenüberstehen, dann müssen wir eine Lösung finden, wie wir sie direkt darauf ansprechen und die Zahl der Spender*innen erhöhen können - und gleichzeitig das Selbstbestimmungsrecht wahren.

Wir wollen die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten. Statt Stillschweigen als eine Freigabe der eigenen Organe zu bewerten, wie es der Vorschlag der Widerspruchsregelung vorsieht, ist es zielführender, eine stets widerrufbare Entscheidung klar zu registrieren, eine verbindliche Abfrage durchzuführen und eine stetige Information und ärztliche Beratung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern.

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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