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Anna Lührmann
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Frage von Andreas F. •

Frage an Anna Lührmann von Andreas F. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Lührmann,

natürlich ist mir bewusst, dass die nachfolgende Frage einem MdL der Grünen zu stellen wäre, da dies aber auf "abgeordnetenwatch" noch nicht funktioniert, wende ich mich an Sie als Entscheidungsträger der hessischen Grünen.

1. Wir beide stimmen wahrscheinlich darin überein, dass generelle Studiengebühren abzulehen sind, da nicht die finanzielle Situation einer Familie darüber entscheiden sollte, ob deren Mitglieder studieren.
2. Unverständlich ist mir jedoch, warum ich auf Seiten der hessischen Grünen bezüglich der Studiengebühren-Diskussion noch keine Bewegung in Richtung einer sozial ausgewogenen, pragmatisch-sinnvollen Lösung erkennen kann.
Jenseits der Ypsilantí-Phrasen ( "Bildungsblockade") müssten vernünftige Menschen doch eine Lösung anstreben, nach der das Studium in der Regelstudienzeit plus Toleranz gebührenfrei ist, jedoch ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr mit Steuermitteln alimentiert werden sollte. Diesbezüglich habe ich aus dem täglichen Alltag multiple Negativbeispiele vor Augen, in denen sich 33-jährige im 30. Semester alimentieren lassen (Eltern, Staat, öffentlicher Nahverkehr, usw.), deren mangelnder Studienerfolg mit allem möglichen zu tun, aber sicher nicht mit der sozialen Herkunft oder schicksalsbedingten Benachteiligungen.
Ich bitte Sie als Vertreterin der hessischen Grünen, sinnvolle Lösungen anzustreben und hierbei auch Kompromissvorschläge zu prüfen, selbst wenn sie von Herrn MP Koch stammen, denn auf die Dauer wird den kritischen Wähler sachorientierte Politik mehr beeindrucken, als fortgesetzter Lagerwahlkampf, zumal ich auch diesbezüglich dazu raten würde, dass die Grünen ihr eigenständiges Profil schärfen, anstatt mit ihren Landtagsstimmen bereitzustehen, wann immer es Rot-Rot für wünschenswert hält.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Andreas Forster

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dr. Forster,

für uns GRÜNE in Hessen war die Abschaffung der Studiengebühren eines der wichtigsten Projekte im bildungspolitischen Bereich, um mehr Chancengerechtigkeit herzustellen, denn Studiengebühren stellen eine Hürde zur Aufnahme eines Studiums dar. Im Zuge dessen wurden jedoch nicht nur die allgemeinen Studiengebühren zum Wintersemester 2008/09, sondern auch die so genannten "Langzeitstudiengebühren", abgeschafft.
Um dem von ihnen beschriebenen Problem Rechnung zu tragen, umfasste der Gesetzentwurf von SPD und GRÜNEN auch Artikel 3 Absatz 4 mit folgendem Wortlaut:

Artikel 3
Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes § 68 Abs. 4 des Hessischen Hochschulgesetzes in der Fassung vom 5. November 2007 (GVBl. I S. 710) erhält folgende Fassung:
"(4) Zur effizienteren Gestaltung des Studiums können die Hochschulen mit ihren Studierenden über den Studienverlauf Zielvereinbarungen abschließen und nach deren Laufzeit überprüfen. Nach jeweils zwei Semestern des Studiums kann von der Hochschule überprüft werden, ob der oder die Studierende in der Prüfungs- oder Studienordnung für diesen Zeitraum vorgesehene Leistungsnachweise erbracht hat. Wer innerhalb von drei Semestern keinen in einer Prüfungs- oder Studienordnung vorgesehenen Leistungsnachweis erbringt, kann exmatrikuliert werden. Nach dem Ende der Regelstudienzeit des Studiums sowie nach dem zweiten Semester des Zweitstudiums hat durch die Hochschule von Amts wegen eine Überprüfung der Leistungsnachweise zu erfolgen. Liegt bei der Überprüfung der erforderliche Leistungsstand nicht vor, legt die Hochschule in einem Beratungsgespräch mit dem oder der Studierenden fest, zum Ende des folgenden Semesters einen angemessenen Studienfortschritt nachzuweisen. Erfolgt dieser Nachweis ohne berechtigten Grund nicht, kann der oder die Studierende exmatrikuliert werden."

Die Fraktionen von CDU, FDP und LINKE haben diesen Passus durch ihr Abstimmungsverhalten leider abgelehnt und damit den Hochschulen einen Bärendienst erwiesen. Wir glauben, dass diese Regelung sowohl für die Studierenden als auch für die Hochschulen sinnvoll und gerecht gewesen wäre.

Mit freundlichen Grüßen,

Anna Lührmann

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