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Anke Domscheit-Berg
DIE LINKE
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Frage von Jens H. •

Frage an Anke Domscheit-Berg von Jens H. bezüglich Senioren

Sehr geehrte Frau domscheidt-berg,

Umfragen zufolge will so gut wie niemand im Krankenhaus sterben.

Doch immer noch viel zu oft passiert genau das. Laut Deutschem Evangelischem Krankenhausverband (DEKV) sterben 77 Prozent der Deutschen entweder in einer Klinik oder im Pflegeheim.
Quelle: https://www.welt.de/vermischtes/article204152876/Tod-im-Krankenhaus-Warum-viele-sterben-wo-sie-nicht-sterben-wollen.html

Warum wird der offensichtliche Wunsch von sehr vielen Menschen ignoriert bzw. nicht automatisch erkannt und erfüllt?
Ist es aus Ihrer menschlichen Sicht nicht selbstverständlich, im eigenen Bett oder zumindest friedlich einschlafen zu dürfen?
Was können Sie persönlich als verantwortlicher Politiker für die Menschen tun bzw. warum fehlt es hier in so besorgniserregender Weise an gesetzlichen Vorgaben, die längstens von den Abgeordneten hätten beschlossen werden müssen???

Beste Grüsse
Hahn

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Hahn,

vielen Dank für Ihr Interesse an Gesundheits- und Pflegepolitik. Obwohl mein Hauptbetätigungsfeld die Netzpolitik ist, sehe ich großen Verbesserungsbedarf im deutschen Gesundheitssystem. Um mir mit eigenen Augen einen Eindruck von der Lage vor Ort zu machen, habe ich am 04.12.19 einen Tag als Praktikantin in der Pflege gearbeitet. Ich habe aber auch vor wenigen Jahren meine Mutter auf ihrem letzten Weg begleitet.

Die Gründe, warum Menschen entgegen ihres Wunsches im Krankenhaus sterben, sind vielschichtig. Wie sie bereits dem verlinkten Welt-Artikel ( https://www.welt.de/vermischtes/article204152876/Tod-im-Krankenhaus-Warum-viele-sterben-wo-sie-nicht-sterben-wollen.html ) entnehmen können, hängt das unter anderem damit zusammen, dass ältere Menschen oft kurzfristig ins Krankenhaus müssen und dann schnell versterben. Sofern keine Patientenverfügung vorliegt, können Angehörige die Wünsche der Erkrankten nicht gegenüber den Krankenhäuser und Pflegeheimen kommunizieren. In diesen Fällen gibt es keine Regulierungslücke, da Menschen ja nie gezwungen werden, in medizinischen Einrichtungen zu verbleiben, wenn sie es vorher ausdrücklich mit einer Patientenverfügung untersagt haben.
Allerdings sollte der Gesetzgeber nicht vorgeben, dass Ärzt:innen Menschen automatisch nach Hause schicken müssen, weil diese möglicherweise zuhause sterben möchten, dieser Wunsch aber nirgendwo verbindlich dokumentiert ist. Denn das könnte zu der unerfreulichen Konsequenz führen, dass auch Patienten nach Hause geschickt werden, nur weil ihre Behandlung für das Krankenhaus nicht rentabel genug ist.
Aber bekannt ist leider auch, dass die Ökonomisierung der deutschen Krankenhauslandschaft auch in die andere Richtung wirkt, also dass Patient:innen noch kurz vor ihrem Tod zu Therapien geraten wird, die zwar keine gesundheitliche Verbesserungen für die Patient:innen darstellen, aber dafür Einnahmen für das Krankenhaus bringen. Meine Fraktion setzt sich daher schon seit Jahren dafür ein, dass das alleinige Ziel des Gesundheitssystems darin bestehen muss, für das gesundheitliche Gemeinwohl zu sorgen (siehe z.B. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/063/1806326.pdf ).
Damit mehr Menschen in Würde zuhause sterben können, gilt es auch, die Kommunikation zwischen Patient:innen und dem medizinischen Personal zu verbessern. Patient:innen müssen informiert darüber entscheiden können, welche Eingriffe sie noch durchführen lassen möchten und welche nicht. Die Betreuung in den eigenen vier Wänden wird dann im Idealfall von der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung übernommen. Auch deren flächendeckende Verfügbarkeit ist meiner Fraktion ein Anliegen.

Mit freundlichen Grüßen
Anke Domscheit-Berg

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