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Frage von Thomas C. •

Frage an Anja Domres von Thomas C. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrte Frau Domres,

die Wohnraumverknappung ist das z. Zt. drängendste soziale Problem in Hamburg. Dennoch werden nach Auskunft des Mietervereins in unserer Stadt z. Zt. ca. 40.000 Wohnungen zweckentfremdet, d. h. sie stehen leer oder werden nicht für Wohnzwecke genutzt. Vielfach ist dies auf Sanierungsbedarf zurückzuführen. Leider fördert die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt (WK) jedoch Sanierungen nur in geringem Umfang. Sog. Ersatzneubauten, d. h. Neubauten, die nach vorherigem Abriss sanierungsbedürftiger Häuser neu errichtet werden, fördert die WK hingegen in siebenfacher Höhe (vgl. Kurzgutachten des Architektenbüros Plan R vom 12.11.12 auf der Grundlage eines Architektengutachten des Büros Dittert und Reumschüssel im Auftrag der VHW). Infolge dieses Missverhältnisses werden m. E. öffentliche Mittel fehlkanalisiert und darüber hinaus dem Markt über rel. lange Zeiträume Wohnungen entzogen: Sanierungen sind naturgemäß schneller durchführbar als Abriss- und „Ersatzneubau“-Vorhaben.

Meine Frage: Wie bewerten Sie das gegenwärtige Verhältnis von Sanierungsförderung zu „Ersatzneubau“-Förderung ? Falls Sie die Förderung sog. Ersatzneubauten überhaupt befürworten: Sollten aus Ihrer Sicht derartige Neubauten nur gefördert werden, wenn einem Vermieter trotz Sanierungsbemühungen in der Vergangenheit der Erhalt des Altgebäudes nicht mehr zuzumuten ist - oder auch, wenn der Vermieter infolge schuldhaft verursachten Sanierungsstaus Altgebäude nicht mehr gewinnbringend vermieten kann ?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Cirsovius,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 5. Februar und entschuldigen Sie bitte meine späte Antwort.

Über die genaue Anzahl in Hamburg zweckentfremdeten Wohnungen liegen keine gesicherten Zahlen vor, Schätzungen gehen von 30.000 bis 40.000 Wohnungen aus. Der Gesamtbestand der Wohnungen in Hamburg beträgt ca. 890.000 Wohnungen. Vor dem Hintergrund der bestehenden Wohnungsknappheit ist die Zweckentfremdung ein unhaltbarer Zustand. Aus diesem Grund hat die SPD-Fraktion bereits am 25. Mai 2011, kurz nach dem Regierungswechsel, einen Antrag zum verbesserten Wohnraumschutz in die Hamburger Bürgerschaft eingebracht. In diesem - auch von mir unterstützten - Antrag (Drucksache 20 / 616) wurde u.a. gefordert, die Wohnraumschutzdienststellen der Bezirke personell besser auszustatten und geeignete gesetzliche Maßnahmen zu entwickeln. Die SPD Bürgerschaftsfraktion hatte bereits in der vergangenen Legislaturperiode einen eigenen Vorschlag für die Verschärfung des Hamburger Wohnraumschutzgesetzes (Drucksache 19 / 6963) vorgelegt, den die schwarz-grüne Regierungsfraktion ablehnte. Die meisten Wohnungen stehen nicht aufgrund – z.B. anstehender Sanierungsmaßnahmen - leer, sondern sie werden als Gewerbefläche genutzt. Dieses Problem ist gerade in meinem Wahlkreis Eppendorf-Winterhude altbekannt. Wenn Sie zum Beispiel durch die Eppendorfer Landstraße gehen, werden Sie an fast jedem Wohnhaus Firmenschilder von Ärzten, Agenturen oder Rechtsanwälten erblicken können. Bedauerlicherweise sind der zuständigen Verwaltung in vielen Fällen die Hände gebunden, da diese Nutzung bereits seit vielen Jahrzehnten besteht. Die zur Vermeidung von Zweckentfremdung von Wohnraum erlassene Norm greift erst für Zweckentfremdungen die seit Anfang der Achtzigerjahre bestehen, alle bereits zuvor gewerblich genutzten Wohnungen besitzen Bestandsschutz. In allen anderen Fällen wird die Hamburger Verwaltung zukünftig vermehrt die Zweckentfremdung von Wohnraum ahnden. Zu diesem Zweck wird das Personal in den zuständigen Ämtern aufgestockt. Insbesondere gegen den relativ neuen Trend der Zweckentfremdung in Hamburg, Wohnungen als Ferienwohnungen zu vermieten, wird zukünftig verstärkt nachgegangen. Zu dem von Ihnen erwähnten Kurzgutachten im Auftrag der VHW Wohnungsgenossenschaft kann inhaltlich nichts sagen, da es mir bisher unbekannt ist. Grundsätzlich hat sich der Hamburger Senat für eine vermehrte Förderung des Wohnungsneubaus entschlossen und in seinen Landesprogrammen entsprechende Akzente gesetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei einem vergleichbaren Umfang von Sanierung oder von Neubau, die Förderung des Neubauvorhabens siebenfach höher als bei einer Sanierung sein soll. Ihrem Hinweis aufnehmend, werde ich mich diesbezüglich informieren, wie dieses Verhältnis zwischen Sanierungs- und Neubauförderung ausgestaltet ist. Grundsätzlich lässt sich die Entscheidung zwischen Neubau oder Sanierung nicht allein auf den Aspekt der öffentlichen Förderung reduzieren, hier spielen noch viele andere Faktoren eine gewichtige Rolle. Insbesondere die geänderten Anforderungen der Bewohner von Wohnungen seien hier genannt. Die von Ihnen aufgeworfene Frage, ob „Ersatzneubauten“ nur gefördert werden sollten, wenn der Eigentümer den Sanierungsstau nicht schuldhaft verursacht hat, ist nicht einfach zu beantworten. Jedenfalls wäre es ungerecht, den Eigentümer mit einer großzügigen Förderung „zu belohnen“ der sein Haus mutwillig hat verfallen lassen. Ich glaube, es ist besser darüber nachzudenken, dass es nicht so weit kommt und das vorhandener Wohnraum besser geschützt wird. Ich hoffe, Ihre Frage ist umfassend beantwortet.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Anja Domres