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Angelika Glöckner
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Frage von Thomas S. •

Frage an Angelika Glöckner von Thomas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag Frau Glöckner,

auf die Problematik von Altersarmut angesprochen erteilen Sie unter anderem folgende Auskunft:

"Der wichtigsten Bereiche zur Vorbeugung von Ungleichheit und Armut im Alter sind aber eine durchgehende Erwerbsbiografie und gerechte Entlohnung – im allerbesten Fall natürlich im Rahmen eines Tarifes."

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/angelika-glockner/question/2018-11-11/306690

Diese Rede hört sich gut an, nur kann ich diese nicht mit der Realität zusammenbringen.

1. Ist Ihnen Frau Glöckner bekannt,
wie hoch der aktuelle Anteil von Beschäftigten ausfällt, die zu Niedriglöhnen arbeiten (müssen)?

2. Würden Sie den aktuellen allgemeinen Mindestlohn (9,19 € /h) als gerechte Entlohnung bezeichnen?

3. Wenn ja, warum?

4. Wenn nein, wären Sie dafür den Mindestlohn zeitnah zu erhöhen,
wenn ja - welche neue Höhe würden Sie vorschlagen?

Zitat Stern.de:

"Das Arbeitsblatt einer Weiterbildungsmaßnahme für Hartz-IV-Empfänger hat im Internet eine große Debatte verursacht. Jetzt hat die Bundesagentur für Arbeit bestätigt: Das Papier ist echt – und es kommt auch in Grundschulen zum Einsatz. (...) Auf dem Arbeitsblatt geht es um relativ simple Rechtschreibfragen – beispielsweise um die Unterschiede zwischen "z" und "tz". Die Empörung im Internet war in den vergangenen Tagen deshalb groß: Fast 900 Mal wurde der Tweet kommentiert, mehr als 3000 Mal geteilt. Hunderte User nutzten die Gelegenheit, um ihre eigenen Erfahrungen mit Weiterbildungsmaßnahmen zu teilen. Wie es aussieht, handelt es sich nicht um einen Einzelfall."

https://www.stern.de/wirtschaft/-pure-erniedrigung---massnahme-fuer-hartz-iv-empfaenger-empoert-das-netz-8547310.html?utm_source=webpush

5. Beschämende Niedriglöhne + eine beschämende Behandlung in staatlich geförderten "Weiterbildungsmaßnahmen" - wie passt das zu Ihrer Vision von einer durchgehenden Erwerbsbiografie und gerechten Entlohnung?

6. Haben Sie Alternativen, wenn ja - welche?

Viele Grüße Thomas Schüller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Herr S.,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch zum Thema Altersarmut.

Vorsorge für das Alter ist von enormer Bedeutung für jeden Einzelnen von uns und die beste Vorsorge gegen Altersarmut ist eine geschlossene Erwerbsbiografie mit ordentlichen Einkommen. Denn nur dann lässt sich ein entsprechender Rentenanspruch bei der gesetzlichen Rentenversicherung erzielen und darüber hinaus im besten Fall auch noch privat vorsorgen. All dies lässt sich zudem am ehesten umsetzen, wenn in den jeweiligen Arbeitsverhältnissen ein entsprechender Tariflohn gezahlt wird. Dafür wollen und müssen wir die entsprechenden Anreize setzen. Denn derzeit liegt die Tarifbindung in Deutschland bei historisch niedrigen 55 Prozent der Arbeitnehmer.

Tarifbindung ist der beste Schutz vor niedrigen Löhnen. Das gilt insbesondere im Dienstleistungs- und Pflegesektor, wo der Anteil der Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnsektor noch deutlich über den rund 20 Prozent der gesamten deutschen Wirtschaft liegt. Hier wollen wir steuerliche Anreize für Unternehmen setzen, die ihre Mitarbeiter ordentlich entlohnen. Und wo das nicht reicht, muss zu dem Mittel der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen gegriffen werden.

Ein erster Schritt um unwürdige Lohndrückerei in Deutschland zu bekämpfen, war die Einführung des Mindestlohns 2015. Hier möchte ich Sie daran erinnern, mit welchen Szenarien des Untergangs des Dienstleistungssektors die Wirtschaft, Teile der Politik und auch der Wissenschaft damals gegen dieses gesetzliche Mittel zu Felde gezogen sind.

Der Mindestlohn als Untergrenze hat sich aber bewährt und keinerlei nachweisbaren wirtschaftlichen Schaden angerichtet. Unser Ziel ist es nun, diesen Mindestlohn im Rahmen der Mindestlohnkonferenz weiter zu entwickeln und perspektivisch auf 12 Euro pro Stunde anzuheben. Denn es zeigt sich, dass auch durch den Druck des Mindestlohns in vielen Bereichen noch keine gerechte Entlohnung herrscht.

Dabei muss aber auch noch einmal gesagt werden, dass der Mindestlohn eben keine von der Politik festgelegte Maßzahl für eine gerechte Entlohnung ist oder war. Als solches haben wir den Mindestlohn auch nie konzipiert. Der Mindestlohn ist und war schon immer eine absolute Rückfallgrenze, die ein Unternehmen oder ein Arbeitgeber nicht unterschreiten darf.

Auch deswegen möchte ich nochmals auf die Bedeutung von Gewerkschafts- und Tarifvertragsbindung hinweisen. Denn gerechte Entlohnung entsteht immer dann, wenn sich mündige Arbeitnehmer durchsetzungsstark mit den Arbeitgebern ins Benehmen setzen und sich für einen fairen Anteil an der erzielten Wertschöpfung sichern können.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Angelika Glöckner

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