Andreas Beier
UNABHÄNGIGE
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Frage von Georg M. •

Frage an Andreas Beier von Georg M. bezüglich Recht

Hallo Herr Beier,

um die innere Sicherheit ist es schlecht bestellt. Bei den Nachbarn wurde genauso eingebrochen wie bei Vereinsmitgliedern in Pasing und den Schwiegereltern des Sohnes in Nymphenburg. Soll deshalb die Bundeswehr eingesetzt werden und uns beschützen? Sie sind bei der Polizei und Experte und wissen, ob diese uns Bürger überhaupt noch schützen kann? Den Terror kann doch niemand mehr bekämpfen. Kein Soldat kann überall sein. Wir wollen auch nicht Soldaten in den Straßen stehen haben wie in Frankreich oder Afrika.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-bundesregierung-will-einsatz-im-inneren-erleichtern-a-1086643.html
Was soll die Bundeswehr noch alles leisten? In Afghanistan, in Afrika und sonstwo im Einsatz und wenn die Polizei überlastet ist auch noch in Deutschland?
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-07/bundeswehr-inneren-terror-grundgesetz
Wenn man die Zustände in München sieht dann ist man froh wenn man aufs Land ziehen kann. Trotzdem muss man wegen den Kindern und Enkeln noch in die Stadt und hat jedes mal Angst.

Danke für ihre Einschätzung der inneren Sicherheit.
Viele Grüße
G. Müller

Antwort von
UNABHÄNGIGE

Hallo Herr M.,

vor acht Jahren habe ich bei angeordnetenwatch.de mit der Beantwortung einer Frage auf die bevorstehenden Probleme hingewiesen (s. u.).

Regierungsmitglieder leben nicht in der Wirklichkeit, sondern in einer eigenen Welt (rund um die Uhr geschützt, wohlgesonnene Presse, Kontakte nur mit "ausgewählten" Bürgern, kein/e Widerspruch/Kritik aus der eigenen Partei, usw.), weshalb diese, die von Ihnen beschriebenen Probleme und Ängste, nicht kennen.

Daher hat sich die Lage der Inneren Sicherheit in den letzten vier Jahren verschlechtert. Ein Beispiel dazu: Man könnte es wie die Kapitulation vor den Verbrechern werten, als die Regierung als Maßnahme gegen Wohnungseinbrüche anpries, dass die Bürger bauliche Schutzmaßnahmen gegen Wohnungseinbrüche nun steuerlich absetzen können. Durch dieses Programm (bei dem andere Bürger über ihre Steuern "Baumaßnahmen von Dritten mitfinanzieren") wurde nicht weniger eingebrochen, sondern an anderen Orten in Deutschland. Diejenigen Bürger, die sich bauliche Schutzmaßnahmen leisten können, werden dafür zwar steuerlich bevorzugt, die Angst bleibt aber. Und diejengen Bürger, die sich keine baulichen Schutzmaßnahmen leisten können, leben nun in größerer Gefahr.

Damals habe ich folgendermaßen argumentiert und mich dabei an der Wirklichkeit orientiert:

"1. Nicht nur die Länderpolizeien, sondern auch die Verfassungschutzorgane und die Bundespolizei (ehemals Bundesgrenzschutz) haben in der Sicherheitsstruktur- und architektur in Deutschland eine zentrale Aufgabe und Bedeutung. Die Polizei muss daher finanziell (die Besoldung ist in vielen Bundesländern nicht ausreichend), personell (die Polizei ist bereits jetzt "überaltert"), technisch (neben Albanien ist Deutschland das einzige Land in Europa ohne Digitalfunk/ANMERKUNG 29.7.17: Der Digitalfunk wurde mittlerweise in Deutschland eingeführt.) und organisatorisch (es gibt noch zu viele Verwaltungsebenen bei der Polizei) weiterhin in der Lage sein, zukünftige Aufgaben ebenso erfolgreich zu bewältigen wie sie ihre bisherigen Herausforderungen bestanden hat:

- Kriminalitätsanstieg seit dem Fall des Eisernen Vorhangs,
- Zunahme verschiedener Deliktsarten (Gewalt-, Wirtschafts- und Internetkriminalität),
- Großereignissen (WM 2006, G8-Gipfel, NATO-Gipfel), bei welchen länderübergreifend und europaweit zusammen gearbeitet wurde,
- Zunahme der Gewalt gegenüber Polizisten/innen (hier müssen die Gerichte die strafrechtlichen Vorschriften restriktiv anwenden),
- Zunahme im Straßenverkehr usw.

(...)

Die Sicherung der (deutschen) Grenzen (und der grenznahen Räume) durch "das Instrument der Grenzkontrolle" in konkreten Gefahrenlagen bleibt wichtig. Meiner Ansicht nach wird die Bedeutung dieser Aufgaben aufgrund der sich stets verbessernden grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit jedoch abnehmen. Daher ist der Schutz unserer europäischen Außengrenzen vor

- Kriminalität,
- illegaler Zuwanderung oder
- Terrorismus

eine gemeinsame Aufgabe und eine Herausforderung für die Polizei, wie die o. g. länderübergreifende und europäische Zusammenarbeit bei Großeinsätzen- und Lagen. Die Innere Sicherheit endet nicht mehr an den Grenzen Deutschlands. Die Polizei leistet wesentliche und wertvolle Beiträge zu internationalen und bilateralen Polizeimissionen. Damit dies so bleibt, muss politisch sensibel und verantwortlich damit umgegangen werden.

2. Wie bei meiner dogmatisch konsistenten Haltung gegen einen Einsatz unserer Bundeswehr zur Inneren Sicherheit (was ich seit 2002 vehement vertrete), muss zwingend darauf geachtet werden, dass der "zivile" Status der Polizeien und deren Angehörigen beibehalten wird und es nicht über die "europäische Hintertür" zu einer schleichenden Vermischung ziviler und militärischer Aufgaben kommt.

(...)

Auch wenn die EU-Verantwortlichen und die Regierung auf einen Einsatz des Militärs im Inneren drängen, lehne ich den Einsatz der Bundeswehr im Innern ab.

Viele Bürgerinnen und Bürger wissen bereits, dass die Polizei die Innere Sicherheit nicht mehr gewährleisten kann. Die überall in Deutschland immer häuiger stattfindenden Straftaten (islamistische Attentate, Gewaltdelikte, Sexualstraftaten, Diebstahlsdelikte, Cyberkriminalität, Raubstraftaten, usw.) binden Polizeikräfte mit wochen- oder monatelangen Ermittlungen (Straffolgen für die Täter/innen sind dabei u. a. Bewährungsstrafen), so dass die eigentliche Polizeiarbeit (Streife fahren, Anzeigen aufnehmen, Bürgergespräche führen, Präventionsarbeit, fachspezifische und zeitaufwendige Ermittlungen bei Straftaten, usw.) nicht mehr im Sinne der Bürger, der strafprozessualen Vorschriften, der Polizeigesetze und der Demokratie erfolgen.

Mit freundlichem Gruß
Andreas Beier