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Alexander Krauß
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Frage von Christian P. •

Frage an Alexander Krauß von Christian P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kraus!

Die Bundesbank weißt per 31.01.2018 in den Target2 Salden eine Forderung von 882 Millarden Euro gegenüber anderen Eurostaaten aus. Dies stellt nichts anderes als einen zinlosen Kredit dar, den Deutschland anderen Eurostaaten gewährt, ohne das es eine effektive Handhabe auf Rückzahlung gibt. Wie stehen Sie dazu und was gedenkt die Bundesregierung gegen diesen Zustand zu unternehmen.

M.f.G.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre Frage.

TARGET2 ist ein Zahlungsverkehrssystem, über das nationale und grenzüberschreitende Zahlungen in Zentralbankgeld schnell und endgültig abgewickelt werden. Über TARGET2 fließen pro Tag im Durchschnitt rund 340.000 Zahlungen im Wert von rund 1,7 Billionen Euro. Während eines ganzen Jahres werden von TARGET2 knapp 90 Millionen Zahlungen in einem Gesamtwert von rund 450 Billionen Euro abgewickelt. Diesen Transaktionen können ganz unterschiedliche Geschäfte zugrunde liegen. Denkbar sind unter anderem die Zahlung einer Warenlieferung, der Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, die Gewährung oder Rückzahlung eines fälligen Darlehens, die Geldanlage bei einer Bank und vieles mehr.

Das Individualzahlungssystem des Eurosystems operiert auf einer gemeinsamen Plattform, besteht aber rechtlich gesehen aus mehreren Komponentensystemen, die von den nationalen Notenbanken beziehungsweise der EZB betrieben werden.

Bei einer grenzüberschreitenden Transaktion etwa aus Frankreich nach Deutschland (z. B. als Bezahlung eines Imports) sind daher sowohl die Banque de France als auch die Bundesbank betroffen. Zunächst belastet die in Frankreich ansässige Geschäftsbank des französischen Käufers das Konto ihres Kunden und reicht eine Überweisung an eine in Deutschland ansässige Geschäftsbank des deutschen Verkäufers in TARGET2 ein. Die Banque de France belastet das TARGET2- Konto der französischen Geschäftsbank bei ihr und verbucht eine Verbindlichkeit gegenüber der Bundesbank. Die Bundesbank wiederum verbucht eine Forderung gegenüber der Banque de France und schreibt den Betrag dem TARGET2-Konto der deutschen Geschäftsbank gut. Diese verbucht den Geldeingang letztendlich auf dem Konto des deutschen Verkäufers.

Am Ende des Geschäftstages werden alle innertäglichen bilateralen Verbindlichkeiten und Forderungen automatisch in einem multilateralen Verrechnungsverfahren zusammengeführt und auf die EZB übertragen (Novation), sodass nur noch eine einzige Verbindlichkeit oder Forderung der nationalen Zentralbank gegenüber der EZB besteht.

Isoliert betrachtet führt die beschriebene Transaktion am Ende des Geschäftstages zu einer Verbindlichkeit der Banque de France und zu einer Forderung der Bundesbank gegenüber der EZB. Diese Forderungen oder Verbindlichkeiten gegenüber der EZB werden allgemein als TARGET2-Salden bezeichnet.

Der TARGET2-Saldo in der Bundesbankbilanz geht also im Wesentlichen auf grenzüberschreitende Transaktionen zurück, die Banken betreffen, welche über die Bundesbank an TARGET2 teilnehmen (über die Bundesbank nehmen auch einige Banken aus anderen EU-Ländern an TARGET2 teil, deren nationale Zentralbanken selbst nicht an TARGET2 beteiligt sind). Er wird einerseits von den Geschäften der Kreditinstitute am Geld- und Kapitalmarkt beeinflusst, beruht andererseits aber auch auf Transaktionen des Nicht-Banken-Sektors, der Zahlungen über das Bankensystem leistet.

Wieso es zu dem von Ihnen beschriebenen Effekt kommt, beschreibt die Bundesbank hier: https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Aufgaben/Unbarer_Zahlungsverkehr/Target2/2017_03_mb_target2.pdf?__blob=publicationFile.

Der TARGET2-Saldo wird sich dann verringern, wenn die Finanzmärkte wieder ein stärkeres Vertrauen in südeuropäische Länder entwickeln. Gefährlich würde es erst dann, wenn ein Land die Eurozone verlässt - was sehr, sehr unwahrscheinlich ist. Insofern halte ich das Risiko für sehr, sehr gering.

Die Union wird sich weiterhin gegen eine Schuldenunion einsetzen. Gestern wurde auf dem Bundesparteitag folgender Text beschlossen:

"Die CDU Deutschlands bekennt sich klar zu den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts und fordert die konsequente Umsetzung in allen Eurozonen-Staaten. Risiko und Haftungsverantwortung müssen verbunden bleiben. Wir erteilen jeder Vergemeinschaftung von Schulden und Haftungsrisiken eine klare Absage.
Die CDU Deutschlands wird daher in einer neuen Regierungskoalition garantieren:
- Die No-Bail-Out-Klausel hat uneingeschränkt Bestand. Eine Vergemeinschaftung von Schulden lehnen wir klar ab.
- Wir unterstützen eine Weiterentwicklung des ESM zu einem durch Vertrag der Eurostaaten zu gründenden Europäischen Währungsfonds (EWF), allerdings nur, wenn die dem ESM zugrundeliegenden Anteils- und Entscheidungsstrukturen sowie die Vetorechte der nationalen Parlamente uneingeschränkt auch für den EWF gelten.
- Im Bankensektor dürfen Haftung und Verantwortung nicht auseinander fallen. Unser bewährtes deutsches Einlagensicherungssystem ist Blaupause für die in Europa beschlossenen nationalen Einlagensicherungssysteme. Wir wollen nicht, dass Sparer in Deutschland für die Einlagen in anderen Ländern haften. Die Entscheidungen über eine gemeinsame Europäische Einlagensicherung dürfen erst dann getroffen werden, wenn – wie beschlossen – die nationalen Einlagensicherungssysteme funktionieren und ein Konsens über eine wirksame und nachhaltige Risikoreduzierung im Bankensystem hergestellt ist."

Ich hoffe, dass es bald zu einer handlungsfähigen Bundesregierung kommt, die dieses Thema mit vertreten kann. Als Union werden wir darauf achten, dass es zu keiner Schuldenunion à la Martin Schulz kommt.

Sehr geehrter Herr P., ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich auf dieses Thema angesprochen haben - was bislang nicht in meinem Focus stand. So habe ich die Gelegenheit, mich auch weiterhin mit dieser wichtigen Thematik zu beschäftigen und andere Kollegen dazu zu befragen.

Mit einem herzlichen Glückauf grüßt Sie

Alexander Krauß, MdB