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Alexander Hoffmann
CSU
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Frage von Ernst V. •

Frage an Alexander Hoffmann von Ernst V.

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

der Bundestag hat im August 2015 dem dritten Hilfspaket für Griechenland zugestimmt.
unter der Prämisse dass sich der IWF an diesen Hilfen beteiligt. Von Seiten der Bundesregierung wurde immer wieder bekräftigt dies sei „unabdingbar. (20. August 2015 (Bundesregierung.de)
Sie haben dagegen gestimmt.
Wir haben November 2016, mehr als ein Drittel der Laufzeit ist verstrichen, eine Beteiligung die zum Oktober/November 2015 zugesagt war zeichnet sich nicht ab, ehr das Gegenteil. (siehe http://www.reuters.com/article/us-g20-imf-lagarde-idUSKCN11753I Business News | Thu Sep 1 2016).
Außerdem wird die Reformbereitschaft von verschiedener Seite angezweifelt.
Es gibt eine interne Studie des Athener Forschungsinstituts INERP. Danach wurden zwar 38 Prozent der vereinbarten Reformen vom Parlament verabschiedet. Nur 13 Prozent der Reformen seien wirklich umgesetzt worden. "Die Regierung erlässt zwar Vorschriften und Gesetze gemäß den Vereinbarungen", sagte INERP-Chef Karkatsoulis der "Bild". "Doch die Umsetzung der Reformen in der Praxis wird boykottiert." Karkatsoulis warf der EU vor, die Probleme zu missachten. "Das Problem ist, die EU will die Wahrheit nicht sehen. Die wollen keine neue Euro-Krise", sagte der Wissenschaftler. dts Deutsche Textservice Nachrichtenagentur GmbH
Griechenland hält zumindest 12 von 15 Punkten für erledigt. Im Kreis der Gläubiger sieht man das anders. Nur die Hälfte sei erfüllt. (Wirtschaftswoche 10.10.2016)
Hinzu kommen weitere Probleme wie die anhaltende Steuerunehrlichkeit.
(Tourismus in Griechenland: Mehr Gäste, weniger Einnahmen. Branchenkenner:
Grund für die rückläufigen Einnahmen: Steuerhinterziehung. nzz.ch 26.10.2016).
Trotzdem werden weiterhin Gelder freigegeben.
Sehen Sie dies durch den Bundestagsbeschluß gedeckt?
Sehen Sie sich einerseits bestätigt, andererseits wie viele Bürger getäuscht?
Dringen Sie auf eine Debatte im Bundestag, ggf. auf einen neuen Beschluß?

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
Ernst Vogtmann

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Vogtmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ja, ich sehe mich in meinem Abstimmungsverhalten vom Sommer 2015 bestätigt – leider. Da es damals schon alles andere als sicher war, ob der IWF mit an Bord ist, da schon damals keine Schuldentragfähigkeit bestand und da ich auch am Privatisierungsprogramm sowie am Reformwillen der Tsipras-Regierung erheblich zweifelte, hatte ich Mitte August vergangenen Jahres gegen das dritte Griechenland-Hilfspaket gestimmt.

Als die neuen Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro für Griechenland beschlossen wurden, hieß es, dass sich der IWF mit bis zu einem Drittel daran beteiligen wird. Der Deutsche Bundestag hatte die Beteiligung des IWF auch ausdrücklich zur Bedingung für seine Zustimmung gemacht.

„Der Wille und die Bereitschaft zu grundlegenden Reformen müssten von der griechischen Regierung und von der griechischen Gesellschaft selbst kommen, sonst führt das erneut zu keinem nachhaltigen Erfolg.“ Diesen Satz hatte ich Ihnen am 26.08.2015 in meiner Antwort hinsichtlich Ihrer Frage vom 24.08.2015 via „abgeordnetenwatch.de“ geschrieben. Ich bin daher froh, dass unser Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble vor kurzem erneut klargestellt hat, dass es keinerlei Schuldenerleichterungen für Griechenland geben dürfe. Griechenland hatte zugesagt, bis 2018 – so lange soll das aktuelle Hilfspaket laufen – jedes Jahr einen Primärüberschuss zu erwirtschaften. Wenn Griechenland das nicht schafft, muss die dortige Regierung, so fordert es Bundesfinanzminister Schäuble, für mehr Einnahmen und/oder für weniger Ausgaben sorgen. Erst 2018 und nicht vorher wird die Eurogruppe – so ist es vereinbart – eventuelle weitere Schuldennachlässe prüfen. Das ist auch richtig so, denn wir müssen den Reform-Druck auf Griechenland aufrechterhalten.

Wir dürfen nicht vergessen: Griechenland wurden bereits zwei Mal Schulden in enormer Höhe erlassen. Im März 2012 kam es zu einem „freiwilligen“ Verzicht der damals noch überwiegend privaten Gläubiger wie Banken und Versicherungen. Durch diesen Verzicht von 53,3 Prozent des Nennwerts der Forderungen und durch die Ausgabe neuer Anleihen mit längerer Laufzeit sowie niedrigerer Verzinsung wurden Griechenlands Schulden um 105 Milliarden Euro (!) gesenkt. Im November 2012 kam es dann zu einem weiteren, verdeckten Schuldenerlass von bis zu 47 Milliarden Euro, indem die Eurogruppe die Laufzeiten der griechischen Kredite auf 30 Jahre verdoppelt und die Zinsen gesenkt hat. Zudem sind bis 2023 große Teile der Kredite zins- und tilgungsfrei – und dennoch wird der griechische Schuldenberg größer und größer.

Laut Bundesfinanzminister Schäuble ist bereits im Frühjahr dieses Jahres verabredet worden, dass sich der IWF nach der zweiten Runde der Reformüberprüfungen am Griechenland-Programm beteiligt. Diese Überprüfungen könnten noch im Dezember abgeschlossen werden. Ich bin gespannt, was danach passieren wird. Denn momentan ist die „unabdingbare Notwendigkeit“ einer IWF-Beteiligung, welche Vorrausetzung für die Zustimmung des Bundestages für ein neues ESM-Programm war, weiter nicht erfüllt. Daher gehe ich fest davon aus, dass es zu einer weiteren Debatte im Bundestag kommen wird, ob der Beschluss vom Sommer 2015 noch seine Gültigkeit hat, falls der IWF auch 2017 nicht an Bord kommen sollte.

Europa und der Euro-Raum befinden sich in einem besorgniserregenden Zustand: Zwei Drittel der Eurostaaten erfüllen die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspaktes derzeit nicht oder laufen Gefahr laufen, diese zu verletzen. Gerade sozialistisch geprägte Länder kurbeln die Wirtschaft lieber durch billiges Geld und durch neue Schulden an, anstatt endlich solide zu wirtschaften und konsequent Reformen umzusetzen. Eine Währungsunion kann aber auf Dauer nur dann funktionieren, wenn alle Mitglieder bereit sind, die gemeinsam beschlossenen Regeln einzuhalten. Ich wollte mit meinem Nein bei der Griechenland-Abstimmung im Sommer 2015 ein klares Zeichen setzen, dass sich jeder in Europa an die gemeinsam vereinbarten Regeln halten muss.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Alexander Hoffmann

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