Alexander Brandt
PIRATEN
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Frage von Stefan M. •

Frage an Alexander Brandt von Stefan M. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo Herr Brandt,

wie stehen Sie zu einer Liberalsierung der sogenannten "weichen" Drogen?

Liebe Grüße,
Stefan

Antwort von
PIRATEN

Hallo Stefan!

Hier meine Antwort auf Deine Frage. Etwas spät, dafür ausführlich.

Dafür.

Die kurze Begründung:
Die meisten Mediziner, Polizisten und Therapeuten, die sich mit dem Thema eingehender beschäftigt haben, halten eine Legalisierung für sinnvoll. In anderen Staaten, wie den Niederlanden oder Portugal, sind die positiven Folgen deutlich sichtbar.

Mit mehr Worten und Details:
Ich erlaube mir ein Modell zu beschreiben, welches meinen Vorstellungen entspricht, aber nicht denen der gesamten Piratenpartei. Im Laufe der Zeit wären Lockerungen denkbar. Eine Ausweitung auf harte Drogen ist wünschenswert.
Momentan werden Konsumenten kriminalisiert und stigmatisiert, also in eine Schublade mit Verbrechern gesteckt und das nur, weil wir sie dazu zwingen, sich in diesen Kreisen zu bewegen. Dadurch entsteht eine zusätzliche Hürde, die überwunden werden muss, wenn medizinische oder anderweitige Hilfe benötigt wird. Die momentane Drogenpolitik ist fehlgeschlagen.

Eine erwachsene Person muss das Recht haben, für sich selbst zu entscheiden, welches Risiko sie eingeht. Alkohol, Zucker, Internetnutzung, sogar Sport - alles Dinge, bei denen Sucht und Schädigungen bei übertriebenem Konsum möglich sind. Es gibt keinen Grund, andere weiche Drogen gesondert zu behandeln.Das beliebte Argument, es sei die Einstiegsdroge, ist seit langem widerlegt. Ein Wechsel zu härteren Drogen findet sehr selten statt und wenn es einen Einstieg gibt, liegt dieser bei Alkohol und Zigaretten.Über die möglichen Schäden wurde viel diskutiert und geschrieben. Eine schlimmere Wirkung als die von Alkohol wird allerdings nur noch selten propagiert, besonders im Hinblick auf die Menge an Aggression, die von beiden Substanzen ausgelöst wird.
Allein die Tatsache, dass der Kauf die Gefahr birgt mit anderen Substanzen in Berührung zu kommen, ist nachvollziehbar. Hier allerdings würde die Legalisierung und damit der Verkauf in einem sicheren Umfeld, z.B. einer Apotheke, sofort Wirkung zeigen.
Es ist davon auszugehen, dass der legale Konsum für viele Jugendliche weniger Reiz hat. Probieren werden es wahrscheinlich mehrere, es zur Gewohnheit machen eher weniger. Besonders dann nicht, wenn mit der Legalisierung die Pflicht eine Beratungsstelle aufzusuchen eingeführt wird. Dort könnte jedem Konsumwilligen ein Bedarfs- oder Suchtschein ausgehändigt werden, der beim Kauf vorgelegt werden muss. Diesen Schein gibt es ohne weitere Voraussetzungen nach einem Beratungsgespräch, welches mindestens einmal im Jahr geführt werden muss. Des Weiteren kann dieser Schein eine Chipkarte beinhalten, die jeden Kauf an die Beratungsstelle sendet, so dass übermäßiger Konsum schnell auffällt und von der Beratungsstelle angesprochen werden kann. Ein Wochenlimit oder ähnliches wäre ebenfalls denkbar.
Diese Beratung sollte von speziell geschulten und unabhängigen Personen erfolgen. Der Nebeneffekt, dass bei einer solchen Sitzung auch andere Probleme angesprochen werden können und bei Bedarf andere Hilfe vermittelt werden kann, erhöht den Nutzen um ein Vielfaches. Entsprechende Stellen sowie Therapieeinrichtungen sind mit den zu erwartenden Einnahmen einzurichten, wodurch tausende Arbeitsplätze entstünden.
Bei einer gering geschätzten Menge von 350 Tonnen im Jahr und leicht unter Straßenverkaufswert liegenden 10 Euro pro Gramm geht es um einen Umsatz von ca. 3,5 Milliarden. Allein die Mehrwertsteuer betrüge also ca. 665 Millionen Euro, dazu eine Gewinnspanne beim eigentlichen Verkauf und indirekte Einnahmen in schwer zu schätzender Höhe. Es ist unbestreitbar, dass dieses Geld in Beratungsstellen besser genutzt wird als in den Händen der Dealer.
Ebenso muss und kann dann mehr Geld in die Prävention fließen. Jeder, der professionell mit Kindern oder Jugendlichen arbeitet, sollte ausreichend geschult sein, um nicht nur präventiv zu wirken, sondern auch darin entsprechende Problematiken zu erkennen, anzusprechen und zumindest weitere Hilfe zu vermitteln.
Noch wichtiger als die Aufklärung im Alltag ist allerdings die Verbesserung der Verhältnisse in sozialen Brennpunkten, das Eingehen auf gefährdete Jugendliche und die Einrichtung von Beratungs- und Therapiemöglichkeiten. So könnte wirklich geholfen und das Abgleiten in die Sucht verhindert werden.
Der Handel mit verbotenen Substanzen wird allerdings nicht aufhören, nur weil eine davon legalisiert wurde. Die freiwerdenden Kräfte bei den Strafverfolgungsbehörden können sich verstärkt den anderen Betäubungsmitteln widmen. Unerlaubter Handel von weichen Drogen sollte allerdings weiter unter Strafe stehen und diese sollten dann sogar erhöht werden. Dies würde auch für die Weitergabe durch einen Scheininhaber gelten. Legalisierung darf Kontrolle nicht ausschließen. Dies gilt auch für den Anbau im privaten Bereich. Legalisiert und angemeldet.
Ebenfalls muss darauf geachtet werden, dass kein Drogentourismus entsteht. Einfach wäre eine EU-weite Einführung, ansonsten muss geklärt werden, wer berechtigt ist einen Schein zu beantragen. Der letzte zu nennende Aspekt betrifft zwar nicht direkt Deutschland, darf allerdings in seiner positiven Wirkung nicht vernachlässigt werden. Es muss ein Erzeugerland gesucht werden. Für die dortigen Landwirte dürfte ein entsprechender Vertrag um einiges mehr an Sicherheit versprechen als die momentanen Bedingungen. Der entsprechende Staat würde ebenfalls gut verdienen. Vielleicht kommen wir ja so endlich auf die versprochenen Entwicklungshilfezahlungen.

Schöne Grüße,

Alex